Snack Daddys Abenteuerliche Reise
offiziellen Volvo-Dienstkombi warteten dieselben Jungs vom DORSCH , die mich schon zum Anwesen der Familie Nanabragov gefahren hatten. Ich glaube, sie hießen Tafa und Rafa, aber das klingt so ausgedacht. Schwachköpfe waren sie ganz bestimmt, dafür verbürge ich mich. Auf der ganzen Fahrt hinunter auf das Sevo-Plateau duzten sie mich, als wäre ich einer ihrer schmierigen Kameraden, und plapperten davon, wie ein gewisser amerikanischer Teeniestar mit einem Gürkchen in der Möse aussehen würde. Ich wollte schon nach meiner Knute greifen.
Das Demokratische Ordnungs- und Reinheits-Schutzkomitee versammelte sich in einem alten Sowjetgebäude auf einem verlassenen Felshang über der ausufernden Riesenkrake des Sevo-Vatikans. Das Gebäude hatte die Anmutung einer Ritterburg am Rhein und war tatsächlich in den Vierzigerjahren von deutschen Kriegsgefangenen erbaut worden. Die handwerkliche Qualität war offensichtlich. Dies war das einzige Gebäude aus der Sowjetzeit, das nicht aussah, als wäre es die letzten 50 Jahre über von einem Schwarm Möwen voll geschissen worden. Auf dem staubigen Vorplatz meißelten Arbeiter an einem Denkmalvon Trotl dem Demokraten, der mit der einen Hand eine Fackel schwang, während die andere ein Sevo-Kreuz umklammert hielt. Seinen Akademikerbart hatte man ihm gestutzt, bis er kaum noch zu sehen war, und auf seinem Gesicht lag ein hoffnungsfrohes Leuchten, als hätte er eben eine Einkaufsreise ins Century 21 gewonnen. »Na, wenigstens trägt er die Fackel in einer Hand«, murmelte ich, obwohl ich allein war. »Das ist demokratisch.«
Herr Nanabragov zeigte mir mein Büro, eine scheunengroße, dunkel getäfelte Kammer voller Glasvitrinen mit armenischem Weinbrand, den typischen Statussymbolen eines sowjetischen Parteibonzen. Den Titel »Minister für sevisch-israelische Angelegenheiten« an meiner Tür hatte jemand durchgestrichen und »Ministerium für Multikulti« darüber geschrieben. Herr Nanabragov wies mich darauf hin, dass mein Schreibtisch mit zwölf völlig nutzlosen Wählscheibentelefonen ausgestattet war, mehr als irgendein anderer besaß außer ihm, und fast so viele wie früher Breschnjew besessen hatte (seine waren allerdings vermutlich angeschlossen). Ich sagte Nanabragov, dass ich eigentlich viel dringender einen Computer mit einer funktionierenden Internetverbindung brauchte. Er seufzte und zuckte ein wenig. »Stimmt was nicht, mein lieber Freund?«, sagte ich.
»Streit mit meiner Nana«, sagte er. »Ich möchte, dass sie ihren Job bei American Express aufgibt und die Mutter deiner Kinder wird.«
Das überraschte mich nicht, denn am Abend zuvor hatte Nana mich ohne Kondom bestiegen (wie feucht ihre Möse, wie verstört mein
chuj
) und bei jedem wütenden Hüftstoß darüber geklagt, was für ein Einfaltspinsel ihr Vater doch sei. »Kinder sind wie Sektkorken«, belehrte ich Herrn Nanabragov und tätschelte ihm den Rücken. »Man muss sie von sich weghalten und loslassen.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte mein potenzieller Schwiegervater. »Warum sind Kinder wie Sektkorken?«
»Besorgen Sie mir einfach eine Internetverbindung«, sagte ich.
Wir kamen in einem luftleeren, mit verzogenem Walnussholz getäfelten Konferenzraum zusammen, unter einer riesigen Sevo-Fahne, auf der ein Stör vor einem rotgrünen Hintergrund über einen Ölbohrturm sprang – rot wie das Blut der sevischen Märtyrer, grün wie deramerikanische Dollar. Um den Konferenztisch hatten sich dieselben Männer versammelt wie schon bei Herrn Nanabragovs Abendessen, nur Bubi war verkatert und fehlte. Da saßen sie, in kurzärmligen weißen Hemden, grauen Wollhosen und Oxfordschuhen, die
mobilniki
neben den Salattellern und den Gläsern mit sprudelndem Mineralwasser, und schwatzten laut in ihrer Landessprache. Dies hätte auch ein Damenkränzchen des Lions Club irgendwo in Sinclair-Lewis-Land sein können, wäre da nicht die blutige Fahne über uns gewesen, hätten draußen nicht die Ölbohrtürme geleuchtet und wäre im allgemeinen Gemurmel nicht gelegentlich der amerikanische Spezialausdruck » LOGCAP « gefallen.
Die Sitzung begann mit der Auswertung der Medien. Herrn Nanabragov zufolge war Absurdsvanï seit Beginn der Bombardierung Gorbigrads in 34 Nachrichtensendungen aufgetaucht, von denen ungefähr die Hälfte implizit Partei für die Sevo ergriffen hatten. » CNN , abgehakt«, sang Herr Nanabragov und machte mit seinem zuckenden Arm einen großen Haken. » FNN , abgehakt; BBC One, abgehakt; BBC
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