SMS für dich
an ihn wird sie schnell etwas beruhigen.
Mein Lieber, ich bin so wahnsinnig aufgeregt, aber auch so dankbar. Und obwohl du mir heute unglaublich fehlst, weiß ich,
dass du trotzdem da bist. Danke!
Zwar hat Clara auf der Einladung als Startzeit 11 Uhr angegeben, aber es ist mittlerweile bereits halb zwölf, und die beiden Räume sind noch dürftig besucht. Hin und wieder
kommen allerdings auch fremde Leute in den Laden.
An diesem verkaufsoffenen Sonntag drängen die Menschen in der überfüllten City sogar bis in die Nebenstraßen. Jeder, der möchte,
bekommt ein Glas Prosecco oder O-Saft und Kanapees gereicht. Beppo hat es sich trotz vehementer Proteste nicht nehmen lassen, diese Lieferung als Einweihungsgeschenk
zu deklarieren.
Für einen kurzen Moment macht sich Clara jetzt von einer kleinen Gruppe ehemaliger Kollegen los, um kurz durchzuatmen und
diesen unwirklichen Moment auf sich wirken zu lassen.
Sie weiß es sehr zu schätzen, dass auch Niklas und seine Frau gekommen sind. Es ist ihrem bisherigen Chef nicht leicht gefallen,
ihr zu kündigen. Mit der Agentur steht es |208| auch nach wie vor nicht zum Besten. Aber alle beglückwünschen sie zu ihrem Talent und auch zu ihrem Mut. Und selbst wenn die
rasante Entwicklung der letzten Wochen noch etwas fremd anmutet, so spürt Clara doch in ihrem tiefsten Inneren, dass alles
richtig ist.
Gerade will sie von der Empore des Nebenzimmers zurück in den größeren Raum, da stockt ihr der Atem.
Sven Lehmann ist da! In Begleitung einer attraktiven Brünetten hat er sich soeben unter die inzwischen sicher zwanzig Gäste
gemischt. Etwa zwei Meter hinter ihnen kann Clara endlich Katja und Andy ausmachen.
Katja scheint sich hinter ihrem Freund zu verstecken, um die Ankunft der neuen Gäste genauestens beobachten zu können. Clara
wirft ihr einen strengen Blick zu und kommt langsam die Treppe hinunter.
Katja zuckt verlegen mit den Schultern, geht auf Clara zu und sagt mit hektischen Flecken im Gesicht: «Okay, ich bekenne mich
voll und ganz schuldig. Aber nur seinetwegen. Wo die Schnecke auf einmal herkommt, weiß ich auch nicht!»
Die Begleiterin sieht nicht nur hübsch, sondern leider auch überaus sympathisch aus, denkt Clara, was man von Sven Lehmann
in diesem Moment allerdings nicht behaupten kann. Zwar steht ihm das braune Cordjackett überaus gut, doch er guckt ziemlich
gelangweilt in der Gegend herum. Dieser arrogante Typ, stöhnt Clara. Seine Freundin widmet sich wenigstens aufmerksam den
Bildern an der Wand.
«Nun geh schon!», befiehlt Katja mit einer gewissen Überheblichkeit, die allein daraus resultiert, dass beide wissen, Clara
hat keine Wahl.
|209| «Äh … Hallo», begrüßt Clara den Überraschungsgast und streckt ihm die Hand entgegen. «Schön, dass Sie beide da sind.» Bei dieser
Lüge schaut Clara auf Svens attraktive Begleitung.
«Ich bin Hilke Schneider, Svens Kollegin – und Ihr größter Fan!», sagt die Brünette mit einer Begeisterung, die sehr authentisch
klingt.
«Clara Sommerfeld. Vielen Dank! Haben Sie Lust auf ein Gläschen?» Clara deutet in Katjas Richtung, die bereits mit einem Tablett
Prosecco rumläuft und offensichtlich Spaß daran hat, sich um die Gäste zu kümmern.
«Ja!» – «Nein!», erwidern beide gleichzeitig. Clara schaut von einem zum anderen, und plötzlich müssen alle drei verlegen
lachen.
«Einen Moment bitte», sagt Clara und winkt Katja heran.
«Ja, also, ähm … Danke für die Einladung», sagt Sven Lehmann etwas unbeholfen, während Clara einen Prosecco für seine Kollegin vom Tablett
nimmt.
«Gern geschehen. Darf ich vorstellen? Meine Freundin – und zumindest Teilzeit-Geschäftspartnerin Katja Albers. Katja, das
sind Hilke Schneider und Sven Lehmann.»
«Sie haben also diesen tollen Artikel geschrieben?» Sofort verwickelt Katja den Besuch in ein Gespräch. Schon bald gesellt
sich auch Andy dazu, und die vier geraten richtig ins Plaudern. Doch Clara steht der Sinn nicht nach Smalltalk. Außerdem muss
sie sich um die weiteren Gäste kümmern.
Über manche Fragen hat Clara sich noch nie wirklich Gedanken gemacht. Etwa, woher sie ihre Ideen nimmt; in welchem Alter sie
angefangen hat zu malen; ob die Lüneburg-Bilder als Kalender oder Tasse zu haben sind; ob es |210| einen Katalog gibt und wann die Malkurse starten, von denen schon etwas in der Lokalzeitung stand.
Nach etwa einer Stunde kommt Hilke auf Clara zu, um sie nach einem Bild
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