Snobs: Roman (German Edition)
konnte.«
»Das bezweifle ich nicht, aber sogar Ehepaare sind gelegentlich uneins. Oder glaubst du nicht an diese Möglichkeit?«
»Doch«, sagte Adela verdrießlich, »aber mir will nicht einleuchten, wie Arabella der Einladung überhaupt zustimmen konnte.«
Die Antwort lautete natürlich, was ich in diesem Moment noch nicht wusste, aber später erfahren sollte, dass Arabella keineswegs zugestimmt hatte.
Die Party lag in den letzten Zügen. Einige von uns waren eingeladen, zum Essen zu bleiben, und wir befanden uns nun in jener notorisch ungemütlichen Phase, wenn fast alle, die nicht zum Essen bleiben, bereits fort sind, aber immer noch ein paar Gäste herumhängen, die einfach nicht merken, dass sie den nächsten Abschnitt des Abends verzögern. In der Regel wird die Gastgeberin dann schwach und sagt zu diesen Hartnäckigen: »Bleiben Sie doch noch zum Essen, wenn Sie möchten.« Für das geschulte Ohr übersetzt sich dies wie folgt: »Bitte gehen Sie. Wir haben Hunger und Sie sind nicht eingeladen.« Altgediente Cocktailpartygänger sehen sich dann errötend um, murmeln, sie müssten noch woandershin und ziehen sich hastig zurück. Doch es besteht immer das Risiko, dass der Trödler mit diesen Ritualen nicht vertraut ist oder dickschädelig oder einfach dumm – und dann das nicht ernst gemeinte Angebot von Gastfreundschaft womöglich annimmt. Arabella Wainwright wollte es auf keinen Fall darauf ankommen lassen, Edith den Rest des Abends unterhalten zu müssen, und sagte deshalb nichts. Dennoch machte Edith keine Anstalten zu gehen. Ich schlenderte zu ihr hinüber.
»Ihr bleibt wahrscheinlich zum Dinner hier?«, fragte sie.
»Ja. Wie wahrscheinlich mehr oder weniger alle, die noch im Salon sind.«
Sie sah sich um. Als sie weiterredete, hatte ihre Stimme etwas Trostloses, was mir fast die Tränen in die Augen trieb. »Ich war so darauf eingestellt. Nie hätte ich gedacht, dass er nicht auftaucht. Seine Mutter muss Wind davon bekommen und ihn irgendwie abgehalten haben.«
»Ich sehe nicht, wie das hätte geschehen sollen. Mir hat Tommy nicht erzählt, dass du kommst, und ich kann mir nicht vorstellen, dass er es sonst jemandem erzählt hat.«
Sie blieb nicht viel länger. Als Arabella einen Stapel Teller aus der winzigen Küche brachte und geräuschvoll auf dem Esszimmertisch abstellte, dazu eine Sammlung Sets mit Sportmotiven, musste sogar Edith ihre Niederlage eingestehen.
»Höchste Zeit für mich«, sagte sie zu ihrer distanzierten, unbeugsamen Gastgeberin. »Vielen Dank. Es war schön, dich wiederzusehen.«
Arabella nickte stumm, nur zu froh, sie los zu sein, doch Tommy brachte sie an die Tür. »Ich weiß nicht, was passiert ist«, sagte er. »Tut mir Leid.«
Edith lächelte ihn traurig an. »Nun ja. Vielleicht soll es einfach nicht sein.« Dann gab sie ihm einen Kuss und ging. Aber auch wenn sie den Anschein erweckte, als würde sie sich in ihr Schicksal fügen, wurde sie den Gedanken nicht los, dass hier jemand dazwischengefunkt hatte. Und sie hatte Recht.
Zu fortgeschrittener Stunde half ich – ein seltener Bruch meiner persönlichen Tradition – die Teller abräumen und bekam einen kurzen Ausschnitt des Gesprächs mit, das hinter der Küchentür geführt wurde.
»Wie meinst du das?«, fragte ein äußerst verärgerter Tommy.
»Genau, wie ich es sage. Ich fand es unfair, ihn in einen Hinterhalt zu locken, wo wir doch seine Freunde sein sollen.«
»Wenn du das wirklich dachtest, warum hast du es dann nicht Charles gesagt und ihn selbst entscheiden lassen?«
»Dieselbe Frage könnte ich auch dir stellen.«
Tommy war hörbar aufgebracht. »Weil ich nicht sicher bin, dass er weiß, was er will.«
In Arabellas Antwort ließ sich keine Spur von Bedauern feststellen. »Genau. Deswegen habe ich es seiner Mutter erzählt.«
»Das war gemein von dir.«
»Vielleicht. In sechs Monaten kannst du mir sagen, dass ich im Unrecht war. Und jetzt hol die Sahne rein und verschütt nichts.«
Ich konnte nicht länger so tun, als würde ich schmutzige Teller aufeinander stapeln, drückte die Küchentür auf und entdeckte nicht das leiseste Zeichen einer Meinungsverschiedenheit.
»Wie nett von dir«, sagte Arabella und nahm mir geschickt meine Last ab.
Meine Frau ließ sich auf der Heimfahrt zu keiner moralischen Stellungnahme bewegen. »Mach so etwas bloß nicht mit mir«, sagte sie, was ich ihr versprach. Nicht dass ich Tommy kritisieren wollte. Ich fand sogar, er hätte wie ein echter Freund
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