Sniper
uns herunterliefen, sondern auch Tränen der Rührung.
Ich weiß, wovon ich rede, wenn ich vom »Land der Freien« und von der »Heimat der Tapferen« spreche. Für mich sind das keine leeren Worte, ich fühle sie in meinem Herzen, in meiner Brust. Bei jedem Football- oder Baseballspiel, wenn jemand während der Nationalhymne redet oder seine Kopfbedeckung nicht abnimmt, regt mich das auf. Und das lasse ich ihn dann auch wissen.
Für mich und die SEALs, mit denen ich zu tun hatte, standen unser Patriotismus und unser Einsatz im Gefecht in einem engen Zusammenhang. Aber es hängt von den Führungskräften ab, wie entschlossen eine Einheit wie unsere kämpfen kann. In dieser Hinsicht entscheidend ist auch die Befehlsleitung, unsere kommandierenden Offiziere. Es gibt alle möglichen Arten von SEAL-Offizieren. Manche sind gut, manche schlecht. Und manche sind Weicheier.
Sie sind vielleicht zähe Hunde, aber Zähigkeit allein reicht nicht aus, um ein guter Anführer zu sein. Die Methoden und Ziele spielen ebenfalls eine große Rolle.
Unser Führungsstab wollte, dass wir 100-prozentig erfolgreich waren und keine Todesopfer zu beklagen hatten. Das klingt wie ein hehres Ziel – wer will schon versagen, wer verletzt werden? Aber im Krieg ist das unrealistisch und eigentlich nicht miteinander vereinbar. Wenn das Ziel 100 Prozent Erfolg bei 0 Todesopfern lautet, dann kann man im Grunde auch zu Hause bleiben. Denn dann wird man nicht bereit sein Risiken einzugehen, ganz egal, wie realistisch die Ziele sein mögen.
Im Idealfall hätten wir in und um Nasiriyya Überwachungstätigkeiten und Aufklärungseinsätze für die Marines durchführen können. Wir hätten überhaupt viel enger mit den Marines zusammenarbeiten können. Und wir hätten mit Sicherheit einigen ihrer Leute das Leben retten können.
Wir wollten nachts ausrücken und in die nächstgrößere Stadt vordringen, bevor das Marine Corps sie erreichte. Wir hätten Ziele unschädlich machen und möglichst viele Schurken töten können. Wir absolvierten zwar einige solcher Missionen, aber wir hätten auf jeden Fall mehr tun können.
Hass
Ich wusste nicht viel über den Islam. Ich bin als Christ aufgewachsen und wusste lediglich, dass zwischen beiden Religionen seit Jahrhunderten Glaubenskriege herrschten. Mir waren die Kreuzzüge bekannt und ich wusste, dass sich die Kämpfe und Feindseligkeiten schon ewig hinzogen.
Aber ich wusste auch, dass sich das Christentum seit dem Mittelalter weiterentwickelt hatte. Wir töten keine Menschen, nur weil sie einer anderen Religion angehören.
Die Widerständler, die wir im Irak bekämpften, nachdem Saddams Armee geflohen oder bezwungen war, waren Extremisten. Es mag seltsam klingen, aber sie hassten uns alleine deshalb, weil wir keine Moslems waren. Sie wollten uns töten, obwohl wir gerade ihren Diktator in die Flucht getrieben hatten, nur weil wir einer anderen Religion angehörten als sie selbst.
Sollte Religion nicht eigentlich Toleranz vermitteln?
Es heißt oft, dass man sich von seinem Feind distanzieren muss, um ihn töten zu können. Wenn das stimmt, machten es mir die radikalen Aufständischen im Irak wirklich leicht. Meine Geschichte vom Anfang dieses Buches, diejenige von der Mutter, die ihr Kind zum Waisen machte, indem sie den Stift der Handgranate zog, war nur ein einziges grausames Beispiel von vielen.
Für die Fanatiker, die wir bekämpften, galt nichts anderes als ihre verworrene Vorstellung von Religion. Dabei nahmen sie es selbst keineswegs sehr genau mit ihrer Religion – die meisten von ihnen beteten nicht einmal. Und nicht wenige von ihnen brauchten Drogen, um sich uns im Kampf überhaupt stellen zu können.
Viele der Aufständischen waren Feiglinge, die regelmäßig Drogen konsumierten, um sich Mut zu machen. Alleine, ohne deren Hilfe, waren sie zu nichts zu gebrauchen. Ich habe irgendwo eine Videoaufnahme, die einen Vater und seine Tochter zeigt, deren Haus gerade durchsucht wird. Sie befinden sich im Erdgeschoss, und aus irgendeinem Grund geht plötzlich im Stockwerk über ihnen eine Blendgranate los.
Auf dem Video sieht man, wie sich der Vater hinter dem Mädchen versteckt, aus Angst davor, getötet zu werden. Er ist bereit, seine Tochter zu opfern, um mit dem Leben davonzukommen.
Verscharrte Leichen
Die Aufständischen waren vielleicht feige, aber sie wussten sehr wohl, wie man tötete. Denn sie mussten sich auch keine Gedanken über Einsatzregeln und das Kriegsgericht machen. Gnadenlos
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