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Snapshot

Snapshot

Titel: Snapshot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Robertson
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flimmerte die Ganzkörperaufnahme von Addison, die er gerade von der Kamera heruntergeladen hatte. Ein surrealer Anblick: sein bester Freund, niedergemäht, lang ausgestreckt, in einem dunklen Anzug mit karmesinrotem Kragen. Was hatte der Mensch auf dem Foto mit dem Menschen zu tun, mit dem er ins Pub und ins Stadion ging, der ihn » Kleiner« nannte und jedem Rock hinterherstieg? Auf dem Foto sah er nur jemanden, der sich auf der Schwelle zur Ewigkeit befand, der mit einem Fuß im Grab stand und auf dem anderen kaum noch stehen konnte. Das da, das war nicht Addison. Das da war viel zu leblos.
    Winter schnitt einen Teil des Gesichts aus, der noch etwas mehr Ähnlichkeit mit seinem Kumpel hatte. Vielleicht würde er ihn dann als den alten Addison wiedererkennen. Aber es brachte nichts, er nahm wieder nur einen zersprengten Schädel wahr, nur Blut und Knochen und Asphalt, die Splitter eines Lebens. Zusammengesetzt ergaben sie nicht seinen langjährigen Freund. Das war nur ein Bildgegenstand, ein Stillleben.
    Jan McConachie war eine ganz andere Geschichte. Sie hatte die Schwelle bereits überschritten. Die Kugel, die ihre Schädeldecke weggerissen hatte, hatte daran kaum Zweifel gelassen. Sie lag auf dem Rücken und streckte die Arme von sich, als würde sie vergeblich um Vergebung flehen. Bei ihr waren die Lichter so schnell ausgegangen, dass ihre Mimik noch pure Ahnungslosigkeit verriet. Das Leben war ihr unter der Nase weggeschnappt worden, sie hatte es gar nicht mitbekommen. Nur ihr etwas dümmlich geöffneter Mund wirkte, als habe sie vielleicht etwas geahnt. Oder als habe sie die Antwort auf die letzte Frage vergessen. Ihre Augen suchten am Himmel nach Antworten, aber dort, befürchtete Winter, würde sie kaum welche finden.
    Als das Telefon klingelte, zuckte er zusammen.
    Er hob ab. » Ja?«
    » Hi, Tony. Wie geht’s dir?«
    » Ging schon mal besser, Cat. Ich muss dich um einen Gefallen bitten. Kann ich kurz vorbeikommen?«
    » Na klar. Ich bin den ganzen Vormittag hier. Komm einfach vorbei, wenn es dir passt.«
    » In zehn Minuten bin ich da.«
    Cat Fitzpatrick blickte vom Mikroskop auf, den Anflug eines mitfühlenden Lächelns auf den Lippen, als Winter kurz darauf die Tür aufdrückte. Dann wandte sie sich wieder dem winzigen Etwas auf dem Objektträger zu, sodass er sie ein paar Sekunden lang unbemerkt beobachten konnte. Das bisschen Sonnenlicht, das sich durchs Fenster zwängte, ließ helle Lichtpunkte auf ihrem flammend roten, streng zurückgebundenen Haar schimmern. Sogar in einem unförmigen weißen Laborkittel sah sie umwerfend aus. Die zweitschönste Frau in der Strathclyde Police, sagte er sich.
    » Setz dich«, meinte sie, ohne das Auge vom Okular zu nehmen. » Dauert nur zwei Minuten.«
    Winter schaute sich im Labor um. Wie jedes Mal staunte er, dass seit seinem letzten Besuch schon wieder irgendeine neue Gerätschaft dazugekommen war. Wer hier arbeitete, musste alle fünf Minuten die Schulbank drücken, um nicht vom technischen Fortschritt abgehängt zu werden. Dinosaurier wie Baxter, die sich nur an ihr althergebrachtes Wissen klammerten, liefen Gefahr, irgendwann komplett den Anschluss zu verlieren.
    Cat richtete sich auf und musterte ihn mit aufmerksamem Blick. » Wie geht’s Addison?«
    Er seufzte und schloss die Augen. » Nicht so toll. Er hat eine Menge Blut verloren. Die Kugel hat seinen Schädel durchbohrt, aber wie’s aussieht, hat sie das Hirn verfehlt. Deshalb kann man noch hoffen. Die Ärzte geben ihm eine dreißigprozentige Überlebenschance.«
    Sie sah ihn an, als würde ihr noch eine Frage auf der Zunge liegen. Doch als er ihr nicht entgegenkam, ließ sie es bleiben. » Was kann ich für dich tun?«
    » Ist eine heikle Angelegenheit. Aber es ist wichtig.«
    » Ich höre.«
    » In Blochairn wurde letzte Woche ein Dealer ermordet. Er heißt Sammy Ross.«
    Sie zuckte mit den Schultern. » Sagt mir nichts.«
    » Muss es auch nicht. Er wurde in der Nacht von Samstag auf Sonntag erstochen. Keine weiteren Auffälligkeiten.«
    » Und?«
    » Ich denke, dass an der Sache vielleicht doch mehr dran war, als wir alle dachten. Vielleicht bilde ich mir das nur ein, aber es könnte sein, dass bei der Autopsie was übersehen wurde.«
    Ihr Mund öffnete sich und schloss sich wieder. » Also… über was soll ich mich mehr wundern: dass wir was übersehen haben sollen oder dass du einen Grund hast, so was zu vermuten? Worum geht es genau?«
    » Das kann ich dir nicht sagen, Cat.«
    » Und wie soll

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