Sniper
Panzerfahrzeug rollte polternd los und setzte sich langsam an die Spitze einer beachtlichen gepanzerten Prozession, die sich aus dem Camp herausbewegte und in den Norden der Stadt aufbrach, in die offene Wüste.
Wir saßen dicht gedrängt nebeneinander, zwei Reihen an den gegenüberliegenden Seiten des spartanisch eingerichteten Fahrzeugs und sahen uns an. Eine dritte Reihe hatte sich in die Mitte gequetscht. Die AAV-7A1 war nicht gerade eine Stretch-Limousine; wir versuchten zwar, uns möglichst klein zu machen, aber zaubern konnten wir nicht. Die Verhältnisse auf dieser Fahrt beengt zu nennen, ist eine Untertreibung. Zum Glück hatten sich die anderen Insassen zuvor geduscht.
Anfangs war es ziemlich kalt – es war November, und für einen texanischen Jungen fühlte es sich an wie tiefster Winter. Doch innerhalb weniger Minuten kochte uns die Heizung gar und wir mussten darum bitten, die Temperatur herunterzuregeln. Ich stellte meinen Rucksack auf dem Boden ab. Mein Mk-11 hatte ich zwischen den Beinen und meinen Helm am Gesäß, als eine Art Behelfskissen. Ich versuchte ein Nickerchen zu machen. Die Zeit vergeht schneller, wenn man die Augen geschlossen hält.
Ich konnte jedoch nicht besonders gut dösen. Immer wieder spähte ich durch die kleinen Fensterschlitze im Heckfenster, aber die Jungs, die dort saßen, versperrten mir die Sicht. Es gab auch nicht viel zu sehen – genau genommen nur den Rest der Prozession, eine Staubwolke und einige Flecken leere Wüste. Wir hatten mit den Marines bereits eine Woche trainiert und waren alle praktischen Aspekte durchgegangen, vom Ein- und Aussteigen aus ihren Fahrzeugen bis zu der Überlegung, welche Treibladungen wir benutzen sollten, um Scharfschützenlöcher durch Gebäude zu sprengen. Zwischendurch arbeiteten wir an der Funkverbindung und der allgemeinen Strategie, tauschten unsere Gedanken aus, wie wir den Einheiten, die wir begleiteten, am besten Deckung gaben und gingen ein Dutzend taktischer Überlegungen durch, etwa ob es grundsätzlich besser sei, vom obersten Stockwerk aus zu schießen oder lieber vom direkt darunterliegenden.
Wir waren jetzt bereit, aber wie es so oft beim Militär geschieht: Erst wurden wir zur Eile angetrieben und dann ausgebremst und wieder in Bereitschaft versetzt. Die Kettenfahrzeuge fuhren uns bis nördlich vor Falludscha und hielten dort.
Und dann saßen wir untätig herum, während mehrere Stunden zu vergehen schienen. Jeder Muskel in meinem Körper war angespannt. Schließlich entschied jemand, dass wir die Rampe herunterlassen und uns ein bisschen die Beine vertreten könnten. Ich erhob mich von der Bank und ging zusammen mit einigen der anderen SEALs nach draußen, um ein wenig frische Luft zu schnappen.
Kurz vor Tagesanbruch stiegen wir wieder ein und bewegten uns im Schneckentempo in Richtung Stadtrand. Die Atmosphäre im Wagen war inzwischen am Siedepunkt. Wir brannten darauf, uns ins Gefecht zu stürzen.
Unser Bestimmungsort war ein Apartmentgebäude, von dem aus man den nordwestlichen Teil der Stadt überblicken konnte. Etwa 730 Meter vom eigentlichen Stadtkern entfernt, hatte man von dem Wohnkomplex aus eine perfekte Sicht auf die Gegend, wo unsere Marines ihren Angriff starten würden – eine ausgezeichnete Position für Scharfschützen. Wir mussten nur dorthin kommen und das Gebäude einnehmen.
»Fünf Minuten!«, rief einer der Unteroffiziere.
Ich schulterte meinen Rucksack und hielt mein Gewehr gut fest.
Der Amtrac hielt ruckartig an. Die Heckklappe fiel herab und ich sprang mit den anderen heraus, rannte auf einen kleinen Hain zu, der mit einigen Bäumen und Felsen ausreichend Deckung bot. Ich bewegte mich so schnell ich konnte – und zwar weniger aus Angst davor, angeschossen zu werden, sondern ich machte mir eher Sorgen, dass ich von der Armada, die uns hierher gekarrt hatte, überrollt werden könnte. Die gewaltigen Amtracs sahen nicht unbedingt so aus, als würden sie für irgendjemanden anhalten.
Ich warf mich zu Boden, legte den Rucksack neben mir ab und begann das Gebäude nach irgendwelchen auffälligen Anzeichen abzusuchen. Ich ließ meinen Blick über die Fenster und die umliegende Gegend schweifen und erwartete die ganze Zeit, beschossen zu werden. Die Marines strömten in der Zwischenzeit aus ihren Fahrzeugen. Abgesehen von den Kettenfahrzeugen waren Hummer, Panzer und Dutzende von Hilfsfahrzeugen vor Ort. Die Marines stürmten los und verteilten sich über den gesamten Komplex.
Sie traten Türen
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