Sniper
waren sogar so dreist geworden, dass sie regelmäßig Raketenangriffe gegen US-Stützpunkte in der näheren Umgebung wagten und Konvois überfielen, die auf den Hauptverkehrswegen fuhren. Schließlich hatte das amerikanische Oberkommando genug – Falludscha musste zurückerobert werden.
Der Plan, der entwickelt wurde, nannte sich Phantom Fury. Die Stadt sollte abgeriegelt werden, damit die Feinde keinen Nachschub und Unterstützung mehr erhielten. Die Aufständischen in Falludscha sollten ausgerottet und ihre Infrastruktur zerstört werden.
Während die Marines der Ersten Marine-Division das Rückgrat der Angriffsmacht bildeten, nahmen alle anderen Kräfte zusätzliche Schlüsselfunktionen ein. SEAL-Scharfschützen wurden in kleine Angriffstrupps der Marines eingebunden, sollten ihnen Deckung geben und herkömmliche Scharfschützenaufträge erledigen.
Die Marines hatten etliche Wochen damit verbracht, sich auf den Angriff vorzubereiten und eine Vielzahl von Einsätzen geplant, um die Aufständischen aus dem Konzept zu bringen. Die Schurken wussten mit Sicherheit, dass etwas im Busch war; sie wussten nur nicht, wann und wo wir zuschlagen würden. Die Ostseite der Stadt war schwer geschützt und der Feind dachte wohl, dass der Angriff von dort ausgehen würde.
Aber stattdessen würde er von Nordwesten kommen und sich von dort nach unten in Richtung Stadtkern bewegen. Genau dort wollte ich hin.
Die Anreise
Nachdem mich der Lieutenant Commander wegtreten ließ, packte ich sofort meine Sachen und ging nach draußen zu dem Pick-up, der schon auf mich wartete und mich zum Hubschrauber bringen sollte. Eine 60 – also eine Blackhawk H-60 – nahm mich und einen anderen Kerl namens Adam mit, einen Kommunikationsspezialisten, der ebenfalls mit der GROM zusammengearbeitet hatte. Wir sahen uns an und grinsten. Offenbar war ich nicht der Einzige, der sich darauf freute, an einer echten Schlacht teilzunehmen.
SEALs aus allen Teilen des Irak unternahmen zur gleichen Zeit eine ähnliche Reise, sie alle machten sich auf den Weg zum großen Marine-Stützpunkt Camp Fallujah, südlich der Stadt. Als ich eintraf, hatten sie schon ihren eigenen kleinen Stützpunkt innerhalb des Camps errichtet. Ich bahnte mir den Weg durch die engen Flure des Gebäudes, das den Spitznamen Alamo erhalten hatte, und versuchte nirgendwo anzustoßen. Die Gänge waren mit allerlei Ausrüstungsgegenständen und Material vollgestellt, mit Gewehr- und Metallkoffern, Kartons und hin und wieder einem Kasten Limonade. Der Menge an Ausrüstung nach zu urteilen, hätten wir auch eine Rockband auf Tour sein können.
Außer dass unsere Pyrotechnik es wirklich in sich hatte.
Nicht nur Scharfschützen von Team 3 kamen zum Einsatz, auch die Scharfschützen der Teams 5 und 8 sollten am Angriff teilnehmen. Ich kannte schon die meisten der Westküstenjungs; die anderen lernte ich in den nächsten Wochen kennen und schätzen.
Die Anspannung war förmlich greifbar. Jeder war bereit, in die Schlacht zu ziehen und den Marines zu helfen.
Die Heimatfront
Als die Schlacht nahte, dachte ich an meine Frau und meinen Sohn. Mein kleiner Junge wurde immer größer. Taya hatte angefangen, mir per E-Mail Fotos und sogar Videos zu schicken, die seine Fortschritte festhielten.
Einige der Videos laufen bis heute immer wieder vor meinem geistigen Auge ab – wie er beispielsweise auf dem Rücken liegt und seine Hände und Füße bewegt, als würde er laufen, und ein strahlendes Lächeln auf seinem Gesicht.
Er war und ist ein sehr aktives Kind. Ganz der Papa.
Thanksgiving, Weihnachten – im Irak bedeuteten mir diese Feiertage nicht allzu viel. Aber nicht dabei zu sein, wenn mein Sohn sie zum ersten Mal bewusst wahrnahm, war etwas anderes. Je länger ich fort war und je größer er wurde, umso mehr wollte ich ihm beim Aufwachsen zur Seite stehen – und die Dinge tun, die ein Vater mit und für seinen Sohn tut.
Während ich auf den Beginn des Angriffs wartete, rief ich Taya an.
Es war ein kurzes Gespräch.
»Hör mal, Schatz, ich kann dir nicht sagen, wohin ich gehe, aber ich bin eine Weile weg«, sagte ich. »Sieh dir die Nachrichten an und du weißt, was los ist. Ich weiß nicht, wann ich dich das nächste Mal anrufen kann.«
Das sollte für eine Weile reichen.
Los geht’s
Am Abend des 7. Novembers quetschte ich mich mit einem Dutzend Marines und ein paar SEALs in ein gepanzertes Fahrzeug, so kurz vor der Schlacht standen wir alle unter Hochspannung. Das große
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