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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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Mahagonitisch vor uns, »ich will euch einen Überblick über unsere Staatsfinanzen geben.« Rasch umriss er den schnell sinkenden Kontostand auf einem Dutzend Off-Shore-Konten und ein paar inoffiziellen Depots, die Namen wie »Big Saschas Schatzhöhle« und »Boris’ Sparschwein« trugen.
    »Und was ist mit dem ganzen Öl?«, fragte ich. »Was ist mit Figa-6?«
    Schlagartig war es still im Raum. Zu meiner Rechten stieß der Tourismus- und Freizeitminister ein paar schwere Seufzer aus. »Wie wäre es denn damit, Mischa«, sagte Herr Nanabragov. »Bitte doch die jüdische Gemeinde in Amerika um etwas Geld.«
    »Verstehe ich nicht«, sagte ich. »Ich soll die amerikanischen Juden um Geld bitten, damit ich dem US -State Department damit gefallen kann, dass wir uns an Israel annähern?«
    »Ganz genau«, sagte Herr Nanabragov. »Wie sagt man in Amerika?›Die gute Absicht zählt.‹ Sie werden unsere Initiative schon zu schätzen wissen.«
    Ich rief mir ins Gedächtnis, was ich über die amerikanischen Juden wusste. Immer fühlten sie sich allein und ungeliebt, wo doch der größte Teil der amerikanischen Bevölkerung ihnen die fettigen Nasen küssen, eine Kasserolle schmoren, mit ihnen beim Abendessen ein paar Witze reißen und sie dann vielleicht konvertieren wollte, um die Wiederkehr des Messias zu beschleunigen. Würden diese Juden den Liebesbrief eines kleinen, unterdrückten Volksstammes irgendwo zwischen Russland und Iran mit Wohlwollen aufnehmen? Und wie könnte solch ein Liebesbrief aussehen?
    »Na ja, wir könnten ein paar
Fördermittel beantragen
«, sagte ich.
    »Wir wissen nicht, was das ist, aber Gott wird jeden deiner Schritte segnen«, antwortete Herr Nanabragov unter allgemeinem Applaus. Ich zog Hyatt-Kuli und -Notizblock hervor und schrieb in aufgeregten Buchstaben:
NOCH ZU ERLEDIGEN:
    1.) Internet-Anschluss im Büro.
    2.) Fördermittel für Holocaust-Museum beantragen.
    3.) In allem, was ich tue, den Multikulturalismus voranbringen.
    »Nun seht nur, wie hart Mischa arbeitet«, sagte Herr Nanabragov. »Wie gut organisiert er ist. Das macht seine amerikanische Ausbildung, genau wie bei meiner Nana und meinem Bubi. Wir alten sowjetischen Hottentotten haben keine Ahnung, was wir machen sollen.«
    Rund um mich herum gähnten die Männer und reckten sich. Die Mittagspause nahte; Geliebte im Hyatt warteten darauf, flach gelegt, Steaks der »Tuscan Steak & Bean Company« darauf, verputzt zu werden. Zigarren wurden angezündet, man hustete leise und rülpste schläfrig. Sollten diese guten Männer nur der Trägheit frönen. Ich dagegen würde in mein Büro zurückkehren und die Zukunft ihres Landes ausarbeiten. So wie mit meinem ausgezeichneten Notendurchschnitt von 3,94 Punkten am Zufallscollege würde ich mich auch hier wieder beweisen.

34
    Die Lage beunruhigt mich
     
    Lieber Der Gast,
    zu Ihrer Aufmerksamkeit bitte. Zu Folge der sich verschlimmsternden politischen Lage müssen wir Ihnen leider mitteilen, dass Ihnen viele Gerichte auf der Sushi/Sashimi-Karte nicht mehr möglich sind. (Ins Besondere sind uns ausgegangen Makrelen.) Demütig bitten wir Sie – vergeben Sie uns! Ihr Treuer Sklave Larry Zartarian, General Manager, Park Hyatt Svanï City.
     
    Ich wollte es nicht zugeben, aber Zartarian hatte Recht. Und nicht nur, was die Makrelen anging. Die Lage hatte sich »verschlimmstert«. Ich konnte nicht mehr in Nanas Navigator von einem Plateau aufs andere gelangen, ohne in einem Flüchtlingsstrom aus Gorbigrad stecken zu bleiben. Die Gesichter der Verdammten dieser Erde pressten sich an unsere Scheiben – ich versuchte, Angehörige der Intelligenzija unter ihnen auszumachen, um sie vielleicht mitzunehmen, aber allen lag der Staub einer mehrtägigen Reise auf den Gesichtern, und die Tönung der Navigator-Scheiben löschte jedes Anzeichen von Intelligenz aus. Unsichtbare Bande von Stamm und Klan verbanden die Männer, Frauen und Kinder vor mir; stoisch ertrugen sie Exil und Verlust und schritten Hand in Hand voran, als hätten sie ein klares Ziel vor Augen, die Alten klammerten sich an die Rücken ihrer Söhne, die Söhne hielten ihre kleinen Töchter in den Armen, die Veteranen und Verrückten hockten urig in Schubkarren.
    »Das geht vorbei«, flüsterte ich ihnen zu. »Bald wird die internationale Gemeinschaft Hilfe schicken.«
    Aber da war ich mir gar nicht so sicher. Langsam breitete sich auf dem Boulevard der Nationalen Einheit Panik aus. Links und rechts schleppten Plünderer kistenweise

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