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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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gibt zwei ethnische Gruppen, die Sevo und die Svanï. Beide christlich. Das da drüben ist eine Svanï-Kirche.«
    »Woran sieht man das, Herr Professor?«
    »Du kennst doch das gewöhnliche orthodoxe Kreuz.« Er malte ein Kreuz in die Luft:. »Na, das ist das Svanï-Kreuz. Aber beim Sevo-Kreuzgeht der untere Balken andersrum. So.« Er malte noch ein Kreuz in die Luft:.
    »Ganz schon bescheuert«, sagte ich.
    »Du bist hier bescheuert«, sagte Aljoscha-Bob. Wir kabbelten uns ein bisschen, und Aljoscha-Bob bekam mit seinen spitzen Ellenbogen einen meiner Schenkellappen zu fassen, was wehtat. »Der Meister leidet am Schenkelschmerz«, warnte Timofej meinen Freund und zog ihn sanft von mir herunter.
    »Der Meister leidet an so manchem«, sagte Aljoscha-Bob.
    Ich sah aus dem Fenster und bemerkte die Werbetafel für ein neues Wohngebiet namens STONEPAY . Auf der kreisförmigen Auffahrt einer Fertigbauvilla aus Beton und Glas stand ein tuckernder Aston Martin. Eine kanadische Fahne auf dem Säulenvorbau der Villa versprach Stabilität.
    Es folgte eine Werbetafel, auf der drei fast nackte, silikonpralle, braunhäutige Frauen, von denen es golden heruntertropfte, sich über den Schritt eines schwarzen Mannes in Gefängniskleidung beugten. PARFÜMERIE 718: DER DUFT DER BRONX IN SVANÏSTADT .
    Ich seufzte laut, senkte meinen Blick und versteckte den Kopf in der Armbeuge.
    »Was ist denn jetzt los?«, fragte Aljoscha-Bob.
    »Nix.«
    »Wegen der Parfümerie 718?«, fragte Aljoscha-Bob. »Du musst noch immer an Rouenna und Jerry Shteynfarb denken, was?«
    Still saßen wir im Wagen und blickten auf die regenbogenfarben schimmernde, Blasen werfende Landschaftsmatsche vor uns. Timofej spürte, wie ich litt, und sang mir ein Liedchen, das er selbst zur Feier meiner neuen Staatszugehörigkeit geschrieben hatte. Dies ist die einzige Strophe, an die ich mich noch erinnern kann:
Mein süßer
batjuschka,
lieber
batjuschka,
    er wird nun nach Belgien gehen …
    Mein süßer
batjuschka,
schlauer
batjuschka,
    ob Brüssler Spitzen ihm auch stehn …?
    Svanïstadt hing müde an einer kleinen Bergkette. Aufwärts ging es, weg von der grauen Bucht des Kaspischen Meeres, bis wir einen gewissen Boulevard der Nationalen Einheit erreichten. Im Grunde befanden wir uns auf der Hauptstraße von Portland, Oregon, USA , wo ich einmal ein paar Wochen meiner Jugend vergeudet hatte. Vorbei ging es an eindeutig übervollen Geschäften etwas seltsamer Provenienz – einem Outlet für die abscheulichen Produkte des amerikanischen Disney-Konzerns, einer edlen Espressostube namens »Caspian Joe’s« (Abklatsch einer berühmten amerikanischen Kette in leuchtendem Grün); Seit an Seite präsentierten sich die beiden beliebten amerikanischen Ladenketten GAP und Banana Republic, daneben die schon erwähnte Parfümerie 718 voll der schweren Düfte der Bronx und ein irisches Erlebnislokal namens »Molly Malloy’s«, das sich trunken hinter importierten Efeuranken und einem riesigen Kleeblatt verbarg.
    Nach dem »Molly’s« verwandelte sich der Boulevard in eine Schlucht, rechts und links stiegen frisch gebaute gläserne Hochhäuser auf, behängt mit den Markenzeichen von ExxonMobil, BP , Chevron-Texaco, Kellogg, Brown & Root, Bechtel und Daewoo Heavy Industries (glücklich grunzte Timofej in seligem Angedenken an sein geliebtes Dampfbügeleisen), bis sich schließlich an den beiden Seiten eines zugigen Platzes zwei identische Wolkenkratzer namens Radisson und Hyatt gegenüberstanden.
    Die Wandelhalle des Hyatt bestand aus einem ausufernden Atrium, durch das die Herren der Multis mit der gierigen Torschlusspanik von Schmeißfliegen im Herbst von einer Ecke zur anderen rasten. Wo ich auch hinsah, schienen spontan Geschäfte abgeschlossen zu werden; unter Schildern mit so seltsamen Aufschriften wie »Rule Britannia – der Pub« verklumpten sich Plastiktische und -stühle. Einer dieser Bienenstöcke leuchtete golden und hieß REZEPTION . Dort begrüßte uns in glattem Business-School-Englisch ein lächelnder Junge offenbar skandinavischer Abstammung. »Herzlich willkommen im Park Hyatt Svanï City«, rief er strahlend. »Mein Name ist Aburkharkhar. Was kann ich heute für Sie tun?«
    Aljoscha-Bob buchte für uns beide eine Penthouse-Suite und für Timofej einen kleinen Schuppen hinter dem Pool. Ein gläserner Fahrstuhlerhob uns 40 Stockwerke hoch über das sonnenbestrahlte Atrium, und sogleich fand ich mich in einer fröhlichen westlichen Parodie auf
Schöner Wohnen
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