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Snow Crash

Titel: Snow Crash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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und Wissenschaft benutzt, ähnlich wie in Europa während des Mittelalters das Lateinische. Niemand sprach es als seine eingeborene Sprache, aber gebildete Leute konnten es lesen. Auf diese Weise wurde die sumerische Religion weitergegeben.«
    Â»Und was hat Aschera in den sumerischen Mythen gemacht?« »Die Überlieferungen sind bruchstückhaft. Wenige Schrifttafeln wurden gefunden, und diese sind zerbrochen und verstreut. Man glaubt, daß L. Bob Rife viele unversehrte Tafeln ausgegraben hat, aber er weigert sich, sie freizugeben. Die überlieferten sumerischen Mythen existieren nur in Bruchstücken und sind bizarrer Natur. Lagos verglich sie mit den Phantastereien eines fiebernden Zweijährigen. Ganze Abschnitte davon lassen sich einfach nicht übersetzen – die Schriftzeichen sind lesbar und hinreichend bekannt, aber wenn man sie aneinanderreiht, sagen sie einfach nichts, das einen Eindruck im modernen Denken hinterlassen würde.«
    Â»Wie die Gebrauchsanweisungen zum Programmieren moderner Videorecorder.«
    Â»Sie bestehen zu einem Großteil aus monotonen Wiederholungen. Und man findet eine Menge Übertreibungen, die Lagos gern als >Rotary Club Prahlerei< bezeichnet hat – Schriften, die die Überlegenheit einer Stadt gegenüber einer anderen preisen.«
    Â»Was macht eine sumerische Stadt besser als eine andere? Ein höherer Stufenturm? Eine bessere Footballmannschaft?«
    Â»Bessere Me.«
    Â»Was sind Me?«
    Â»Gesetze oder Prinzipien, die die Funktion der Gesellschaft regeln, zum Beispiel ein Gesetzeskodex, aber auf einer grundlegenderen Stufe.«
    Â»Kapier ich nicht.«
    Â»Genau das ist ja der springende Punkt. Sumerische Mythen
sind nicht >lesbar< oder >genießbar< in dem Sinne, wie es griechische oder hebräische sind. Sie spiegeln eine Denkweise wieder, die sich radikal von unserer unterscheidet.«
    Â»Ich vermute, wenn unsere Kultur auf den Sumerern basieren würde, fänden wir sie interessanter«, sagt Hiro.
    Â»Nach dem sumerischen kamen die akkadischen Mythen, die zu einem Großteil eindeutig auf den sumerischen basieren. Es ist eindeutig, daß akkadische Gelehrte sich die sumerischen Mythen vorgenommen, die (für uns) bizarren und unverständlichen Teile herausgestrichen und zu längeren Werken zusammengefügt haben, wie etwa dem Gilgameschepos. Die Akkadier waren Semiten – Vettern der Hebräer.«
    Â»Was haben die Akkadier über sie zu sagen?«
    Â»Sie ist eine Göttin der Erotik und Fruchtbarkeit. Darüber hinaus hat sie eine zerstörerische, rachsüchtige Seite. In einem Mythos wird Kirta, ein Menschenkönig, von Aschera auf grausame Weise krank gemacht. Nur El, der König der Götter, kann ihn heilen. El gewährt gewissen Personen das Privileg, sich an Ascheras Brüsten zu laben. El und Aschera adoptieren häufig menschliche Babys und lassen sie von Aschera säubern – in einem Mythos stillt sie siebzig göttliche Söhne.«
    Â»Und verbreitet den Virus«, sagt Hiro. »Mütter mit Aids können die Krankheit durch Stillen auf ihre Babys übertragen. Aber das ist die akkadische Version, richtig?«
    Â»Ja, Sir.«
    Â»Ich möchte gern etwas von dem sumerischen Material hören, auch wenn es unübersetzbar ist.«
    Â»Möchten Sie hören, wie Aschera Enki krank gemacht hat?«
    Â»Klar.«
    Â»Wie diese Geschichte übersetzt wird, hängt davon ab, wie sie interpretiert wird. Manche betrachten sie als eine Geschichte von der Vertreibung aus dem Paradies. Manche sehen sie als einen Kampf zwischen Männlich und Weiblich, zwischen Wasser und Erde. Manche als Fruchtbarkeitsallegorie. Folgende Lesart basiert auf der Interpretation von Bendt Alster.«
    Â»Wird vermerkt.«

    Â»Um zusammenzufassen: Enki und Ninhursag – das ist Aschera, auch wenn sie in dieser Geschichte noch andere Beinamen hat – leben an einem Ort namens Dilmun. Dilmun ist rein, erhaben und edel, es gibt keine Krankheiten, Menschen werden nicht alt, Raubtiere jagen nicht.
    Aber es gibt kein Wasser. Daher bittet Ninhursag Enki, der eine Art Wassergott ist, Wasser nach Dilmun zu bringen. Das tut er, indem er im Schilfgras der Gräben masturbiert und seinen lebensspendenden Samen – das >Wasser des Herzens<, wie er genannt wird – fließen läßt. Gleichzeitig spricht er einen Nam-shub, der jedem verbietet, dieses Gebiet zu betreten –

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