Sniper
– werden Tag und Nacht gepiesackt, bis sie bewiesen haben, dass sie es verdienen dazuzugehören. Und das gelingt – wenn überhaupt – am ehesten im Laufe ihres ersten Auslandseinsatzes. So lange bekommen die Frischlinge die undankbarsten Aufgaben, sie werden ständig auf die Probe gestellt und es wird unablässig auf ihnen herumgehackt.
Derlei Schikane kann viele Formen annehmen. Zum Beispiel: Übungen und Manöver finden häufig außerhalb der Stützpunkte statt und sind sehr anstrengend. Die Ausbilder fordern einem den ganzen Tag lang alles ab. Nach Dienstschluss geht der Zug dann meist geschlossen etwas trinken. Während dieser Trainingsmissionen stehen uns normalerweise Kleintransporter zur Verfügung, in denen zwölf Passagiere befördert werden können. Als Fahrer muss immer der Neuling herhalten. Was natürlich heißt, dass er in den Kneipen niemals Alkohol trinken darf, zumindest nicht nach SEAL-Standards.
Das ist noch die harmloseste Form der Schikane. Sie ist so harmlos, dass man sie gar nicht als echte Schikane bezeichnen kann.
Während man fährt, gewürgt zu werden – das ist Schikane.
Eines Abends, ich war meinem Zug gerade zugeteilt worden, zogen wir nach einer Trainingsmission um die Häuser. Als wir aus einer Kneipe kamen, nahmen die alten Hasen hinten im Fond Platz. Ich fuhr nicht, hatte damit aber kein Problem – ich sitze gerne vorne. Wir fuhren schon eine Zeit lang, als ich plötzlich von hinten die Ankündigung »Eins – zwei – drei – vier, gleich gibt es einen Krieg hier« hörte.
Als Nächstes prasselte ein wahrer Hagel an Schlägen auf mich ein. »Krieg hier« (also im Auto) bedeutete, dass man die Frischlinge im Wagen nach Belieben vermöbeln konnte. Ich zog mir dabei eine geprellte Rippe und ein blaues Auge zu, vielleicht auch zwei. Meine Lippe wurde mir in jener Zeit bestimmt ein Dutzend Mal blutig geschlagen.
Ich muss in diesem Zusammenhang erwähnen, dass die Prügeleien während der Fahrten von den Kneipenschlägereien zu unterscheiden sind, die als eine andere SEAL-Spezialität gelten. SEALs sind ziemlich berüchtigt für ihre Kneipenschlägereien, und ich bin da keine Ausnahme. Ich wurde im Laufe der Jahre mehr als einmal verhaftet, obwohl in der Regel niemals Anklage erhoben wurde oder selbige schnell abgewiesen wurde.
Warum prügeln sich SEALs so oft?
Ich habe diese Fragestellung zwar noch nicht wissenschaftlich untersucht, aber ich gehe davon aus, dass dies auf unterdrückte Aggressionen zurückzuführen ist. Wir sind dazu ausgebildet, in die Schlacht zu ziehen und Menschen zu töten. Gleichzeitig wird uns eingeredet, wir seien unbesiegbare Teufelskerle. Eine ziemlich explosive Mischung.
Wenn man in eine Kneipe oder Bar geht, gibt es immer jemanden, der einen Besucher anrempelt oder ihm auf andere Weise zu verstehen gibt, er möge sich verziehen. Solche Szenen ereignen sich in jeder Kneipe überall auf der Welt. Die meisten Leute sehen über ein solches Verhalten hinweg.
Wenn jemand uns SEALs so kommt, lassen wir uns nicht zweimal bitten und schlagen ihn k. o.
Obwohl SEALs eine Menge Schlägereien beenden, lösen wir in der Regel nicht viele aus. In vielen Fällen sind die Schlägereien das Ergebnis einer Art von Eifersucht oder haben mit dem Bedürfnis irgendeines Vollidioten zu tun, der seine Männlichkeit beweisen und damit prahlen möchte, er habe sich mit einem SEAL geprügelt.
Wenn wir in eine Kneipe gehen, verhalten wir uns allerdings keineswegs unauffällig. Wir treten mit großem Selbstbewusstsein auf. Vielleicht sind wir auch laut. Und weil wir in der Regel jung und durchtrainiert sind, nimmt man uns zur Kenntnis. Junge Frauen fühlen sich zu einer Gruppe SEALs magisch hingezogen und da kann es leicht passieren, dass ihre Freunde eifersüchtig werden. Oder Männer wollen aus irgendeinem anderen Grund etwas beweisen. In beiden Fällen eskaliert die Situation und es kommt zu einem Handgemenge.
Aber ich wollte nicht nur über Kneipenschlägereien sprechen, sondern über das Schikaniertwerden. Und meine Hochzeit.
Wir waren in den Bergen Nevadas; es war kalt – so kalt, dass es schneite. Ich hatte einige Tage freibekommen, um heiraten zu können; mein Flug ging am nächsten Morgen. Die anderen Mitglieder des Zuges mussten noch einige Dinge erledigen.
Wir kehrten am Abend zu unserem vorläufigen Stützpunkt zurück und gingen in den Besprechungsraum. Der Chief hatte angekündigt, dass wir bei einigen Dosen Bier etwas ausspannen würden, während wir
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