Snobs: Roman (German Edition)
Sache versteht und genießt.
In dieser Nacht liebten sie sich auf Ediths Drängen dreimal. Simon hatte sie nie so unbändig und hemmungslos erlebt. Sie setzte sich auf ihn und stieß nach unten, zwang so viel von ihm in sich hinein, wie sie aufnehmen konnte. Denn mit einem Mal war ihr ganz klar, dass dies die Entscheidung war, die sie getroffen hatte. Wenn sie mit Charles nach Hause kam und sich die Tür hinter ihnen schloss, war der Abend damit vorbei. Wenn sie mit Simon ausging, war der Abend etwas, was sie durchstehen musste, bis sie wieder allein mit ihm sein konnte. Das Schicksal hatte sie vor die Wahl gestellt, sich entweder für ihr Privatleben oder für ein öffentliches Leben zu entscheiden. Es sah so aus, als könnte ihr kein Mann beides bieten. Nun gut, dachte sie, als sie dalag, die Dämmerung anbrechen sah und Simon neben
sich leise schnarchen hörte, sie hatte der privaten Erfüllung den Vorzug vor öffentlichem Glanz gegeben und war froh darüber. Das heißt, nachts war sie froh, wenn sie nackt und satt und weit weg von der Welt im Bett lag.
Morgens musste sie diese Entscheidung dann immer wieder neu treffen.
Dritter Teil
Dolente energico
17
Danach sah ich Edith mehrere Monate nicht. Im Herbst bekam ich die Rolle des Schurken in einer jener Serien, die optimistisch als »Familienunterhaltung« eingestuft werden, weil niemand sagen kann, unter welche Kategorie sie wirklich fallen. Jedenfalls wurde in Hampshire gedreht und daher war ich längere Zeit nur selten in London. Ich mietete ein Cottage in Itchen Abbas und Adela kam, wann immer sie konnte, zu mir. Im November entdeckten wir, dass sie schwanger war, und der Gedanke, dass mein Leben einen weiteren Quantensprung machen würde, verdrängte alles andere. Wir kauften dutzendweise Bücher, um mehr über unser neues Dasein zu erfahren, und verbrachten die Abende damit nachzulesen, warum Adela Rückenschmerzen oder so einen seltsamen Metallgeschmack im Mund hatte. Eigentlich ein recht vergebliches Bemühen, da wir auf mehr oder weniger alle unsere Fragen stets die Auskunft erhielten, dass »die Ursache dafür noch nicht bekannt« sei. Doch damit waren wir fröhlich beschäftigt.
Von Edith, Simon und Charles drang wenig zu uns durch. Die Zeitungen hatten das Thema fallen lassen, weil es keine Anzeichen für eine Scheidung zu geben schien; vermutlich sparten sie sich die zweite Hälfte der Story bis zur Gerichtsverhandlung auf. Einmal schrieb ich Charles, weil ich in einer eher unbekannten Kunstzeitschrift gesehen hatte, dass ein Broughton-Porträt zum Verkauf stand und ich dachte, bei ihm oder seiner Verwandtschaft könnte Interesse bestehen. Natürlich teilte ich ihm dabei auch unsere Neuigkeiten mit und erhielt fast postwendend einen bewegenden Brief mit seinen Glückwünschen. »Wie Recht Sie haben, nicht zu lange zu warten«, schrieb er. »Die Ehe ist schön und gut, aber erst mit einem Kind wird
eine Familie daraus. Darum beneide ich Sie.« Dem möchte ich nicht unbedingt zustimmen, sah es aber – wohl zu Recht – als Kommentar zu seinen eigenen ehelichen Enttäuschungen. Er schloss den Brief mit der Bitte, dass wir uns bei ihm melden sollten, sobald wir wieder aus der Versenkung auftauchten, und ich nahm mir vor, dies wirklich zu tun. Inzwischen hatte ich das Gefühl, dass Charles und ich genug miteinander durchgestanden hatten, um sogar nach englischen Maßstäben als Freunde gelten zu können, und die Peinlichkeit, die entsteht, wenn jemand die Freundschaft mit einem der Mächtigen dieser Welt hartnäckig aufrechterhalten will, traf auf uns wohl nicht mehr zu. Ich fand es bemerkenswert, dass er Edith nicht erwähnt hatte, und wir hörten auch von anderer Seite nichts von ihr. Gerüchten zufolge waren sie und Simon immer noch zusammen, und er hatte, entweder tatsächlich auf Grund seines Talents oder weil sich sein skandalöser Ruhm nun doch auszahlte, eine Dauerrolle in einer Krimiserie ergattert. Ich hatte beschlossen, mich bei meiner Rückkehr nach London auch bei Edith zu melden, weil ich nicht zu denen gehören wollte, die ihre Freunde fallen lassen, wenn ihr gesellschaftlicher Glanz verblasst, doch letzten Endes war nicht ich es, sondern meine Frau, die unsere Verbindung erneuerte.
Wir waren noch nicht lange zurück in London, als Adela von einer Cousine eine Einladung zu Hardy Amies’ Frühjahrsmodenschau erhielt. Diese Verwandte gehörte zum Gefolge eines jüngeren Mitglieds der königlichen Familie, und entweder aus diesem
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