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Sniper

Sniper

Titel: Sniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Kyle , Scott McEwen , Jim DeFelice
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innerhalb weniger Minuten erkannten wir, dass wir umzingelt waren, unser einziger Fluchtweg war von einem mehrere Hundert Mann starken irakischen Verband abgeschnitten.
    Ich tötete an diesem Tag eine Menge Iraker – das taten wir alle – aber für jeden, den wir erschossen, schienen vier oder fünf neue Kämpfer aus dem Nichts zu erscheinen. Dies ging stundenlang so weiter, während der Kampf hin- und herwogte.
    Die meisten Feuergefechte im Irak waren eher kurz, sie dauerten meist nur einige Minuten, vielleicht auch einmal eine Stunde oder länger. Sie konnten sehr heftig sein, aber die Iraker zogen sich irgendwann einmal zurück. Oder wir taten es.
    Das war hier nicht der Fall. Das Gefecht brandete immer wieder auf und dauerte die ganze Nacht. Die Iraker wussten, dass sie in der Überzahl waren, dass sie uns umzingelt hatten, und sie wollten einfach nicht lockerlassen. Nach und nach näherten sie sich uns, bis schließlich klar war, dass sie uns über kurz oder lang überrennen würden.
    Wir waren erledigt. Wir würden sterben. Oder schlimmer noch, man würde uns am Leben lassen und gefangen nehmen. Ich dachte an meine Familie und was das für sie bedeuten würde. Ich war entschlossen, lieber zu sterben, als es dazu kommen zu lassen.
    Ich feuerte noch mehr Patronen ab, als plötzlich ein Funkspruch eintraf: »Wir sind gleich bei euch.«
    Das war die Kavallerie.
    Besser gesagt die Marines. In buchstäblich letzter Minute. Wir würden also nicht sterben. Zumindest nicht in den nächsten fünf Minuten.
    Gott sei Dank!
    Abzug
    Wie sich zeigen sollte, war dies die letzte größere Auseinandersetzung mit dem Feind während dieses Auslandseinsatzes. Der kommandierende Offizier rief uns zum Stützpunkt zurück.
    Es war eine Verschwendung. Die Marines rückten jeden Abend in Nasiriyya ein und versuchten, die auflodernden Aufstände einzudämmen. Sie hätten uns leicht einen eigenen Abschnitt zum Patrouillieren zuweisen können. Wir hätten in kleinen Gruppen vorrücken, einzelne Schurken und Widerstandsnester ausschalten können, aber der kommandierende Offizier war dagegen.
    Wir erfuhren von dieser Entscheidung noch vor Ort, während wir in diversen Frontstützpunkten herumsaßen und auf neue Aufträge hofften. Die GROM – die polnische Spezialeinheit – rückte regelmäßig aus und erledigte dieselbe Arbeit, die wir ebenfalls gerne ausgeführt hätten. Wir seien Löwen, die von Hunden befehligt würden, verspotteten sie uns.
    Die Marines waren nicht besser. Jede Nacht kehrten sie von ihren Einsätzen zurück und zogen uns auf: »Na, wie viele habt ihr heute erwischt? Ach, stimmt ja – ihr wart ja nicht mal draußen.« Drecksäcke. Aber ich machte ihnen keinen Vorwurf. Schuld war unsere Befehlsleitung – in meinen Augen ein nichtsnutziger Haufen von Feiglingen.
    Wir hatten uns zu diesem Zeitpunkt bereits darauf vorbereitet, den Mukarayin-Damm nordöstlich von Bagdad einzunehmen. Der Damm war nicht nur wichtig, weil er Teil eines Wasserkraftwerks war. Wenn es dem Feind gelungen wäre, ihn zu öffnen oder zu sprengen, hätte das die alliierten Einsatzkräfte, die die Iraker in der Gegend bekämpften, massiv behindert. Aber die Mission wurde immer wieder verschoben und schließlich wurde das SEAL-Team 5 damit beauftragt, das uns am Ende unseres Turnus ersetzte. (Dieser Einsatz, der gemäß unserer Planung durchgeführt wurde, war übrigens ein voller Erfolg.)
    Es gab noch so viele Dinge, die wir hätten tun können. Wie sie sich auf den Kriegsverlauf ausgewirkt hätten, kann ich zwar nicht sagen, aber wir hätten hier und da sicher noch einige Leben retten oder vielleicht ­sogar einige Konflikte um einen oder mehrere Tage verkürzen können. Stattdessen erhielten wir die Anweisung, uns für die Heimreise bereit zu machen. Unser Einsatz war zu Ende.
    Anschließend saß ich noch wochenlang gelangweilt auf dem Stützpunkt herum. Ich kam mir wie ein verdammter Feigling vor, spielte den ganzen Tag Videospiele und musste, zur Untätigkeit verurteilt, darauf warten, dass wir ausgeflogen wurden.
    Ich war zu dieser Zeit ziemlich verärgert. Sogar so sehr, dass ich kein SEAL mehr sein wollte und mit dem Gedanken spielte, aus der Navy auszutreten.

Kapitel 5
Scharfschütze
    Taya:
    Als Chris von seinem ersten Auslandseinsatz zurückkehrte, war er von allem genervt. Vor allem von Amerika.
    Auf der Fahrt nach Hause hörten wir im Auto Radio. Niemand sprach über den Krieg; das Leben ging weiter, als wäre im Irak nichts Besonderes

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