Snow Crash
da.
Anstelle von Da5id sieht er nur eine wabernde Wolke schlechten digitalen Karmas. So grell und blitzartig von Farbe zu SchwarzweiÃ, und wenn sie bunt ist, rotiert sie so schnell durch das Farbspektrum, als würde sie von funkelndem Discolicht angestrahlt werden. Und sie bleibt nicht innerhalb des eigenen Raums; haarfeine Pixellinien schieÃen zur Seite davon, durch die ganze Breite von The Black Sun und zu den Wänden hinaus. Es handelt sich nicht um einen organisierten Körper, sondern um eine zentrifugale Wolke aus Linien und Polygonen, deren Zentrum sie nicht zusammenhalten kann und grelle Splitter von Körperschrapnellen durch den ganzen Raum schleudert, wo sie mit den Avatars der Gäste interferieren und verschwinden.
Den Gorillas ist das egal. Sie bohren die langen haarigen Finger in die Mitte der zerfallenden Wolke, bekommen sie irgendwie zu fassen und tragen sie an Hiro vorbei zum Ausgang. Hiro betrachtet sie, als sie vorbeigeschleppt wird, und kann Da5ids
Gesicht wie durch eine geborstene Glasscheibe hindurch erkennen. Nur ein flüchtiger Blick. Dann ist das Avatar fort, wird gekonnt zur Tür hinausgetreten und saust in einem weitgespannten Bogen über die StraÃe, der es über den Horizont hinausführt. Hiro schaut den Mittelgang entlang zum Tisch von Da5id, der von fassungslosen Hackern umgeben ist. Manche sind schokkiert, manche versuchen, ein Grinsen zu unterdrücken.
Da5id Meier, höchster Hackerlord, Gründungsvater der Verfassung des Metaversums, Schöpfer und Inhaber des weltberühmten The Black Sun, hat gerade einen Systemabsturz erlebt. Er ist von seinen eigenen Daemonen aus seiner eigenen Bar hinausgeworfen worden.
10
Bei der Ausbildung zum Kurier bringen sie einem etwa als zweites oder drittes bei, wie man Handschellen öffnet. Handschellen sind trotz Millionen Clink-Franchises nicht als Fesseln für längere Zeiträume gedacht. Und da Skateboardfahrer schon seit langer Zeit eine unterdrückte ethnische Minderheit sind, sind sie auch alle bis zu einem gewissen Ausmaà Entfesselungskünstler.
Aber der Reihe nach. Y. T. hat eine Menge Sachen an ihrer Uniform hängen. Die Uniform hat hundert Taschen; groÃe, flache Taschen für Zustellgut und winzigkleine Taschen für Ausrüstung; Taschen, die in Ãrmel, Schenkel, Schienbeine eingenäht sind. Die Ausrüstung in diesen versteckten Taschen ist überwiegend klein, trickreich, leichtgewichtig: Kugelschreiber, Marker, Stablampen, Taschenmesser, Dietriche, Strichcodescanner, Leuchtkugeln, Schraubenzieher, chemische Keule, Schockstrahler und Leuchtstäbe. Ein Taschenrechner haftet verkehrt herum an ihrem rechten Schenkel; er dient gleichzeitig als Taxameter und Stoppuhr.
Am anderen Schenkel trägt sie ein Personal Phone. Als der Geschäftsführer oben die Tür abschlieÃt, fängt es an zu läuten. Y. T. nimmt mit der freien Hand ab. Es ist ihre Mutter.
»Hi, Mom. Prima, und dir? Ich bin bei Tracy. Ja, wir waren im Metaversum. Wir haben uns ein biÃchen in dieser Arkade an der StraÃe herumgetrieben. Echt abgefahren. Ja, ich habe ein hübsches Avatar benutzt. Nee, Tracys Mom hat gesagt, daà sie mich später nach Hause fährt. Aber möglicherweise gehen wir noch eine Weile ins Joyride in der Victory, okay? Okay, bestens, schlaf gut, Mom. Ich habâ dich auch lieb. Bis später.«
Sie drückt den Blitzknopf, unterbricht die Verbindung mit ihrer Mutter und bekommt binnen eines Sekundenbruchteils wieder das Freizeichen. »Roadkill«, sagt sie.
Der Gedächtnispartner des Telefons wählt Roadkills Nummer.
Ein Brüllen. Es ist das Geräusch von Luft, die mit schrecklicher Geschwindigkeit über das Mikro von Roadkills Personal Phone streicht. Dazu das konkurrierende Wusch von vielen Autoreifen auf Asphalt, unterbrochen vom Trommelfeuer der Schlaglöcher; hört sich wie der schrottreife Ventura an.
»Yo. Y. T.«, sagt Roadkill, »âsn los?«
»âsn bei dir los?«
»Surfe auf der Tura. âsn bei dir?«
»Sitze im Clink.«
»Boah! Wer hat dichân festgesetzt?«
»MetaCops. Haben mich mit ânem Glibbergewehr am Tor von White Columns festgepappt.«
»Boah, echt abgehoben! Wann haustân ab?«
»Bald. Kannst du vorbeikommen und mir helfen?«
»Wie meinst du das?«
Männer. »Du weiÃt schon, mir helfen. Du bist mein Freund«, sagt sie. »Wenn ich
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