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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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Hemden mit ziegelsteingroßen Epauletten umringt, die meine massige Gestalt mit liebevollem Südländerblick betrachteten. Um das klarzustellen, ich gehöre zu den
gut aussehenden
Fettsäcken, mit einem Kopf, der in seiner Größe im rechten Verhältnis zum Rest des Körpers steht, und überall gleichmäßig verteiltem Fett (abgesehen von meinem eingefallenen Arsch). Diese Absurdis dagegen erinnerten wie die meisten Übergewichtigen an riesige Wanderzelte mit winzigen, auf sich immer weiter bauschende Leibesfülle gesteckten Köpfen. Einem von ihnen hing eine Kamera vor der Brust. »Entschuldigung«, sagte er auf Russisch, in der Verkehrssprache des untergegangenen Sowjetreichs, »was für ein Landsmann sind Sie?«
    Ich zeigte ihm meinen russischen Pass. »Nein, nein«, lachte der Dicke. »Ich meine, was für ein
Landsmann
sind Sie?«
    Ich wusste, worauf er hinauswollte. »Jude«, sagte ich und griff mir an die Nase.
    Der Fotograf legte die Hand aufs Herz. »Es ist mir eine große Ehre«, sagte er. »Das jüdische Volk lebt seit langem in Frieden in diesem Land. Die Juden sind unsere Brüder, und ihre Feinde sind auch unsere Feinde. Solange Sie in Absursvanï sind, wird meine Mutter auch Ihre Muttersein, mein Eheweib wird Ihre Schwester sein, und wenn Sie durstig sind, dürfen Sie sich an meinem Brunnen laben.«
    »Oh, danke schön«, sagte ich.
    »Ein Jude sollte nicht anstehen müssen, um sich fotografieren zu lassen. Lassen Sie mich das rasch erledigen. Lächeln, Mister!«
    »Meinen Diener bitte auch«, sagte ich.
    »Lächeln, Diener!«
    Timofej seufzte und bekreuzigte sich. Man reichte mir zwei kleine Bilder. »Wissen Sie noch, was ich gesagt habe, dass meine Mutter Ihre Mutter ist?«, fragte der Fotograf. »Nun, leider liegt
unsere
Mutter im Krankenhaus, mit Leberversagen und einem Narbengeschwür am linken Ohr. Ob Sie vielleicht –«
    Ich hielt für solche Gelegenheiten schon ein paar Hundertdollarscheine bereit und reichte dem Fotografen einen davon. »Nun müssen wir uns für das Visumantragsformular anstellen«, sagte der Fotograf. »Oh! Einer meiner Kollegen möchte mit Ihnen sprechen.«
    Ein noch größerer Mann mit einem geschwungenen Zwirbelschnurrbart und grässlich schlechten Zähnen wanzte sich an mich heran. »Wir müssen verwandt sein«, sagte er und tätschelte mir den Bauch. »Sagen Sie, was für ein Landsmann sind Sie?«
    Ich erklärte es ihm. Er legte die Hand aufs Herz und berichtete mir, dass die Juden seit langem in Frieden in Absurdistan lebten und all meine Feinde auch seine Feinde seien, seine Mutter aber meine Mutter und sein Eheweib meine Schwester. Auch könne ich mich immer an seinem Brunnen laben. »Warum soll ein Jude sich nach einem Visumantragsformular anstellen?«, fragte er mich. »Da! Nehmen Sie eins!«
    »Sehr freundlich«, sagte ich.
    »Sie sind sehr jüdisch. Im besten Sinne.« Dann wurde mir mitgeteilt, dass meine Schwester (also sein Eheweib) an Gastritis und einer geschwollenen Vagina leide. Die 200 Dollar, die ich ihm gab, würden ihrer medizinischen Versorgung sicher auf die Sprünge helfen. »Und nun kommt die Bearbeitungsschlange. Aber sehen Sie nur! Einer meiner Kollegen möchte Ihnen behilflich sein.«
    Ein älterer dicker Mann, dem die Haut um die Augen von lebenslanger Schlafapnoe zu Leder geworden war, kam schnaufend wie eineDampfmaschine auf mich zu. Erst nach einer Weile begriff ich, dass er versuchte, auf Russisch mit mir zu kommunizieren. Ich verstand den Teil mit dem am Brunnen laben und dass es sich nicht gehöre, einen Juden in der Bearbeitungsschlange warten zu lassen. »Ich helfe Ihnen beim Ausfüllen«, prustete der Mann, nahm einen Kugelschreiber zur Hand und entfaltete den furchterregenden vierseitigen Visumantrag. »Nachname.«
    »Vainberg«, sagte ich. »Wie man es spricht. Vau … ah … iiih …«
    »Ich kann schreiben«, sagte der Mann. »Vorname.«
    Ich sagte es ihm. Er schrieb ihn nieder und begutachtete dann sein Werk. Sorgfältig prüfte er mit zusammengekniffenen Augen die Kombination aus »Vainberg« und »Michail«. Er sah sich meinen Körperbau und meine weichen roten Lippen an.
    »Bist du Boris Vainbergs Sohn?«, wollte er wissen.
    »Der Sohn von Boris Vainberg selig«, sagte ich mit pflichtschuldig feuchten Augen. »Man hat ihn auf der Palastbrücke mit einer Mine in die Luft gejagt. Wir haben alles auf Video.«
    Der alte Mann pfiff seine Kollegen herbei. »Das ist der Sohn von Boris Vainberg!«, rief er. »Der kleine Mischa!«
    »Der

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