Snow Crash
wieder.«
»Hi«, sagt er.
»Hi. Schön, dich zu sehen, Hiro. Ich werde dich jetzt umarmen â paà auf die Antenne auf.«
Sie umarmt ihn. Er sie auch. Die Antenne stöÃt gegen seine Nase, aber das macht nichts.
»Wenn wir dieses Ding entfernt haben, müÃten die Haare und alles wieder nachwachsen«, flüstert sie. SchlieÃlich läÃt sie ihn los. »Die Umarmung war eigentlich mehr für mich als für dich. Es war einsam hier. Einsam und beängstigend.«
Das ist das typisch paradoxe Verhalten von Juanita â in so einem Augenblick rührselig zu werden.
»Versteh mich nicht falsch«, sagt Hiro, »aber bist du jetzt nicht eine von den Bösen?«
»Oh, du meinst das hier?«
»Ja. Arbeitest du nicht für sie?«
»Wenn, dann mache ich es nicht besonders gut.« Sie lacht und deutet auf den Kreis regloser Antennenköpfe. »Nein. Bei mir funktioniert das nicht. Eine Zeitlang schon, aber es gibt Möglichkeiten, dagegen zu kämpfen.«
»Warum? Warum funktioniert es bei dir nicht?«
»Ich habe die letzten Jahre mit Jesuiten verbracht«, sagt sie. »Paà auf. Dein Gehirn verfügt über ein Immunsystem, genau wie dein Körper. Je mehr du es benutzt â je mehr Viren es ausgesetzt wird -, desto besser wird das Immunsystem. Und ich habe ein verdammt gutes Immunsystem. Vergià nicht, ich war eine Zeitlang Atheistin, und dann bin ich auf die harte Tour zur Religion zurückgekommen.«
»Warum haben Sie dich nicht versaut, so wie Da5id?«
»Ich bin freiwillig hergekommen.«
»Wie Inanna.«
»Ja.«
»Warum sollte jemand freiwillig hierherkommen?«
»Hiro, begreifst du denn nicht? Das hier ist es. Das ist das Nervenzentrum einer Religion, die brandneu und uralt zugleich ist. Hier zu sein ist, als würde man Jesus Christus oder Mohammed folgen und die Geburt eines neuen Glaubens miterleben.«
»Aber es ist schrecklich. Rife ist der Antichrist.«
»Klar ist er das. Aber trotzdem ist es interessant. Und Rife hat noch etwas, das für ihn spricht: Eridu.«
»Die Stadt von Enki.«
»Genau. Er besitzt jede Tafel, die Enki je geschrieben hat. Für jemand, der sich für Religion und das Hacken interessiert, ist das hier ein Mekka. Wenn sich diese Tafeln in Arabien befinden würden, hätte ich einen Kaftan angezogen und meinen Führerschein verbrannt und wäre dorthin gereist. Aber die Tafeln sind
hier, und darum habe ich mich statt dessen von ihnen verkabeln lassen.«
»Also war dein Ziel die ganze Zeit, Enkis Tafeln zu studieren.«
»Um die Me zu bekommen, genau wie Inanna. Was sonst?«
»Und hast du sie studiert?«
»O ja.«
»Und?«
Sie deutet auf die gestürzten Antennenköpfe. »Und jetzt kann ich es. Ich bin eine Baâal shem. Ich kann den Hirnstamm programmieren.«
»Okay, hör zu. Das freut mich für dich, Juanita. Aber im Augenblick haben wir ein kleines Problem. Wir sind von einer Million Menschen umgeben, die uns töten wollen. Kannst du sie alle lähmen?«
»Ja«, sagt sie, »aber dann würden sie sterben.«
»Du weiÃt, was wir tun müssen, Juanita, oder nicht?«
»Die Nam-shub von Enki anwenden«, sagt sie. »Die Babel-Nummer durchziehen.«
»Dann laà sie uns holen gehen«, sagt Hiro.
»Eins nach dem anderen«, sagt Juanita. »Der Kontrollturm.«
»Okay, du gehst die Tafel holen, und ich bringe den Turm auf Vordermann.«
»Wie willst du das machen? Indem du Leute mit Schwertern aufschlitzt?«
»Klar. Nur dazu sind sie gut.«
»Machen wir es andersrum«, sagt Juanita. Sie steht auf und geht über das Hangardeck.
Â
Die Nam-shub von Enki ist eine Tafel, die in einen Tonumschlag mit dem Keilschriftäquivalent eines Warnschilds gesteckt wurde. Das ganze Ding ist in Dutzende Teile zerschellt. Die meisten sind in der Plastikhülle geblieben, aber einige sind auch auf dem Flugdeck verstreut. Hiro sammelt sie auf dem Hubschrauberlandeplatz auf und bringt sie ins Zentrum zurück.
Als er die Plastikhülle weggeschnitten hat, winkt ihm Juanita von den Fenstern des Kontrollturms zu.
Er nimmt alle Bruchstücke, die aussehen, als gehörten sie zu dem Umschlag, und legt sie auf einen separaten Stapel. Dann setzte er die Trümmer der Tafel selbst zu einem zusammenhängenden Ganzen zusammen. Noch ist nicht ersichtlich, wie
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