Snowbound - Atemloses Verlangen
erkennen, und sie fragte sich, ob sie sich verirrt hatte. Um die aufsteigende Panik zu bekämpfen, atmete sie ein paar Mal tief durch und sah sich um. Sie brauchte mehrere Sekunden, bis sie den fast gefrorenen Fluss wiedererkannte, der sich zwischen zwei großen Felsen entlangschlängelte. Vor Erleichterung fiel ihr ein Stein vom Herzen. Wenn sie tatsächlich dort war, wo sie glaubte, dann konnte sie es bis zum Campingplatz schaffen und eine Hütte finden – und zwar die Hütte, die ihr Vater erst vor Kurzem gekauft hatte.
Die schlechte Nachricht war, dass sich die Hütte praktisch im Nirgendwo befand, und bei diesem Wetter hatte sie keine Chance, von dort wegzukommen. Jedenfalls nicht in dieser Nacht.
Enttäuschung und Wut stiegen in ihr auf, als ihr klar wurde, dass sie Sean an diesem Abend nicht im
Après Ski
treffen würde und ihre gemeinsame Nacht ruiniert war. So viel zu ihrem tollen neuen Plan, Risiken einzugehen. Offenbar stand ihr Privatleben unter einem Fluch, denn es schien wirklich nichts zu funktionieren – weder der sichere Weg, noch der riskante.
Mit vor Kälte klappernden Zähnen zog sie ihren violetten Schal vom Hals und band ihn mit ungeschickten behandschuhten Fingern an einem Zweig fest, als Hinweis für denjenigen, der sich vielleicht auf die Suche nach ihr machte. Die katastrophalen Folgen im Hinterkopf, die es haben würde, falls sie sich verirrte, machte sie sich auf den Weg zu der Hütte, wobei sie hoffte, das Karen sicher am Fuß der Höllenabfahrt angekommen war. Sie fragte sich, wie lange ihre Freundin brauchen würde, um einen Suchtrupp loszuschicken.
»Was hast du gesagt?« Sean, der gerade dabei gewesen war, seine Jacke auszuziehen, stockte mitten in der Bewegung. Erschrocken starrte er Karen an, in der Hoffnung, sie falsch verstanden zu haben. Ein anderer Skifahrer rannte ihn fast über den Haufen, während er reglos an Karens Tisch im Après Ski stand, aber das nahm er kaum wahr. »Du hast sie verloren? Auf der Höllenabfahrt?«
Karen stellte ihre Kakaotasse zwar zurück auf den Tisch, umklammerte sie aber so fest, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten. »Das ist alles meine Schuld. Ich wollte beweisen, dass sie das schafft. Ich hielt das Ganze für einen Riesenspaß. Robyn ist eine gute Skifahrerin. Sie kommt bestimmt gleich.«
Aber ihre hastig hervorsprudelten Worte klangen nicht überzeugt, und um ihre Augen und ihren Mund hatten sich tiefe Sorgenfalten gebildet.
»Hast du in eurem Zimmer nachgesehen? Andere Orte überprüft, an denen sie sein könnte?«
Karen nickte. »Ich habe außerdem eine Nachricht auf ihrem Telefon hinterlassen. Wir wollten uns im
Après Ski
treffen, deshalb dachte ich, ich warte am besten hier auf sie.«
Verdammt. Auch wenn Robyn eine erfahrene Skifahrerin und gut in Form war, war sie doch auch etwas ängstlich. Wenn sie durch das schlechte Wetter ihr Selbstvertrauen eingebüßt hatte, und das auf einer schlecht markierten Piste, dann war sie möglicherweise in echten Schwierigkeiten. Vielleicht hatte sie sich verirrt, und ohne Funkgerät oder Navi …
»Verflucht.« Er zog die Jacke wieder an.
»Was hast du vor?«
»Ich mache mich auf die Suche.«
Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Technisch gesehen wurde sie noch nicht vermisst, deshalb konnte er auch keinen Suchtrupp zusammenzustellen, selbst wenn er am liebsten sofort die Nationalgarde informiert hätte. Aber er musste sich beeilen. Das Management hatte angeordnet, einen Großteil der Lifts zu schließen, bis sich die Wetterverhältnisse gebessert hatten.
»Ich besorge mir ein Funkgerät aus dem Büro der Bergwacht und sage den anderen, dass sie ein Auge offen halten sollen. Wenn Robyn auftaucht, sollen sie mich informieren.«
Er wollte nach seinen Handschuhen greifen, die er beim Hereinkommen auf den Tisch gelegt hatte, aber Karen hielt ihn am Handgelenk fest. »Ihr ist doch nichts passiert, oder?«
»Vielleicht ist sie einem Pfad gefolgt, der sie zu einem anderem Teil des Bergs führt, und ist gezwungen dort zu bleiben, bis die Lifte wieder geöffnet werden. Wahrscheinlich vertreibt sie sich die Zeit in einer der Hütten oder in einem der Pubs der Ferienanlage. Und wenn sie immer noch da draußen ist, dann finde ich sie.«
Das würde er ganz bestimmt. Er kannte die Steilhangpiste, die Robyn genommen hatte, und konnte sich vorstellen, in welche Richtung sie gefahren war, als sie den Weg wegen des schlechten Wetters nicht mehr hatte erkennen können.
Er ließ Karen, die
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