Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Snobs: Roman (German Edition)

Snobs: Roman (German Edition)

Titel: Snobs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
Vom Netzwerk:
ist. Papierkram und Ausschüsse. Auseinandersetzungen mit den Denkmalschützern, die einen hassen, weil man dort wohnt, und einem das Leben so schwer wie möglich machen. Bittstellergänge bei Behörden und Sparen bei der Heizung. Ein Aufenthalt in solchen Häusern macht Spaß, sogar den Londoner Ladys. Doch ihr Besitz bedeutet unglaublich harte Arbeit. Ein solches Leben könnte Edith nie Freude oder Befriedigung verschaffen. Das werfe ich ihr auch gar nicht vor – aber sie ist zu einer solchen Aufgabe einfach unfähig. Und offen gestanden …« – sie machte eine Pause, fast unschlüssig, ob sie zu viel von ihren Geschützen preisgab – »… bin ich nicht sicher, wie groß ihre Zuneigung zu Charles überhaupt ist.«
    Ich dachte an das lange zurückliegende Dinner anlässlich der Verlobung, als Caroline Chase zu meiner Linken saß. Es ist grauenhaft öde hier … Den ganzen Sommer Gartenschauen, den ganzen Winter eingefrorene Wasserleitungen. Ich hörte das Echo ihrer kalten, harten Stimme. Edith ist wahrscheinlich darauf gefasst? Und wie triumphierend Edith damals gewirkt hatte. Wie sie die Festung im Sturm genommen und den großen Preis erobert hatte.
    »Wenn das, was Sie sagen, wahr ist, worin liegt dann die Gefahr, wenn sich die beiden begegnen?«
    »Leider habe ich den Verdacht, die acht Monate mit einem arbeitslosen Schauspieler in der Ebury Street haben Edith daran erinnert, warum sie Charles anfangs attraktiv fand – oder sollte ich lieber sagen, lukrativ? Ich glaube, sie will ihn womöglich zurückhaben.«
    »Und Sie sind dagegen?« Mir tat Simon ein wenig Leid, weil er als »arbeitsloser Schauspieler« abgetan wurde, wo sich der arme Kerl doch für irrsinnig erfolgreich hielt. Doch war jetzt nicht der Moment für Wortklaubereien.
    Sie sprach mit der Klarheit großer Politiker. »Ich bin mit jeder Faser meines Herzens dagegen.« Irgendwie war ich von ihrer Aufrichtigkeit überrascht. Ich war an den vorgeblichen Abscheu vor Scheidungen gewöhnt, in vornehmen Kreisen die obligatorische Haltung zu diesem Thema, obwohl man sich dort in Wirklichkeit wenig darum kümmert, ob jemand geschieden ist oder nicht; es zählt nur, mit wem man momentan gerade verheiratet ist. Aber Lady Uckfield war noch von der alten Schule und ich bin ziemlich sicher, dass weder in ihrer noch in Tiggers Familienhistorie je so etwas wie eine Scheidung vorgekommen ist. Sie nickte. »Sie werden überrascht sein, aber ich würde es vorziehen, dass der Skandal seinen Lauf nimmt – viel ist an der Geschichte ohnehin nicht mehr dran. Das wäre mir jedenfalls lieber, als die Dinge wieder zu kitten und in fünf Jahren noch mehr Scherben zu riskieren, wenn Edith entweder neu entdeckt, wie sehr sie sich langweilt, oder jemanden findet, der genauso reich ist wie Charles, sie aber weniger langweilt. Dann sind vielleicht auch Kinder beteiligt, und ich ziehe es vor, meine Enkel in Broughton aufwachsen zu sehen – bei beiden Eltern.«
    »Das verstehe ich gut«, sagte ich. Dass ihre Argumentation viel Logik enthielt, ließ sich nicht leugnen.
    »Können Sie mir also helfen?« Geschäftig verzehrte sie ein weiteres Sandwich und füllte unsere Tassen auf. Sie war ehrlich zu mir gewesen, also musste ich genauso ehrlich zu ihr sein.
    »Nein, Lady Uckfield, ich kann Ihnen nicht helfen.« Vor Überraschung hielt sie beim Einschenken inne. Wahrscheinlich war sie der Meinung, sie hätte mir mit ihren Enthüllungen ein so riesiges Privileg
gewährt, dass ich nicht anders könnte, als mich für ihre Zwecke einspannen zu lassen. Ich sah ihre Enttäuschung und erläuterte meine Ablehnung: »Nicht weil ich Ihnen nicht zustimme. Im Gegenteil, ich bin ganz Ihrer Meinung. Aber ich glaube nicht, dass es ein Argument gibt, das Edith von einem Treffen abhalten könnte. Und ich glaube auch nicht, dass ich das geringste Recht habe, mich einzumischen.«
    Sie nickte knapp, eine harte, ruckartige Bewegung, die ihren schrecklichen Schmerz verriet. »Ich kann mir vorstellen, Sie sind der Ansicht, dass auch ich kein Recht dazu habe.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Sie sind Charles’ Mutter. Sie dürfen sich natürlich einmischen. Ich bin nicht sicher, dass Hoffnung auf Erfolg besteht, aber zu einem Versuch haben Sie jedes Recht.« Ich spürte, dass das Gespräch beendet war, und erhob mich. Wie die Dinge lagen, bezweifelte ich, dass Lady Uckfield und ich uns jemals wieder so unbefangen gegenübertreten könnten. Sie hatte zu viel von ihrer üblichen Rüstung

Weitere Kostenlose Bücher