SMS für dich
Nummer erreichen.
Freundliche Grüße
Clara Sommerfeld
Sven liest die Zeilen mindestens dreimal hintereinander durch und starrt offenbar noch immer fassungslos auf seinen Bildschirm.
Denn Hilke fragt nun: «Alles in Ordnung? Du guckst so komisch.»
«Äh, ja, ja. Ich lese nur. Aber du weißt doch, dass wir Männer nicht multitaskingfähig sind.» Er lächelt sie kurz |180| an und konzentriert sich dann wieder voll auf seinen Maileingang. Unmöglich kann er Clara jetzt einfach anrufen. Hilke würde
ihm auf den Schoß klettern, um auch garantiert jedes Wort mitzubekommen. Stattdessen folgt Sven seinem Impuls und klickt auf
Antworten.
Er versteht es selbst nicht richtig. Aber diese Mail überwältigt ihn merkwürdigerweise, obwohl sie so viel sachlicher ist
als alles, was er von ihr jemals gelesen hat. Womöglich ist es die Tatsache, dass er nun Gewissheit darüber hat, dieser Frau
eines Tages tatsächlich gegenüberzustehen. Und dieser Tag ist nun gar nicht mehr weit weg, denkt er. Schließlich muss mein
immerhin 1 8-spaltiger Artikel in knapp zwei Wochen fertig sein.
Sven macht einen ersten Entwurf für seine Antwort:
Von: Sven Lehmann
Betreff: AW: Ihre Anfrage
Hallo Frau Sommerfeld –
Er beginnt noch einmal.
Liebe Frau Sommerfeld,
danke für Ihre schnelle Antwort.
Für unser Magazin arbeite ich aktuell an einem Artikel über junge Freiberufler –
Sven löscht das «junge» und muss plötzlich grinsen.
«Was grinst du denn so?» Hilke entgeht nichts, sie scheint ihn genau zu beobachten.
«Ach, ’ne versaute Witz-Mail von einem Kumpel. Du würdest dich nur wieder höllisch aufregen.»
|181| «Männer!», stöhnt Hilke und verschwindet hinter ihrem Bildschirm.
Dann fährt Sven fort.
Gern würde ich Sie zu Ihrem Schritt in die Selbständigkeit befragen, und falls Sie einverstanden sind, Sie ggf. auch in einem
kurzen Abstract vorstellen, um unseren Lesern einen exemplarischen Eindruck Ihrer Branche vermitteln zu können.
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie ein kurzfristiges Treffen möglich machten und unsere Redaktionsräume aufsuchten …
Sven streicht den letzten Halbsatz, da er sich in dieser Sekunde die befremdliche Situation vorstellt, wie er womöglich in
Hilkes Beisein Besuch von Clara bekommt.
Gern komme ich nach Lüneburg, wenn Sie Zeit finden und einen geeigneten Treffpunkt wissen.
Vielen Dank und herzliche Grüße …
Er tauscht «herzliche» gegen «beste» Grüße aus, schreibt seinen Namen darunter und klickt auf Senden. Verstohlen blickt er
zu Hilke hinüber, die in diesem Moment aufsteht, um sich einen Kaffee zu holen. Sie fragt sofort: «Was ist denn?»
Sven zuckt mit den Schultern und flötet: «Nichts, was soll denn sein?!»
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|182| Clara
Wenn diese Woche weiter so aufregend verläuft, werde ich den nächsten Geburtstag nicht mehr erleben, denkt Clara, als sie
in ihr Spiegelbild blickt, um ihre Wimpern zu tuschen. Montag das wundervolle, traumhafte, ja einfach perfekte Atelier. Dienstag
die Unterzeichnung des Mietvertrages und ein Anruf von Beppo mit der guten Nachricht, dass zwei weitere Bilder verkauft wurden.
Gestern die erfolgreiche Erstellung eines Flyers mit Hilfe von Sandra, der Texterin in der Agentur. Und heute das Treffen
mit dem Journalisten. Da Clara keine Ahnung hat, was sie gleich erwartet, ist sie entsprechend nervös.
Aber schließlich ist der Typ auf sie zugekommen. Er will was von ihr und nicht umgekehrt. Sie wird ja bloß ein paar Fragen
beantworten müssen.
Also, entspann dich und freu dich auf einen schönen Abend, ermahnt sie sich. Immerhin reist Herr Lehmann extra aus Hamburg
an, es wäre also jetzt sehr unhöflich, so spontan abzusagen. Katja würde ihr mindestens in den Hintern treten, wenn sie sich
diese Chance auf kostenlose PR einfach so entgehen ließe. Die Tatsache, dass er einverstanden war, sich im «Cheers» zu treffen,
beruhigt Clara ein wenig. Denn dort ist Ben ihr besonders nah. Er wird sie vor unangenehmen Dingen beschützen.
***
Als Clara allerdings etwa dreißig Minuten später mit dem Fahrrad auf dem Weg ins «Cheers» ist, hat sie nun wirklich Schiss.
Was, wenn sie auf seine Fragen weder eine fundierte noch eine interessante Antwort hat? So gut kennt sie sich |183| ja selber gar nicht aus. Etwa all die rechtlichen Dinge, die sie erst noch in Ruhe studieren muss. Und auch das Finanzielle.
Laut Visitenkarte ist dieser Lehmann Redakteur im
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