Sniper
Kampfhandlungen stattfanden, war es am COP Falcon genau umgekehrt: Der Feindkontakt war intensiv und zahlreich. Das Army-Lager stellte eine klare Bedrohung für die Aufständischen dar und sie wollten, dass es verschwand.
Eine wahre Flut an Schurken brach über uns herein. Das machte es uns aber nur leichter, sie zurückzuschlagen.
Kurz nach dem Beginn der Ramadi-Offensive erreichte ich für einen Scharfschützen einen großen Meilenstein: Mein 100ster und 101ster Todesschuss wurden offiziell bestätigt. Einer der Jungs hielt dieses Ereignis für die Nachwelt fest und machte ein Foto von mir, wie ich die Auszeichnung in die Kamera halte.
Während jenes Auslandseinsatzes herrschte zwischen mir und einem anderen Scharfschützen eine gewisse Konkurrenz, weil jeder mehr Todesschüsse erzielen wollte. Nicht, dass wir besonderen Einfluss darauf hatten – die Trefferzahl hing von der Anzahl der Ziele ab, die uns vor den Lauf kamen. Es ist eine reine Glückssache – man will möglichst viele Treffer erzielen, hat aber letztlich keinen Einfluss darauf.
Sicherlich wollte ich der beste Scharfschütze sein. Am Anfang waren wir drei Sniper, die sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen lieferten; dann zogen zwei von uns davon. Mein »Konkurrent« war in meinem Schwesterzug und im Osten der Stadt im Einsatz. Seine Trefferquote war zu einem Zeitpunkt sogar höher als meine; ich war damals also Zweiter.
Unser Vorgesetzter war zufällig auf unserer Seite der Stadt und verfolgte, wie sich die Züge schlugen. Daher kannte er auch die Ergebnisse der Scharfschützen. Er zog mich ein wenig damit auf, dass der andere Scharfschütze an mir vorbeigezogen war.
»Er wird Ihren Rekord brechen«, witzelte er. »Sie sollten sich mal ein bisschen ins Zeug legen.«
Nun, ich holte schnell auf – plötzlich schien so ziemlich jeder Schurke in der Stadt vor mein Gewehr zu laufen. Meine Quote stieg und ich lag uneinholbar vorne.
Reine Glückssache.
Falls es Sie interessiert: Als bestätigte Todesschüsse galten ausschließlich Treffer, die eine weitere Person beobachtet hatte und bei denen mit Sicherheit gesagt werden konnte, dass der Feind ums Leben gekommen war. Wenn ich also einen Bauchschuss landete und das Ziel es schaffte, sich an einen Ort zu schleppen, an dem es unbeobachtet starb, dann zählte das nicht.
Zusammenarbeit mit der Army
Nachdem die anfänglichen Angriffe nach einigen Tagen nachließen, verließen wir das Vierstöckige und kehrten zu Fuß zum COP Falcon zurück. Dort trafen wir auf den zuständigen Captain und teilten ihm mit, dass wir es vorzögen, in Falcon stationiert zu sein, statt alle paar Tage den Weg nach Camp Ramadi zurücklegen zu müssen.
Er gab uns die Erlaubnis zu bleiben.
Wir boten ihm an, gerne jeden beliebigen Bereich zu säubern, den er uns nannte. Es war sein Auftrag, die Stadt um COP Falcon herum zu sichern und unser Job war es, ihm dabei zu helfen.
»Was ist der schlimmste Ort, den Sie haben?«, fragten wir.
Er deutete auf einen bestimmten Punkt.
»Genau da gehen wir hin«, sagten wir.
Er schüttelte den Kopf und rollte mit den Augen.
»Ihr Jungs seid total durchgeknallt«, sagte er.
»Ihr könnt das Haus haben, ihr könnt es ausstatten, wie ihr wollt, ihr könnt gehen, wohin ihr wollt. Aber ihr müsst eins wissen – wenn ihr da rausgeht und es wird brenzlig, werde ich euch nicht holen kommen. Da sind mir zu viele IEDs und ich werde nicht das Risiko eingehen, einen Panzer zu verlieren. Das kann ich mir nicht leisten.«
Ich bin sicher, der Captain brachte uns anfangs dieselbe Skepsis entgegen, wie die meisten Army-Angehörigen es zu tun pflegen. Sie nahmen an, dass wir uns für etwas Besseres hielten, dass wir eingebildet waren und den Mund oft und gerne weit aufrissen, ohne Taten folgen zu lassen. Sobald wir bewiesen, dass wir uns für nichts Besseres hielten – wir waren vielleicht erfahrener, aber sicher nicht hochnäsig –, brach normalerweise das Eis. Wir arbeiteten mit den Einheiten hervorragend zusammen und schlossen manchmal sogar Freundschaften, die den Krieg überdauerten.
Die Einheit des Captains unternahm Operationen, bei denen sie einen kompletten Häuserblock absperrten und durchsuchten. Und wir gingen mit. Außerdem patrouillierten wir regelmäßig bei Tag, um unsere Präsenz zu zeigen. Ein Ziel dieser Taktik war es, Zivilisten an den Anblick von Soldaten zu gewöhnen, sodass sie zunehmend das Gefühl bekamen, beschützt zu werden, oder sich zumindest damit abfanden, dass wir bleiben
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