Snow Angel
nachgehen.
Cornelia findet, wonach sie gesucht hat. Tatsächlich hatten die Eltern der jungen Frau angegeben, sie habe die Halskette mit dem ungewöhnlichen Anhänger von ihrem Freund zur Verlobung geschenkt bekommen, nie abgelegt und ganz sicher auch am Tag ihres Verschwindens getragen. Auf einem Foto der Vermissten ist das Schmuckstück eindeutig zu erkennen. Die Schwünge des Ying-Yang-Symbols sind in Form zweier fein ziselierter Kraniche dargestellt. Funkelnde Brillanten bilden die Augen der Vögel.
„Frederic, komm hilf mir mal beim Denken!“, ruft Cornelia in die Runde der Kollegen. Mit gerunzelter Stirn steht sie in der geöffneten Tür ihres Büros.
„Was ist los?“, fragt ihr Partner, als er vor ihrem Schreibtisch Platz nimmt.
„Wir haben doch gestern diese Wilderergeschichte bekommen. Westphal. Der Fall scheint mehrere Verknüpfungen zu der Sache mit der verschwundenen jungen Frau aus 2011 zu haben. Du bist außer mir der Einzige, der damals schon hier war.“
„Zeig her, was hast du?“
„Erstens habe ich dieses Schmuckstück hier. Und zweitens ein Foto aus der alten Akte, auf dem diese Laura es um den Hals trägt. Das Ding ist so ungewöhnlich. Kann das ein Zufall sein? Schau!“
Aufmerksam vergleicht Frederic die Bilder und nickt. Er sieht sie fragend an. „Und was noch?“
„Du, ich kriege da gerade nicht die Kurve. Der Freund der Vermissten ist ein gewisser Simon Magnussen. Ein Tierarzt. Und genau dem gehört die Hütte da oben im Wald. Und genau der hat den Wilderer vorgestern festgesetzt. Eine junge Frau war bei ihm. Von beiden fehlen uns noch die Protokolle.“
„Na, dann soll doch die Peter zusehen, dass sie sie schleunigst lädt! Oder willst du sie selbst vernehmen?“
„Ich glaube ja! Kontaktdaten sind da, ich werde sie mir nachher herbestellen. Aber wie zum Teufel kommt das Verlobungsgeschenk vom Magnussen in die Jackentasche dieses Westphal?“
„Wir sollten ihn fragen! Ich lasse ihn ins Verhörzimmer holen. Machen wir es zusammen? Guter Bulle, böser Bulle, wie immer?“, fragt er grinsend.
Cornelia nickt.
20. Kapitel
Die Nacht ist kalt.
Es hat wieder leicht zu schneien begonnen. Die Bürgersteige sehen aus wie frisch gezuckert. Eine unberührte Schneeschicht verbirgt den vereisten Boden darunter. Nina friert trotz des dick wattierten langen Mantels erbärmlich in ihrem dünnen Kleid und müsste achtgeben, sich auf ihren hohen Absätzen mit den glatten Ledersohlen nicht auf die Nase zu legen, wenn Simon sie nicht fest und sicher im Arm hielte. Wüsste man es nicht selbstverständlich viel besser, könnte man annehmen, er hätte es ausgesprochen eilig, sie nach Hause zu bringen. Sie hat Schwierigkeiten, mit seinen langen Schritten mitzuhalten. „Simon, ich kann nicht so schnell! Versuch du mal, auf diesen Absätzen über das blanke Eis zu kommen“, klagt sie.
Er bleibt stehen, zieht sie an sich. „Herrgott, entschuldige! Bisher kenne ich dich doch nur in dicken Stiefeln. Da hattest du keine Probleme mitzuhalten“, sagt er mit entschuldigendem Lächeln. „Aber übrigens: Ziemlich umwerfend, du in High Heels!“
„Nur ‚ziemlich‘?“, fragt sie und sieht ihn herausfordernd von unten an.
„Pass bloß auf, dass du nicht schon wieder das Raubtier weckst! Es könnte sonst nämlich passieren, dass ich dich gleich hier unter der Laterne ...“ Er küsst sie so, dass ihr plötzlich überhaupt nicht mehr kalt ist. Schmetterlinge flattern in ihrem Bauch, eine unglaubliche Hitze macht sich in ihrem Becken breit und ein ungewohntes Gefühl hilflosen Überwältigtseins flutet jede Faser ihres Körpers. Mit weichen Knien lässt sie sich halten und genießt. Nichts könnte sie entgegensetzen. Und nichts will sie entgegensetzen.
„Habt ihr kein Zuhause? Mensch, Mann, bring das Mädchen ins Warme!“
Lachend müssen sie sich von dem älteren Herrn unterbrechen lassen, der kopfschüttelnd ein paar Schritte neben ihnen steht, einen kleinen Hund an der Leine.
„Aye Sir“, salutiert Simon, „beinahe hätte ich' s vergessen. Danke, dass Sie mich erinnern!“
„Na dann noch viel Spaß euch beiden“, wünscht der alte Herr mit einem Seufzen und einem Lächeln, dem man entnehmen kann, dass er nur allzu gern tauschen würde.
Es sind nur noch ein paar Schritte bis zum Jeep und Nina ist begeistert über die schnell anspringende Sitzheizung. Auf der kurzen Fahrt sprechen sie nicht viel. Nur ein paar Mal tauschen sie
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