SMS für dich
Werke in dem Text zur Sprache kommen.
Zunächst überfliegt sie den Artikel, um ihn danach noch einmal ganz in Ruhe, Satz für Satz durchzulesen, auch wenn sie dafür
ihre Mittagspause opfern muss.
|204| Kurze Zeit später ist sie erleichtert und zugleich enttäuscht darüber, dass der vermeintlich «naive Enthusiasmus» der vier
porträtierten Existenzgründer sich rein gar nicht im Ton des Textes widerspiegelt. Vielmehr ist er so nüchtern gehalten, wie
wohl nur ein Sven Lehmann zu schreiben vermag.
Ohne Katjas Reaktion abzuwarten, klickt Clara direkt auf Antworten.
Sehr geehrter Herr Lehmann,
danke für den sachlich einwandfreien Artikel, den ich hiermit freigebe.
Auch ich wünsche Ihnen für Ihre berufliche wie private Zukunft alles Gute!
Freundliche Grüße
C. Sommerfeld
Sie geht auf Senden und leitet auch diese Mail kommentarlos an Katja weiter.
***
Die Tage bis zur offiziellen Ateliereröffnung vergehen so rasend schnell, dass Clara heilfroh darüber ist, noch ihre restlichen
Überstunden abbummeln zu dürfen. Dabei kann von Bummeln gar keine Rede sein. Die Liste der Dinge, die bis nächsten Sonntag
erledigt werden müssen, erscheint unendlich lang und wäre ohne die Hilfe ihrer Mutter und Katja unmöglich zu schaffen.
«Sag mal, ich will ja nicht nerven», sagt Katja, als sie am Abend die Liste mit den Einladungen durchsieht, «aber wieso steht
Sven Lehmann nicht drauf?»
|205| «Ich denke, du willst nicht nerven …», erklärt Clara, ohne von ihrem Stapel mit den Umschlägen aufzuschauen.
Ihre Freundin weiß, dass eine Diskussion in diesem Moment zwecklos ist, und ergibt sich widerwillig: «Okay, dann gib schon
her, ich mach das. Kümmere du dich lieber um deine Bilder. Aber halt! Was ist denn mit diesen ganzen Namen, die ich nicht
kenne? Sind das deine Kollegen?»
«Ja, da schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe. Ich sag denen einfach, dass ich mit der Eröffnung sozusagen gleich meinen
Ausstand aus der Agentur feiere. Außerdem haben mir ein paar Leute wirklich toll geholfen.»
«Aha, verstehe.»
«Natürlich nicht so wie du!», ruft Clara, bevor sie im Nebenraum verschwindet, um ihre Bilder aufzuhängen.
«Mmh, und manchmal muss man Leuten auch zu ihrem Glück verhelfen», sagt Katja, so leise, dass Clara es nicht mehr hört. Dann
steckt sie eine Einladung in einen der noch nicht adressierten Briefumschläge und lässt ihn in ihrer Handtasche verschwinden.
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Sven
«Na endlich», begrüßt Hilke ihren Lieblingskollegen aufgeregt im Büro.
«Moin, moin. Was is’n los?», fragt Sven, noch ohne wirklich wach zu sein.
«Du hast Post!», sagt Hilke feierlich und deutet auf Svens Schreibtisch. «Aus Lüneburg!»
«Aha», brummt Sven und geht sich einen Kaffee holen, wohl wissend, dass er Hilke zur Weißglut treibt.
|206| «Los, aufmachen. Sofort!», fordert sie, als er wenig später zurückkehrt, und hält ihm einen taubenblauen Umschlag vor die
Nase.
Genervt reißt Sven den Brief auf und überfliegt die wenigen Zeilen. Anschließend wirft er sowohl Umschlag als auch Briefbogen
direkt in den Papierkorb.
«Spinnst du? Was steht denn drin?»
«Das ist nur eine Einladung.»
Hilke guckt Sven entgeistert an.
«Na, zu ihrer Ateliereröffnung.» Brüsk wendet sich Sven seinem Schreibtisch zu und fährt seinen Rechner hoch.
«Und du willst nicht hingehen?»
«Warum sollte ich?»
«Weil es unhöflich ist, nicht zu gehen.»
Sven guckt Hilke an, als wäre sie ein kleines Kind, das etwas Saudummes gesagt hat.
«Und weil es nett ist von Clara Sommerfeld, dich einzuladen», fügt sie noch kleinlaut hinzu.
Svens Blick bleibt der gleiche.
«Und überhaupt», versucht Hilke es weiter. «Was hast du denn zu verlieren?»
«Mein Herz», nuschelt Sven leise und starrt auf seinen Bildschirm.
Hilke geht an den Papierkorb, fischt den Brief heraus und liest die Einladung durch.
«Ach, weißt du was? Wir werden einfach zusammen hingehen», freut sich Hilke und nickt ihrem Kollegen euphorisch zu.
Theatralisch lässt Sven seinen Kopf auf die Tischplatte fallen. «Womit hab ich das bloß verdient?!»
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|207| Clara
Schnell tippt Clara noch eine SMS an Ben, bevor der aufregende Tag so richtig beginnt. Ihre Mutter und Reinhard sowie Lisbeth
und Willy sind schon da. Katja und Andy fehlen natürlich noch. Aber am meisten, denkt Clara, fehlt Ben.
Sie weiß nicht so richtig, ob sie lachen oder weinen soll, und hofft, eine Nachricht
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