Sniper
wichtig, dass keine vertraulichen Informationen nach außen drangen. Man durfte nichts sagen, woraus erschlossen werden konnte, was man gerade tat, tun würde oder getan hatte.
Alle Gespräche, die wir am Stützpunkt tätigten, wurden mitgehört. Dabei kam eine Software zum Einsatz, die auf Schlüsselwörter reagierte; sobald ein solcher heikler Begriff fiel, wurde das Gespräch abgebrochen und man konnte großen Ärger bekommen. Einmal gab jemand Informationen über einen Einsatz preis und wir alle durften eine Woche lang nicht telefonieren. Der Kamerad hatte sich dadurch ziemlich in den Dreck geritten und wir taten alles, um ihn das auch gebührend spüren zu lassen. Es tat ihm entsetzlich leid.
Manchmal erleichterten die Schurken uns die Arbeit ganz enorm.
Eines Tages rückten wir aus und richteten uns in einem Dorf in der Nähe einer Hauptstraße ein. Es war eine gute Lage und wir erwischten umgehend einige Aufständische, die gerade auf dem Weg waren, das Krankenhaus anzugreifen.
Plötzlich steuerte ein Bongo-Kleintransporter – ein Pritschenwagen, mit dem man Material und Ausrüstung befördert – von der Straße aus geradewegs auf uns zu. Statt Ausrüstung beförderte der Transporter aber vier Schützen auf der Ladefläche, die anfingen auf uns zu schießen, als der Wagen über den zum Glück großen Hof fuhr.
Ich erschoss den Fahrer. Das Fahrzeug kam zum Stillstand. Der Beifahrer sprang heraus und rannte zur Fahrerseite. Einer meiner Kameraden erledigte auch ihn, bevor er weiterfahren konnte. Dann nahmen wir uns die restlichen Aufständischen vor und töteten sie alle.
Kurze Zeit später erspähte ich einen Müllwagen, der die Hauptstraße entlangfuhr. Ich machte mir darüber keine großen Gedanken, bis er die Auffahrt zu unserem Haus nahm und ebenfalls auf uns zusteuerte.
Wir hatten bereits die Hausbesitzer befragt und keiner von ihnen fuhr einen Müllwagen. Bei dem Tempo war auch ziemlich klar, dass er keinen Müll aufsammeln wollte.
Tony erledigte den Fahrer mit einem Kopfschuss. Das Fahrzeug kam vom Kurs ab und fuhr in ein nahegelegenes Gebäude. Ein Hubschrauber kam kurze Zeit später angeflogen und jagte den Wagen in die Luft. Eine Hellfire-Rakete sauste herab und der Müllwagen explodierte: Er war mit Sprengstoff beladen gewesen.
Zu guter Letzt ein Plan
Anfang Juni hatte die Army einen Plan entwickelt, um Ramadi von den Aufständischen zurückzuerobern. In Falludscha hatten sich die Marines systematisch durch die Stadt gearbeitet und die Aufständischen davongejagt. Hier mussten wir nicht suchen, die Aufständischen kamen zu uns.
Die Stadt selbst war zwischen Flüsse und ein Sumpfgebiet gebettet. Über Straßen war sie nur schwer zu erreichen. Der Euphrat und der Habbaniyah-Kanal flankierten die Stadt im Norden und Westen; in der Nähe der Nordwestspitze gab es auf jeder Seite eine Brücke. Im Süden und Osten bildeten ein See, Sümpfe und ein jahreszeitlich mehr oder weniger stark gefluteter Kanal eine natürliche Barriere.
Die US-Streitkräfte näherten sich von den Stadträndern her, die Marines kamen aus dem Norden und die Army stieß von den anderen drei Seiten her vor. In verschiedenen Stadtteilen errichteten wir kleine Stützpunkte, um zu zeigen, wer das Sagen hatte – und um letztlich den Feind zum Angriff zu provozieren. Sobald dies der Fall war, schossen wir mit allem zurück, was wir hatten. Wir errichteten immer mehr solcher Posten und erlangten auf diese Weise allmählich die Kontrolle über die ganze Stadt.
Es war das reinste Chaos. Ohne funktionierende Stadtverwaltung und Sicherheitskräfte herrschte ausschließlich das Recht des Stärkeren. Ausländer, die in die Stadt kamen, fielen leicht Morden und Entführungen zum Opfer, selbst wenn sie in gepanzerten Konvois unterwegs waren. Aber für die normalen Iraker war die Stadt eine noch viel größere Hölle. Berichten zufolge verübten die Aufständischen damals täglich über 20 Angriffe gegen die einheimische Bevölkerung. Die größten Chancen getötet zu werden hatte man als Polizeibeamter. Überall grassierte die Korruption.
Die Army analysierte die diversen Terrorgruppierungen und fand heraus, dass es drei Arten gab: Islamistische Fanatiker, die mit der al-Qaida und ähnlichen Gruppen in Verbindung standen; Einheimische, die nicht ganz so fanatisch waren, aber trotzdem darauf aus waren, Amerikaner zu töten; und opportunistische kriminelle Banden, die aus dem Chaos Kapital schlugen.
Die erste Gruppe musste beseitigt
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