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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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Biospargelzüchter wurden, hatte der diplomatische Dienst nicht zu den erstrebenswerten Berufszielen gehört. Schon als Student war Weiner unangenehm aufgefallen; er hatte zum Beispiel für die Uni-Zeitung
Zufallsherald
die Sportkolumne geschrieben, eine Beschäftigung für absolute Nullchecker und krankhaft ehrgeizige Einwanderer.
    »He, sitz, Platz, aus!« Weiner lachte und kratzte sich die ausgedünnte Mähne. »Wenn du glaubst, ich hätte meine Seele verkauft, solltest du dir mal meinen Gehaltszettel ansehen. Echt, Mann.«
    Ich starrte ihn weiter fies und blauäugig an.
    »Und jetzt sitz, Platz und Politik«, sagte Aljoscha-Bob, um das Thema zu wechseln. »Wie man hört, werden die Sevo völlig abdrehen, wenn Georgi Kanuks Sohn wirklich den Laden übernimmt. Wie lautet die offizielle Sprachregelung der USA zu diesem Thema?«
    »Wissen wir noch nicht genau«, gab Josh Weiner zu, während er ein Schälchen mit Gratismandeln plünderte. »Wir haben da ein kleines Problem. Bei uns spricht nämlich niemand eine der Landessprachen. Na ja, wir haben da einen, der spricht so eine Art Russisch, aber er arbeitet noch am Futur eins. Ihr seid doch beide irgendwie aus der Gegend. Was meint ihr, was passiert, wenn Georgi Kanuk stirbt? Mehr Demokratie? Weniger?«
    »In diesem Land greifen alle bei jeder Art von Umwälzung sofort zur Knarre«, sagte Aljoscha-Bob. »Man denke nur an den Ottomanenaufstand von 1756 und die persischen Nachfolgekriege von 1550.«
    »Ach, so weit kann ich nicht zurückdenken«, sagte Josh Weiner. »Vorbei ist vorbei, uns interessiert die Gegenwart. Wir leben in der Globalisierung. An Ärger kann keinem gelegen sein. Werft mal einen Blick auf die Statistiken,
homeboys
. Im letzten Jahr ist das absurdische Bruttosozialprodukt um neun Prozent gestiegen. Mitte September gehen die Figa-6-Chevron- BP -Felder ans Netz. Das sind so rund 180.000 Barrel pro Tag! Und es gibt ja nicht nur Öl. Der Dienstleistungssektor boomt auch. Habt ihr das neue ›Tuscan Steakhouse‹ am Boulevard der Nationalen Einheit gesehen? Habt ihr die Ribollita und die Crostini misti probiert? Hier gibt es super Grundsubstanz und tolle Wachstumschancen, Leute.«
    »Und dieses Sevo-Svanï-Ding?«, fragte ich. »Larry Zartarian hat gesagt –«
    »Ach, scheiß auf Jesu Fußstütze. Die Leute hier sind Pragmatiker. ›Leck mich, Geld her‹, so sind die hier drauf. Und da wir gerade von Pragmatismus reden, hier kommt mein demokratischer Freund.«
    Ein kleiner Mann mit Hakennase lief auf uns zu. Einen Augenblick lang sah ich eine exakte Kopie meines toten Vaters in seiner trüben Vor-Oligarchenzeit vor mir. Kluge braune Augen, kleines Ziegenbärtchen, winzige gelbe Zähnchen. Wahrscheinlich ein verarmter, ehemals sowjetischer Akademiker in den Vierzigern, verheiratet, Gattin leidetan Herzkammerflimmern, Vater zweier brillanter, wissbegieriger Kinder mit Plattfüßen. »Meine Herren, darf ich Ihnen Trotl den Demokraten vorstellen«, sagte Josh Weiner. »Redakteur des Hochglanzmagazins
Gimme Freedom!
Eins unserer kleinen Projekte hier.«
    »Entschuldigen Sie die Verspätung, Mr Weiner«, keuchte Trotl, der sich an seiner grell orangenen Krawatte festhielt. »Hoffentlich haben Sie nicht schon gegessen. Ich bin wirklich hungrig.«
    »Wir wollten gerade bestellen«, sagte Aljoscha-Bob. »Dies ist mein Studienfreund Mischa Vainberg, Mr Trotl.«
    »Das jüdische Volk lebt seit langem in Frieden in diesem Land«, sagte Trotl und legte sich eine zittrige Hand aufs Herz. »Die Juden sind unsere Brüder, und ihre Feinde sind auch unsere Feinde. So lange Sie in Absurdsvanï sind, wird meine Mutter auch Ihre Mutter sein, mein Eheweib wird Ihre Schwester sein, und wenn Sie durstig sind, dürfen Sie sich an meinem Brunnen laben.«
    »Danke«, sagte ich. »Ich wünschte, ich könnte Ihre Freundlichkeit erwidern, aber meine liebe Mutter ist tot und meine Freundin ist gerade mit irgendeinen Schmock durchgebrannt.«
    »Das ist hier bloß so eine Redensart«, erklärte Josh Weiner mir. »Hat eigentlich nichts zu bedeuten.« Ich warf ihm einen Blick zu, der ihm bedeuten sollte, dass er es nicht wert sei, denselben Planeten mit mir zu teilen.
    Wir ließen den Kellner kommen, und ich bestellte drei Störomeletts und eine Karaffe Bloody Mary. »Kann ich das Hühner-Cordon-bleu-Sandwich mit Tomate, Gurke und Pommes haben, Mr Weiner?«, fragte Trotl der Demokrat. Er hielt dem jungen Diplomaten seine Speisekarte hin. »Hier, das Sandwich de luxe … gleich unter

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