Sniper
kommen.
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Zu unseren etwas normaleren Trainingsinhalten zählte ein Auffrischungskurs im Fallschirmspringen.
Aus Flugzeugen springen – oder sollte ich lieber sagen: nach dem Sprung aus einem Flugzeug sicher zu landen , ist eine wichtige Fähigkeit, aber sie ist potenziell lebensgefährlich. Verdammt, ich habe schon gehört, dass die Army es als gute Quote ansieht, wenn in einer Kampfsituation 70 Prozent der Mitglieder einer Einheit heil am Boden ankommen, um anschließend noch zum Schlachtfeld zu gelangen und kämpfen zu können.
Stellen Sie sich das nur einmal vor. 1000 Mann – und 300 schaffen es nicht. Für die Army keine große Sache.
Na prima.
Kurz nach meiner Einberufung als SEAL kam ich zum Army-Stützpunkt Fort Benning, um dort einen Kurs im Fallschirmspringen zu besuchen. Schon am ersten Tag dämmerte mir, was mich erwartete, als sich der Soldat vor mir weigerte zu springen. Wir anderen standen alle da, waren alleine mit unseren Gedanken und warteten, während die Ausbilder sich mit ihm befassten.
Ich habe auch so schon Höhenangst und das machte die Sache nicht unbedingt besser. »Heilige Scheiße«, dache ich, »was sieht er, was ich nicht sehe?«
Als SEAL musste ich natürlich eine gute Figur abgeben – oder durfte zumindest nicht als völliges Weichei dastehen. Als ich endlich an der Reihe war, schloss ich meine Augen, trat vor und sprang.
Es war bei einem jener frühen Automatiksprünge (bei denen die Reißleine automatisch gezogen wird, ein Verfahren, das normalerweise bei Anfängern zum Einsatz kommt), dass ich beim Ausstieg den Fehler beging, nach oben zu sehen, um meine Fallschirmkappe zu begutachten.
Man bekommt immer wieder gesagt, dass man das nicht tun soll. Ich fragte mich, warum das wohl so war, während sich über mir der Fallschirm öffnete. Meine enorme Erleichterung darüber, dass sich mein Fallschirm öffnete und ich nicht sterben würde, wurde unverzüglich von den Reibungsverbrennungen getrübt, die ich auf meinen Wangen davontrug.
Man soll nämlich deshalb nicht nach oben blicken, damit man nicht von den Steuergurten getroffen wird, die an einem vorbeisausen, wenn sich der Fallschirm öffnet. Aber manche Dinge muss man eben auf die harte Tour lernen.
Dann gibt es noch die Nachtsprünge. Das Problem dabei: Man sieht den Boden nicht kommen. Man weiß zwar, dass man sich bei der Landung abrollen soll; aber wann genau, wenn man doch den Boden nicht auf sich zukommen sieht?
Ich nahm mir fest vor, meine Rolle genau in dem Moment zu machen, sobald ich etwas unter meinen Füßen spürte.
Sobald ich etwas … s-o-b-a-l-d …!!
Ich glaube, ich bin tatsächlich bei jedem einzelnen Nachtsprung auf dem Gesicht gelandet.
Die Freifallsprünge gefielen mir deutlich besser als die Automatiksprünge. Ich sage nicht, dass ich sie genossen habe , aber ich fand sie einfach besser. So ähnlich wie wenn man die Wahl zwischen Pest und Cholera hat.Im freien Fall sank man wesentlich langsamer zu Boden und hatte mehr Kontrolle. Ich weiß, dass es alle möglichen Videos von Leuten gibt, die Kunststücke und Tricks machen und den Fallschirm erst im allerletzten Moment aufmachen. Ich gehöre nicht dazu. Ich starre die ganze Zeit auf meinen Höhenmesser. Die Leine wird in exakt der Sekunde gezogen, in der ich die richtige Höhe erreiche.
Bei meinem letzten Sprung während des Army-Lehrgangs geriet ein anderer Soldat im Sprung direkt unter mich. Wenn das passiert, kann dir die untere Kappe die Luft förmlich »wegstehlen«. Das führt dazu … dass man schneller fällt.
Die Folgen können je nach Umständen ziemlich dramatisch sein. In jener Situation befand ich mich noch in etwa 20 Metern Höhe und hing zum Glück schon an meinem Schirm. Das letzte Stück stürzte ich allerdings trotzdem unsanft ab, wobei ich erst gegen ein paar Äste knallte und schließlich auf dem Boden aufschlug. Dabei zog ich mir einige böse Prellungen, Schrammen sowie gebrochene Rippen zu.
Zum Glück war das der letzte Sprung des Kurses gewesen. Meine Rippen und ich waren froh, die Sache überstanden zu haben.
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Fallschirmspringen ist zwar übel, aber immer noch besser, als an einem Seil hängend mit einem Hubschrauber befördert zu werden (Spy Rigging). Das sieht vielleicht cool aus, aber eine falsche Bewegung und man landet irgendwo, wo man gar nicht hinwill – womöglich in Mexiko oder Kanada. Oder in China.
Seltsamerweise mag ich Hubschrauber. Im Rahmen dieser Vorbereitungen arbeitete mein Zug mit MH-6 Little
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