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Snobs: Roman (German Edition)

Snobs: Roman (German Edition)

Titel: Snobs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
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für Charles gehabt. Bedrückt erkannte sie, dass Clarissa genau die Sorte Frau war, die von Männern wie Charles geheiratet wurde.
    »Oh«, sagte sie.
    Der Kellner kam und überreichte ihnen riesige, in Leder gebundene Speisekarten, die in einem von Fehlern strotzenden Französisch verfasst waren. Mit einem Gemurmel, das vor allem aus kehligen Rs bestand, zog er sich wieder zurück.
    »Kopf hoch, Edith«, sagte Annette mit einem scharfen Blick. »Erzähl mir von Simon. Geht’s ihm gut?«
    »O ja«, antwortete Edith und riss sich wieder zusammen. »Sehr gut. Er ist in eine Serie reingekommen, die bis Juni läuft und mit etwas Glück im Dezember wieder aufgenommen wird.«
    »Das ist ja toll! Was für eine Serie denn?«
    »Na ja«, sagte Edith, hin- und hergerissen zwischen Leber und gebratenem Thunfisch. »Irgendeine Krimiserie. Er ist der nette Kumpel, der nie was kapiert.« Schließlich entschied sie sich für Nierchen mit Salat.
    »Gut gemacht«, sagte Annette. »Wer spielt sonst noch mit? Gehst du mit zum Set und alles?«
    Edith wusste Annettes Bemühen, Begeisterung zu erzeugen, zu schätzen. Das war nett von ihr. »Eigentlich nicht. Nur selten. Damit ich mit den Geschichten auch Gesichter verbinden kann. Wenn ich da bin, fühlt er sich etwas abgelenkt.«
    In Wirklichkeit hatte sie gemerkt, dass sie sich für Simons Arbeit nicht wirklich begeistern konnte, auch wenn sie es noch so sehr versuchte. Teile davon gefielen ihr recht gut, Premieren und einige (wenige) der Partys, und dass sie Leute kennen lernte, die sie vom Fernsehen kannte. Sie fand es auch interessant, die Drehbücher zu lesen und sie mit dem fertigen Film zu vergleichen, aber das meiste andere, nun ja … Anfangs war sie ein paar Mal mit zum Set gefahren, aber die Dreharbeiten erwiesen sich als wahnsinnig eintönig. Die Schauspieler sagten dieselben drei Zeilen tausendmal zueinander und wurden aus x Winkeln gefilmt, und schließlich verzog sich Edith in die Maske und plauderte mit den Mädchen dort. Sie musste sich eingestehen, dass sie nicht begriff, warum Simon so ein Tamtam um das Ganze machte. Das meiste kam ihr ziemlich simpel vor. Man lernte
den Text, die Kamera wurde auf einen gerichtet, man sprach den Text. Edith konnte sehr wohl beurteilen, dass manche das konnten und andere nicht, doch es schien nicht zu helfen, wenn man sich in die Arbeit groß hineinsteigerte. Ihr war nie aufgefallen, dass Simon in Rollen, die er mit großem Aufwand einstudiert hatte, wesentlich besser war als in Rollen, die er einfach aus dem Stegreif spielte. Eines hatte sie nach unserem Lunch in der Anfangszeit ihrer Beziehung mit Simon aber verstanden: Es gab für sie am Set im Grunde keinen Platz. Nach ihren anfänglichen Besuchen tauchte sie noch ein-, zweimal auf oder blieb ein Wochenende am Drehort, damit sie die anderen Mitglieder der Besetzung und des Filmteams begrüßen konnte, und ließ es dabei bewenden. Das schien für alle das Beste.
    »Grüß ihn von mir«, sagte Annette. Einen Moment lang sahen sie einander in die Augen, dann erschien zu Ediths Erleichterung der Kellner und nahm ihre Bestellung auf. Anschließend gingen sie zu allgemeineren Themen über.
     
    Louisa stand pünktlich um Viertel vor eins vor unserer Souterrainwohnung und klingelte. Adela und sie hatten beschlossen, schon zu Hause zu Mittag zu essen, da sie nach der Modenschau bei Fortnum’s Tee trinken wollten. Adela war nun im fünften Monat und hatte erst seit kurzem nicht mehr mit Übelkeit zu kämpfen; sie musste sich dringend einen solchen Genuss gönnen. Ich wollte die beiden in die Savile Row fahren, da ich ohnehin zu einer Perückenanprobe in die Old Burlington Street musste. Adelas Cousine war mir sehr sympathisch. Als Tochter eines anglo-irischen Grundbesitzers besaß sie das leicht übermütige, unvoreingenommene Temperament ihrer Landsleute, das so anders ist als das englische; deshalb war ihre Gesellschaft auch überaus angenehm, trotz Tweedkleidung und vernünftigen Schuhen. Sie war die geborene alte Jungfer, für die ein lebenslanger Dienst bei der königlichen Familie wohl die Stelle von Mann und Kindern einnehmen würde. Dass wir ein Baby bekamen, fand sie äußerst aufregend, und ich erkannte, bevor Adela mit mir darüber redete, dass sie eine hervorragende Taufpatin abgeben würde.
    Bei ruhigem Verkehr kamen wir gut durch, deshalb stiegen die beiden schon um Viertel vor drei in der Zentrale von Hardy Amies die Treppe hoch und betraten den großen, auf die Savile Row

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