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Snapshot

Snapshot

Titel: Snapshot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Robertson
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rangen, sie schlugen, fluchten, stießen und rammten. Ausnahmsweise schien Geschwindigkeit sehr viel höher im Kurs zu stehen als Technik oder Raffinesse. Mit der einen Hand presste er ihren Arm auf die Matratze, mit der anderen krallte er sich in ihr Haar, und so zog und schob er sie zum Höhepunkt. Sie kam eine ganze Weile vor ihm und schien sich kaum darum zu kümmern, ob er es auch noch schaffte.
    Zwei Minuten später war sie eingeschlafen, ausgeknipst wie eine Lampe. Winter hätte sich gerne eingeredet, er hätte sie zur Erschöpfung gevögelt, aber er machte sich nichts vor. Ihrem Körper hatte er es vielleicht besorgt, doch ihren Kopf hatten der Scharfschütze und der Nuttenmörder gefickt. Nicht zu vergessen die Cutter-Morde, die Rachel damals ziemlich mitgenommen hatten. Jetzt ging das Ganze von vorne los. Wahrscheinlich fühlte sie sich, als würde sie einem führerlosen Zug hinterherjagen.
    Winter wusste ganz genau, was ihr so sehr an die Nieren ging. Zur Abwechslung war er nicht schuld daran, aber natürlich geriet er jedes Mal in die Schusslinie. Wie ironisch.
    Er krabbelte aus dem Bett, lehnte sich auf dem Boden an die Wand und blätterte die Zeitungen durch, die Rachel von der Matratze gefegt hatte. Und sah sofort, worüber sie sich so aufgeregt hatte.
    Die Sun hatte schon heute früh damit angefangen, hatte Ausdrücke wie » Selbstjustiz«, » kurzer Prozess« und » Säuberungsaktion« in ihre Artikel eingestreut. Aber ein anderes Wort setzte dem Ganzen die Krone auf: » Antiheld«.
    Am Nachmittag hatte die Evening Times dann in die gleiche Kerbe gehauen. Spätestens als der Typ das Kokain gesprengt und die Glasgower Innenstadt auf einen Trip geschickt hatte, den sie ihren Lebtag nicht vergessen würde, war er vom Mörder zum furchtlosen Einzelkämpfer aufgestiegen.
    Die Daily Mail von morgen fasste den Irrsinn in der Schlagzeile zusammen: » Allein gegen die Unterwelt!« Der Leitartikel des Daily Record stimmte in das Lied ein– ein wortreicher Text, der sich ohne Weiteres in einem halben Satz zusammenfassen ließ: » Natürlich können wir keine Morde gutheißen, aber…« Die Jagd auf Glasgows Drogendealer war eröffnet, und das konnten die Medien sehr wohl gutheißen.
    Aber den Vogel schoss der Daily Express ab. Das Blatt hatte sich bereits einen Spitznamen ausgedacht, den der Killer nicht mehr loswerden sollte: der dunkle Engel. Wahrscheinlich weil man sich darunter jemanden vorstellte, der Böses tat, um Gutes zu erreichen.
    Vor dem Celtic-Spiel hatte Winter ein paar Radiosendungen gehört, in denen Hörer ihre Meinung äußern durften. Es war immer dasselbe: Die Leute reagierten völlig enthemmt. Anfangs wurden sie noch ausgeblendet, wenn sie eindeutige Sätzchen losließen, à la » Geschieht denen recht«, » Wurde auch Zeit«, » Weiter so«. Die Moderatoren gaben sich empört, derartigen Ansichten könnten sie selbstverständlich kein Forum bieten. Aber das sollte sich ändern. Gegen die Flut der immer zahlreicheren und immer beharrlicheren Hetzanrufe konnten und wollten sie nicht bestehen. Der dunkle Engel erledigte, was die Cops nicht auf die Reihe bekamen, unfähige Beamte, die auch noch dafür bezahlt wurden, dass sie untätig herumsaßen. Wenn ein Hörer nahelegte, dass die Bullen keinen Finger rührten, weil sie selbst auf der Gehaltsliste der Dealer standen, wurde er von den Moderatoren sachte abgewürgt– aber erst, nachdem er seine Gedanken zum Besten gegeben hatte.
    In Hard News auf Sky wurde über die moralischen Werte eines bösen Menschen diskutiert, der anderen bösen Menschen böse mitspielte, doch erst der Daily Star wagte den Sprung vom Zehn-Meter-Brett: » Superhero« brüllte die Schlagzeile. Kein Antiheld mehr, sondern ein waschechter, unzweideutiger Held.
    Kein Wunder, dass Rachel stinksauer war. Je höher der dunkle Engel auf der Beliebtheitsskala stieg, desto tiefer ging es mit dem Ansehen der Polizei in den Keller, und das konnte den Bullen gar nicht gefallen. Winter hatte das Gefühl, dass manche Cops den Medien stillschweigend zustimmten: Nur ein toter Drogenbaron war ein guter Drogenbaron, aber musste man das denn so laut sagen? Vielen von ihnen ging es schon seit Jahren auf die Nerven, dass sie nichts gegen die Arschlöcher ausrichten konnten. Dass Caldwell und Quinn abgeknallt worden waren, war ihnen daher scheißegal, aber jetzt sollte ein schießwütiger Psychopath den Ruhm einheimsen, während sie öffentlich runtergeputzt wurden? Das konnte doch nicht

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