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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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in der Portwein-Abteilung.
    »Du wirst mir fehlen, Snack«, sagte Aljoscha-Bob und hob ein Glas 40 Jahre alten Fonseca. »Du bist mein bester Freund.«
    »Mir ist auch schon ganz schwummerig«, seufzte ich.
    »Belgien wird dir gut tun«, sagte mein Freund auf Englisch, unserer gemeinsamen Sprache, wenn wir unter uns waren, unserer Sprache fürs Herumalbern. »Tote Hose. Keine Feinde. Da kommst du zur Ruhe. Wirst ausgeglichener. Ich kann echt nicht fassen, dass du diese Sache mit ›Mischas Kindern‹ angefangen hast, und dann auch noch mit Valentin und Swetlana an der Spitze.«
    »Weißt du noch, das Motto des Zufallscollege? ›Glauben Sie, dass ein Mensch die Welt verändern kann? Wir auch.‹«
    »Und haben wir über den Spruch nicht
jeden Tag
abgelacht wie sonst was, Snack?«
    »Ich werde wahrscheinlich erwachsen«, sagte ich selbstzufrieden. »Vielleicht mache ich in Brüssel meinen Multikulti-Doktor. Das könnte die Generäle an der Spitze der US -Einwanderungsbehörde beeindrucken.«
    »Was redest du da eigentlich?«
    »Die stehen auf multi –«
    »Pssssst.« Aljoscha-Bob legte einen Finger an die Lippen. »Jetzt müssen wir leise sein, Mischa.«
    Unser Flugzeug begann seinen Landeanflug auf Svanïstadt. In derbeginnenden Abenddämmerung tauchte eine bergige grüne Landschaft auf, durchsetzt mit kleinen Wüstenflecken, in denen wiederum Pfützen einer halbflüssigen Substanz ruhten, die schwer an Würfelhusten erinnerten. Je tiefer wir sanken, desto deutlicher schieden sich Berge und Wüste voneinander, Letztere von industriell schimmernden Pockennarben überzogen und gelegentlich von blauen Kuppeln umgeben, unter denen sich entweder gigantische Moscheen oder winzige Ölraffinerien verbargen.
    Ich brauchte eine Weile, bis ich merkte, dass wir die Küsten eines größeren Gewässers erreicht hatten und die braune, alkalische, rostige Wüste nun auf ein träges graues Band stieß, das Kaspische Meer. Ein Schaltbrett aus Ölbohrtürmen hielt Küste und Wüste zusammen, während weiter draußen auf See silbrige Pipelines wuchtige Ölplattformen verbanden; Tanklastzüge legten gelbe Abgasspuren auf die Küstenstraßen.
    Steil stießen wir in diese apokalyptische Szenerie hinab. Offenbar hatte ich mich nicht nur beim Meer verschätzt, sondern auch in der Höhe des Himmels über der Stadt, der vor uns in sich zusammenfiel, vielleicht in der korrekten Annahme, dass wieder eine Flugzeugladung Geld aus Europa eintraf und bald ein Regen aus Dollar- und Euroscheinen über der herrschenden Klasse niedergehen würde.
    Als das Flugzeug aufsetzte, applaudierten die Bauerntrottel in der Touristenklasse in typischer Dritte-Welt-Manier und bejubelten unsere sichere Ankunft, während wir in der ersten unsere Hände still im Schoß hielten. Wir rollten an einer Werbetafel vorbei. Drei durchgestylte Teenager blickten uns aus ihren hübschen ausdruckslosen Augen kritisch an, eine rothaarige Schönheit, eine asiatische Schönheit und ein junger Schwarzer mit Dreadlocks (eine ganz eigene feminine Schönheit). Darunter stand: DIE UNITED COLORS OF BENETTON HEISSEN SIE IN SVANÏSTADT WILLKOMMEN .
    Die Ankunftshalle nahm das fortschrittliche Thema auf; man hatte den Neubau im Stil einer postmongolischen Jurte aus getöntem Glas, Wellblech und ein paar offen verlegten Rohren angelegt – eine Architektur, wie sie von mineralstoffreichen Ländern bevorzugt wird, verortet zwischen östlicher Exotik und westlicher Anonymität. Drinnenerwartete uns ein kühler, offener metallener Schuppen, in dem sich die Gerüche des angebotenen Parfüms mit denen der frisch gebackenen Baguettes und höchst kultivierten Joghurtkulturen mischten und die Fähnchen aller Herren Länder schlaff neben dem von Microsoft Windows NT von den Dachbalken hingen, um uns daran zu erinnern, dass wir alle Weltbürger waren, die gerne reisten und computerten.
    Aber die Bürger Absurdistans waren noch nicht an die neue Weltordnung gewöhnt. Sie ignorierten alle Versuchungen der modernen Welt um sie herum und stürmten zur Passkontrolle, in ihrer Muttersprache Unverständliches brüllend und einander die Century-21-Tüten über die Köpfe ziehend. Aljoscha-Bob verfügte über ein absurdisches Wiedereinreisevisum und wurde an einer Extraschlange durchgewinkt, während Timofej und ich endlos an der Schlange für Ausländer ausharren mussten, um uns für unsere Visa fotografieren zu lassen.
    Doch schon nahte Hilfe. Rasch fand ich mich von einer Gruppe fetter Männer in blauen

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