So berauschend wie die Liebe
zerzaust das zarte Gesicht und die schmalen Schultern, das Handtuch, das sie sich um den Körper gewickelt hatte, war verrutscht und eine der vollen straffen Brüste unbedeckt. Ein Anblick, der einen Heiligen hätte in Versuchung führen können. Und dennoch strahlte sie eine Unschuld aus, die Lorenzos Herz tief berührte.
Langsam öffnete sie die Augen und rekelte sich gähnend. Als sie das Tablett mit dem Tee und den Sandwiches sah, dämmerte ihr, dass sie eingeschlafen sein musste.
„Gut, du bist endlich wach.“
Lorenzos Stimme ließ sie aufschauen. Er hatte sich einen anderen Anzug angezogen. Lucy folgte seinem Blick … und errötete tief. Rasch setzte sie sich auf und zog das Badetuch hoch.
Er lächelte spöttisch. „Nichts, was ich nicht schon gesehen hätte. Aber deswegen bin ich nicht gekommen. Um acht wird das Abendessen serviert. Dir bleibt also noch eine halbe Stunde, um dich fertig zu machen. Ich sollte dich vielleicht vorwarnen, dass meine Mutter für Mittwochabend eine Party arrangiert hat. Sie möchte dich ihren Freunden vorstellen. Was bedeutet, dass du vor Donnerstag nicht abreisen kannst.“
„Dann musst du die Party eben wieder absagen.“ Lucy steckte das Badetuch unter ihrem Arm fest und stand auf. „Dir bleibst gar nichts anderes übrig, denn ich habe Elaine gesagt, dass ich spätestens Mittwochabend zurück sein werde. Sie hat sich für Donnerstag frei genommen.“
„Ich wusste bis vorhin nichts von dieser Party. Andernfalls hätte ich alles getan, um meine Mutter davon abzubringen. Schließlich bestand der Sinn dieses Besuches darin, dich aus ihrem Leben zu entfernen … und nicht, dich noch tiefer hineinzuziehen.“ Lorenzo erkannte, dass es vermutlich von vornherein eine verrückte Idee gewesen war. Was hatte er sich dabei gedacht? Doch er brauchte nur einen Blick auf Lucy zu werfen, deren Reize das Badetuch kaum verhüllte, und er kannte die Antwort. Sie brachte ihn mühelos um den Verstand, und die einzige Lösung war, ihr aus dem Weg zu gehen.
Lucy wusste natürlich, worin der erklärte Zweck dieser Reise lag, dennoch verletzte es sie, derart unverblümt daran erinnert zu werden. Als sie Lorenzo einen wütenden Blick zuwarf, hatte sie für einen Moment den Eindruck, als kämpfe er mit einer unerwünschten Reaktion. Dann wirkte er wieder abweisend und unnahbar wie zuvor.
„Es liegt jetzt sowieso nicht mehr in meiner Hand“, sagte er und zuckte mit den Schultern. „Aber meinetwegen kannst du meine Mutter ruhig bitten, die Sache abzusagen. Lieber du als ich.“
Innerlich vor Wut kochend, wählte Lucy zehn Minuten später aus den wenigen Kleidern, die sie mitgebracht hatte und die etwas verloren in dem großen Ankleidezimmer hingen, ein schlichtes Schwarzes aus. Für eine aufwendige Frisur blieb keine Zeit mehr, weshalb sie ihr langes blondes Haar einfach nach hinten bürstete und im Nacken mit einer silbernen Spange zusammenfasste. Eine Feuchtigkeitscreme, etwas Mascara zur Betonung ihrer dichten langen Wimpern und ein Hauch von Lippenstift mussten als Make-up genügen. Hochhackige Sandaletten vervollständigten ihr Outfit, bevor Lucy sich noch die mit Diamanten besetzte Platinuhr um das zierliche Handgelenk band. Die hatte einmal ihrer Mutter gehört und war Lucys kostbarster Besitz, den sie nur zu ganz besonderen Anlässen trug. Wobei der heutige Abend eher ein Albtraum als ein besonderer Anlass zu werden versprach.
Als sie eine Minute vor acht die Treppe hinunterging, war Lucy immer noch sehr wütend auf Lorenzo, der sie mit dem Vorschlag hatte stehen lassen, sie könne seiner Mutter ja einfach erklären, sie würde wie geplant am Mittwoch abreisen. Da die Party nur zu Lucys Ehren stattfand, würde sie dann sicher abgesagt, und seine Mutter würde vermutlich kein Wort mehr mit ihr sprechen … was ihm ja nur recht sein könne! Lorenzo wusste natürlich genau, dass eine derartige Unhöflichkeit nicht ihrem Wesen entsprach. Andererseits … er hatte eine so schlechte Meinung von ihr, dass er es ihr vielleicht sogar zutraute!
Unschlüssig richtete sie vor dem Spiegel in der Eingangshalle noch einmal die dünnen Träger ihres eng geschnittenen, kurzen schwarzen Kleides … ein klassisches kleines Schwarzes, das Lorenzo ihr in London gekauft hatte. Es war nur fair, es noch einmal in seiner Gesellschaft zu tragen, denn sobald diese Farce vorbei war, würde Lucy all seine Geschenke zum Wohltätigkeitsbasar geben. Zögernd schweifte ihr Blick über die Familienporträts an
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