Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Snobs: Roman (German Edition)

Snobs: Roman (German Edition)

Titel: Snobs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
Vom Netzwerk:
schlechten Benehmens voll bewusst. Menschen wie die Uckfields erkennen nur sehr langsam oder überhaupt nicht, dass »Ehrgefühl« kein Vorrecht ihrer eigenen Klasse ist. Sie haben so viel über den Materialismus der Mittelschicht und den Edelmut und die Opferbereitschaft ihrer eigenen Klasse gehört, dass sie an beide Märchen glauben.
    Sie hob die Augenbrauen leicht an. »Das könnte zutreffen.«
    »Es trifft zu«, sagte ich. »Sie mögen Edith nicht, und weil Sie sie nicht mögen, unterschätzen Sie sie.«
    Sie entspannte sich etwas. Sie widersprach meiner Behauptung nicht, und bei ihrer Antwort lächelte sie leise. »Ganz recht, dass Sie sie verteidigen. Sie sind als ihr Freund in dieses Haus gekommen – und haben jedes Recht, sie zu verteidigen.«
    »Ich werde Edith mitteilen, was Sie gesagt haben, aber sehr viel mehr kann ich nicht tun.«
    »Nun, Charles kann nicht vor Gericht gehen, wenn sie dagegen ist und Einwände erhebt. Wir müssen sicher sein, dass das nicht passieren wird. Das verstehen Sie doch?«
    »Natürlich.« Ich verstand es sehr wohl. »Aber ich kann ihr keinen Rat erteilen, denn sie würde nicht auf mich hören.«
    »Sie werden mir berichten, was sie sagt?«
    Ich nickte. Unser Gespräch war vorüber. Wir standen auf und waren schon fast aus dem Zimmer, als Lady Uckfield sich genötigt fühlte, mich noch einmal von der Dringlichkeit ihres Anliegens zu überzeugen.
    »Charles ist so furchtbar unglücklich. Das kann nicht so weitergehen. Es ist schrecklich für uns, ihn in diesem Zustand zu sehen.«
    Als Antwort legte ich meinen Arm um ihre Schultern und drückte sie leicht. Das war eine größere Vertraulichkeit, als ich sie mir jemals ihr gegenüber herausgenommen hatte. Vielleicht ein Ausdruck, dass dieser grässliche Wirrwarr, der so viel Herzblut und Tränen kostete, uns irgendwie zusammenschmiedete. Jedenfalls wich sie weder zurück, noch nahm sie jene kaum merkliche Steifheit an, wie es Engländerinnen ihres Schlags tun, wenn man ihnen zu nahe tritt.
    Wir gingen in den Familiensalon zurück, wo Adela im Bemühen, Tiggers detailreichem Vortrag über die geplante Nutzung des südlichen Waldes zu entgehen, einem der Hunde beizubringen versuchte, einen Keks auf der Nase zu balancieren. Sie blickte hoch, als wir hereinkamen, und da sie vor Neugier platzte und ich versprochen hatte, alles zu erzählen, entschuldigten wir uns bald darauf. Wir hatten immer noch die beklemmende Pflicht vor uns, Davids Einladung zu übermitteln, aber da dies der Preis für unseren Tee hier war, mussten wir uns ihrer wohl entledigen. Lady Uckfield begleitete uns zur unteren Eingangshalle, was die Sache wesentlich erleichterte.
    »David und Isabel«, begann ich, doch sie sah mich so fragend an, dass ich verdeutlichen musste: »Easton. Unsere Gastgeber.« Sie nickte. Allein dies hätte schon genügt, um David auf Monate hinaus in Depressionen zu stürzen. »Sie lassen anfragen, ob Sie und Ihre Gäste morgen Vormittag zu einem Drink bei ihnen vorbeikommen möchten?« Das wäre geschafft.
    Lady Uckfield lächelte forsch. »Wie äußerst liebenswürdig. Ich fürchte, wir sind eine zu große Truppe dafür. Aber ich bedanke mich ganz herzlich.« Sie hatte wieder zu ihrer üblichen eindringlichen Vertraulichkeit zurückgefunden, als sie diese Einladung ausschlug, die, wie ich sehr wohl wusste, unannehmbar für sie war. Doch sie überraschte mich mit einem Nachsatz: »Warum kommen Sie stattdessen nicht wieder zu uns – und bringen sie mit?«
    Dies war ein Angebot, das in seiner Liebenswürdigkeit alles überstieg, was sie der Höflichkeit schuldete. Obwohl ich beim Gedanken
an Davids Entzücken bei dieser Nachricht Gewissensbisse bekam, schüttelte ich den Kopf. »Ich glaube, das wären zu große Umstände für Sie, nicht? Lieber ein andermal.«
    Meine Verblüffung wuchs, als Lady Uckfield weiter darauf beharrte. »Aber nein, ich bitte Sie! Kommen Sie doch.« Sie lächelte. »Charles wird bis dahin zurück sein. Ich weiß, dass er Sie sehr gern sehen würde.«
    Zu diesem Zeitpunkt begriff ich nicht, was sie durch ein Treffen von uns und Charles zu erreichen hoffte. Ihre Pläne würden höchstens gefährdet, denn wenn ich ihrem Sohn etwas von ihrem Auftrag verriete, würde er mit Sicherheit wütend reagieren. Doch später wurde mir klar, dass sie mir Charles einfach in seinem ganzen Elend vorführen wollte, zur Rechtfertigung ihrer selbst und als weiteren Ansporn für mich, ihren Wunsch zu erfüllen. Möglicherweise glaubte

Weitere Kostenlose Bücher