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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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wenigstens mit den ungebildeten kleinen Zimmermädchen, die hereinplatzten und
»blehlebhlebhlebhhhhheh!«
oder irgend so etwas Einheimisches schrien,protestierend mit den Armen fuchtelten und wegrannten. »Kommt zurück, ihr kleinen Dusselchen«, rief ich dann und warf ihnen einen nassen Schwamm hinterher, »ich vergebe euch alles!«
    Von meinen Flanken stieg der Dampf auf wie die Weihrauchschwaden in der Kuppel des Sevo-Vatikans. Das Wasser übernahm die Verantwortung für all meine Sünden. Es umfing die Berge und Täler meiner toten Reptilienhaut, weichte sie Schicht für Schicht auf und schälte sie mir ab; wunderbarerweise verstopfte sie nicht den Abfluss, sie löste sich in Luft auf und bildete über dem Klo einen Regenbogen. Lang verachtete Teile von mir wurden an die Oberfläche geschwemmt, meine Nacken, meine Brüste, das Wasser ließ sie eins nach dem anderen auftreiben und verlieh ihnen im dampfigen Dämmerlicht einen Heiligenschein. Ich ließ meine Beine nach oben schwimmen, bis sie ganz von selbst die Position der schwangeren Jungfrau auf dem Gynäkologenstuhl einnahmen und ich spüren konnte, wie mein Sohn mir in meinem Bauch zärtliche Tritte versetzte. Ich fühlte mich von Kopf bis Fuß selig und pudelwohl. Die über der Badewanne angebrachten Schmuckspiegel zeigten mich, wie ich wirklich war – ein großer Mann mit einem breiten Mondgesicht, kleinen, tief liegenden blauen Augen, der Nase eines klugen Raubvogels, einem Dickicht elegant ergrauender Haare, die mich neuerdings in eine lang verleugnete Reife hatten hineinaltern lassen.
    »He, wie gefällt dir dein Sohn?«, fragte ich den Geliebten Herrn Papa, dessen imaginären Frühstückstisch ich direkt neben meiner Wanne aufgestellt hatte.
    Papa kaute an einem Stück Krakauer auf Butterbrot, ein morgendlicher Leckerbissen, von dem seine Schweizer Ärzte irrtümlich angenommen hatten, dass er ihn umbringen würde. Mit seiner brotlosen Hand hielt er sich das
mobilnik
an den fleischigen Mund, als wollte er es auch noch hinunterschlucken. »Nein«, sagte er und durchbohrte mit seinen Blicken die beinahe unendlichen Weiten seiner Brieftasche. Sein Alkoholikermund zog sich bei jedem Wort in Falten. »Nein, das reicht ganz und gar nicht. Wenn er sich traut … Na, dann mach ich ihn aber fertig. Wir haben alle in der Tasche – beim Zoll Sucharschik, bei der Agrareinfuhr Saschenka, in Moskau Mirskj, Belugin auf dem Revier.Und wen hat er? Wenn er noch mal mit leeren Händen ankommt, werf ich seine Mutter vor die Straßenbahn!«
    »Papa! Sieh mich an! Sieh nur, wie gut ich mich entwickelt habe. Sieh nur, wie hübsch und jung ich im Wasser aussehe.«
    Papa griff sich eine Teetasse und kippte die heiße Flüssigkeit ohne das leiseste Anzeichen von Schmerz hinunter. Er hielt sich gern für so stark wie die Bären mit den rasierten Köpfen und unglücklichen Kindheiten, die er um sich versammelt hatte. Er hielt sich gern für vollkommen wetterfest, solange das Wetter warm und trocken war. »Jetzt warte mal, Mischa«, sagte er. »Ich telefoniere gerade, ja?«
    Wie wenig er mit mir anfangen konnte. Aber warum hast du mich dann herbestellt, Papa? Warum hast du dich in mein Leben gedrängt? Warum hast du mir das alles angetan? Warum hast du mir den
chuj
abschnibbeln lassen? Ich bin auch religiös, aber mein Glaube feiert nur, was es wirklich gibt, Papa. »Spargel«, rief Papa in sein
mobilnik
. »Der weiße aus Deutschland verkauft sich gut. Aber diesmal machst du alles richtig, sonst gibt’s von mir und den meinen was in die
pizda

    »Was in die
pizda
, Papa? Das ist aber nicht schön. Kinder haben Ohren, weißt du?«
    Mit einem übertriebenen Klicken schaltete er sein
mobilnik
aus, so hatte er es im Fernsehen gesehen. Mit einem von Ljubas Hermès-Halstüchern wischte er sich Wurst und Butter von den Fingern. Er kam zur Badewanne herüber und stand über mir, und ich schauderte in meiner Nacktheit vor ihm. Ist das der Grund, warum Isaak auf den Bildern immer nackt ist, während Abraham sich warm und sicher in einen Mantel hüllt?
    »Weißt du noch, wie du mich immer gebadet hast, Papa?«, sagte ich. »Du hast mich gebadet, bis ich zwölf war. Bis ich groß war, stimmt’s, Papa? Und dann hast du damit aufgehört. Zu viel Arbeit, hast du gesagt. Zu viel zu waschen.«
    »Ich bin inzwischen ein viel beschäftigter Mann, Mischa«, sagte Papa mir. »Die Zeiten haben sich geändert. Heute müssen wir alle hart arbeiten. Alle außer dir offenbar.«
    »Ich habe ein

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