Snapshot
gefiel es dort. Sie hatte sich seit jeher eine Wohnung im West End gewünscht, und wenn man ehrlich war, passte es auch viel besser zu ihr als zu ihm. Nach einem langen Tag oder auch einer langen Nacht auf Gangsterjagd wollte sie nur noch nach Hause gehen, sich hinter ihrer acht Zentimeter dicken Sicherheitstür einsperren und mit einem Glas Sauvignon Blanc und einem Schälchen Edelchips entspannen. Und er hatte nichts dagegen, sich vier oder fünf Tage die Woche mehr oder weniger bei ihr einzumieten.
Winter drückte auf die Klingel und wartete. Obwohl er fast schon bei Rachel wohnte, hatte er keinen Schlüssel, denn es war immer noch ihre Wohnung. Ihre Wohnung, ihre Fernbedienung, ihr Bett. Sie machte die Regeln. Hätte er einen Schlüssel gehabt, hätte er als Nächstes bei der Auswahl des Fernsehprogramms mitreden wollen, und da machte sie nicht mit. Erst nach einer ganzen Weile nahm sie oben den Hörer ab. Wie immer sagte sie nichts, sodass er bloß die knisternde Leitung hörte.
» Ich bin’s«, sagte er mit müder Stimme.
Oben drückte Rachel auf den Öffner, unten summte es. Er lehnte sich gegen die Tür, ging hoch in den zweiten Stock und durch die offene Tür in die Wohnung, wo er Rachel auf dem Bett fand, ans Kopfende gelehnt, vor sich verschiedene Zeitungen. Als er eintrat, blickte sie nicht mal auf, sondern warf eine Zeitung beiseite und schnappte sich die nächste. Sie trug Schlafanzughose und Unterhemd, machte ein säuerliches Gesicht und war so wütend, dass sie beinahe zitterte.
» Diese Wichser«, sagte sie.
» Sind das die Zeitungen von heute oder von morgen?«
» Das ist der Müll von morgen.« Sie runzelte die Stirn. » Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist, aber ich bin noch mal zum Bahnhof und hab mir die Morgenausgaben geholt.«
» Aber du sagst doch immer…«
» Aye, ich weiß. Schon klar. Lass mich einfach in Ruhe, ich bin schon genervt genug. Weißt du, was die aus dem Arschloch machen? Einen Helden. Einen verdammten Superman. Und weil die Vollidioten unbedingt einen Killer hochjubeln müssen, fällt › Melanie‹ oder wie sie heißt komplett unter den Tisch. Es kotzt mich dermaßen an.«
» Ich frage mich…«, begann er.
Sie beäugte ihn mit zweifelndem Blick, als würde sie bereits ahnen, dass ihr die Frage nicht gefallen würde. » Sprich nur weiter.«
» Wenn du die Wahl hättest, würdest du lieber den Typen fassen, der reihenweise Gangster abknallt, oder den, der deine Prostituierte umgebracht hat?«
» Mann, was ist das denn für eine Frage?«
» Eine interessante Frage.«
Rachel überlegte einen Moment, ob sie ihm eine ehrliche Antwort geben sollte. Aber wie hätte eine ehrliche Antwort überhaupt ausgesehen? Trotzdem, und obwohl sie es eigentlich besser wusste, sagte sie ihm die Wahrheit. » Der Scharfschütze wäre gut für die Karriere. Aber wenn ich ans Gemeinwohl denke, würde ich lieber Melanies Mörder fassen.«
» Aber ist das nicht moralisch gesehen ziemlich daneben? Du würdest lieber einen Typen einlochen, der nur eine einzige Person umgebracht hat, als einen fünffachen Mörder?«
Narey bombardierte ihn mit der Morgenausgabe der Sun, wischte die anderen Zeitungen mit dem Fuß vom Bett und starrte ihn an. » Willst du jetzt ficken oder nicht? Wenn du nur zum Reden da bist, danke, ein andermal. Wenn du zum Ficken da bist, dann beeil dich ein bisschen. Ich muss morgen früh raus.«
» Und da soll noch einer sagen, es gäbe keinen Platz mehr für Romantik.«
» Ist das ein Nein?«
» Scheiße, Rachel, du kannst einem echt auf den Sack gehen. Nein, es ist ein Ja. Du hast noch mal Glück gehabt.«
» Aye, wie nett von dir.« Sie streifte das Unterhemd ab, legte den Kopf schief und blickte ihn mit großen Augen an. Mit einem Paar perfekter Titten vor Augen konnte ein Mann schlecht diskutieren, und das war ihr absolut klar.
Beim Ausziehen versuchte er, ein widerwilliges Gesicht zu machen, doch ein anderer Körperteil demonstrierte, wie weit es mit seinem Widerwillen her war. Vielleicht war es ein Fluch, aber Rachel sah nun mal am besten aus, wenn sie wütend war, wenn ihre haselnussbraunen Augen so richtig funkelten. Er packte ihre Schlafanzughose am Saum, riss das Ding herunter und schleuderte es quer durchs Zimmer. Im Gegenzug griff sie sich seinen Schwanz und massierte ihn, bis sie beide richtig in Fahrt waren, dann zerrte sie ihn nach unten und auf sich drauf. Eine schnelle, wütende Aktion ohne übertriebene Rücksichtnahme. Sie rauften und
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