Sniper
sich, indem sie sich an Konvois heranpirschten oder sich einem Stützpunkt näherten. Sie schlichen mit der Kalaschnikow im Anschlag durch die Gegend – und waren alles in allem wirklich leicht auszumachen.
Sie lernten umgekehrt aber auch, uns zu erkennen. Wenn wir in einem kleinen Dorf ein Haus in Beschlag nahmen, hielten wir die dort wohnende Familie zu ihrem eigenen Schutz im Haus fest. Wenn die Hausbewohner um 9 Uhr morgens immer noch nicht nach draußen gekommen waren, wussten die Anwohner, dass Amerikaner bei ihnen eingekehrt waren. Das war offenbar für jeden Aufständischen in der Gegend eine Einladung, vorbeizukommen und zu versuchen uns zu töten.
Das wurde so berechenbar, dass man die Uhr danach stellen konnte. Das Feuergefecht fing in der Regel gegen 9 Uhr morgens an; gegen Mittag ebbte es ab. So gegen 15 oder 16 Uhr begann es dann wieder. Wenn es nicht um Leben und Tod gegangen wäre, hätte man wirklich darüber lachen können.
Damals fanden wir es aber trotzdem lustig, wenn auch auf eine kranke Art und Weise.
Man wusste nicht, aus welcher Richtung sie angreifen würden, aber die Taktik war fast immer gleich. Die Aufständischen legten mit Maschinengewehrsalven los und schossen mal hier in das Mauerwerk und mal dort. Dann schossen sie einen ganzen Schwung Panzergranaten ab; und schließlich stoben sie in alle Richtungen und versuchten zu fliehen.
Eines Tages erledigten wir in der Nähe des Krankenhauses eine Gruppe von Aufständischen. Uns war es damals noch nicht klar, aber die Army gab später durch, dass als Folge davon ein ranghoher Aufständischer per Mobiltelefon Mörserschützen anforderte, nachdem das Team, das das Krankenhaus eigentlich hätte angreifen sollen, soeben getötet worden war – nämlich von uns.
Die Mörserschützen ließen sich allerdings nicht blicken.
So ein Jammer aber auch. Wir hätten sie ebenfalls erschossen.
2
Jeder kennt mittlerweile die Predators, die Drohnen, die im Krieg den amerikanischen Streitkräften viele wertvolle Informationen lieferten. Aber viele wissen nicht, dass wir unsere eigenen Rucksack-Drohnen hatten – kleine Flugkörper, etwa so groß wie die Modellflugzeuge, mit denen in den USA Kinder jeden Alters so gerne spielen.
Sie passen in einen Rucksack. Ich kam nie dazu, eine zu bedienen, aber es schien Spaß zu machen. Am kniffligsten – so kam es mir zumindest vor – war der Start. Man musste sie ziemlich kräftig werfen, damit sie in der Luft blieben. Der Soldat, der sie bediente, startete den Motor und warf sie in die Luft; dafür brauchte man ein gewisses Fingerspitzengefühl.
Weil sie tief flogen und kleine, aber vergleichsweise laute Motoren hatten, konnte man die Rucksack-Drohnen gut vom Boden aus hören. Sie hatten ein charakteristisches Heulen und die Iraker begriffen bald, was dieser Lärm bedeutete: nämlich, dass sie beobachtet wurden. Sie wurden sehr vorsichtig, sobald sie ihn hörten – was den Sinn dieser Drohnen zunichtemachte.
Hin und wieder überstürzten sich die Ereignisse dermaßen, dass wir zwei verschiedene Funkfrequenzen benutzen mussten – eine, um mit der Befehlsleitung zu kommunizieren, und eine, um uns innerhalb des Zugs zu verständigen. Es herrschte so viel Funkverkehr, dass wir im Gefecht die Nachrichten der Befehlsleitung kaum mehr mitbekamen.
Bei unseren ersten Kampfeinsätzen bestand der kommandierende Offizier noch darauf, unser Hauptbeobachter solle ihn jedes Mal wecken, sobald er die Nachricht bekam, dass wir Feindkontakt hatten. Dann war das aber so oft der Fall, dass er den Befehl widerrief – wir sollten ihm fortan nur dann Bescheid geben, wenn einmal eine Stunde lang kein Feindkontakt bestand.
Später hieß es dann, meldet euch nur, wenn jemand verletzt worden ist.
2
Die Shark Base war in jener Zeit unser Hafen, eine kleine Oase, in der wir uns ausruhen und erholen konnten. Sie war nicht sehr aufwendig ausgestattet. Der Boden war gepflastert und die Fenster waren mit Sandsäcken verbarrikadiert. Unsere Schlafräume waren sehr beengt und die einzigen Möbelstücke, die den Ort ein klein wenig wohnlich machten, waren unsere Feldbetten und ramponierten Transportkisten. Aber wir brauchten auch nicht viel. Wir waren drei Tage im Einsatz, kehrten zurück und hatten einen Tag frei. Ich schlief dann für gewöhnlich, spielte Videospiele, rief zu Hause an oder saß am Computer. Dann musste man sich wieder bereit machen und ausrücken.
Man musste vorsichtig sein, wenn man telefonierte. Es war
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