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So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezaehmbaren

So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezaehmbaren

Titel: So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezaehmbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliette Gréco
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spanische Flüchtlinge 1941 zur Welt. Sein Vater war spanischer Kommunist, seine Mutter stammte aus Katalonien.
    Als ich ihn kennenlernte, wusste ich nicht, dass er ein gebrochener Mann war. Nadine, seine Frau und Mutter seiner beiden Söhne, war gerade an Krebs gestorben. Er hat das nie verwunden. Auch wenn er am Ende seines Lebens eine junge Frau kennengelernt hat. Die hatte eine kleine Tochter, die er liebte. Aber aufwachsen sah er sie nicht mehr.
    Bei meinem ersten Besuch in seiner Wohnung in der Rue Cassini zeigte er mir Nadines Atelier, die Malerin gewesen war. Seit dem Tag ihres Todes war alles unverändert. Selbst die verwelkten Rosen hatte er nicht aus den Vasen genommen.
    Ob dieser intime Augenblick, den ich schweigend mit ihm teilen durfte, dieses seltsame Band zwischen uns geknüpft hat? Vielleicht.
    Die Plattenaufnahme hat uns beiden riesigen Spaß gemacht. Wir wollten unbedingt noch einmal zusammenarbeiten. Er hatte mit den Vorarbeiten begonnen, als, wie so oft, der Tod an die Tür klopfte. Er starb am 31. Mai 2004 an einer Gehirnblutung. Er wurde zweiundsechzig Jahre alt.
    Seitdem mag Philippe Sollers zur Stunde des Aperitifs nicht mehr in die Closerie gehen. »Roda ist nicht mehr da.« Und ich, wenn ich an ihn denke, mich mit Freunden an ihn erinnere, ich werde immer traurig. Traurig über die vielen Sachen, die wir nicht mehr zusammen machen konnten. Aber auch glücklich über das, was wir gemeinsam auf die Beine gestellt haben.
    Meine Textdichter
    Ich betrachte mich weder als Dichterin noch als Autorin, auch wenn ich eher zufällig einige Liedtexte geschrieben habe.
    Gérard Jouannest hat die Musik dazu komponiert, für mein 1975er-Album habe ich sie aufgenommen: »Le mal du temps«, »Fleur d’orange«, »L’enfant secret« – und für mein 1977er-Album »Pays de déraison«und »L’amour trompe-la-mort«. Doch auf der Bühne wollte ich sie nie singen, außer einige wenige Male »L’enfant secret« und »Fleur d’orange« .
    Diese Texte spiegeln meine Empfindungen wider. Nicht mein Verstand diktierte sie mir, sondern mein Gefühl. Sie drangen durch meine Poren nach außen, setzten sich auf der Haut fest, jetzt bin ich ihnen ausgeliefert. Mir gefällt nicht, dass ich keine rechte Kontrolle wie bei fremden Texten über sie habe.
    Lieber wähle ich mir einen Text aus, der mir gefällt, den ich nachempfinden kann, und stelle mich in seinen Dienst. Das schützt mich und erlaubt mir gleichzeitig, mich zu offenbaren. Ich liebe die Schönheit von Worten, wie andere die eines Gemäldes lieben. Ich liebe ihre Färbungen und die Kraft, die in ihnen steckt. Und ich liebe ihre Geheimnisse.
    Für mich funktioniert ein Chanson wie ein Drama. Ein gutes Chanson ist ein Theaterstück, das zweieinhalb Minuten dauert, mit einem ersten, einem zweiten und einem dritten Akt, mindestens.
    Manchmal entscheidet man sich für einen Text, weil er etwas anprangert oder weil er etwas beschützen will, manchmal nur wegen seiner Schönheit und der paar Augenblicke der Freude, die er uns schenkt. Nur deshalb nahm ich Gedichte von Louis Aragon und Paul Éluard auf. Und noch immer begegne ich jungen Dichtern, die Wunderbares schreiben können …
    Für mich als Sängerin ist es ein großes Glück, dass eine neue Generation von Dichtern, jung oder weniger jung, mit mir zusammenarbeiten will. Sie sind gewandt und gehen mit offenen Augen und Ohren durch eine Welt, deren Schicksal ihnen am Herzen liegt. Orly Chap, Abd al Malik, Miossec, Marie Nimier und Benjamin Biolay schätze ich sehr.
    Uns vereinen die Liebe zum Wort und der Respekt vor dem Publikum.
    Die Schriftstellerin Marie Nimier hat es mir besonders angetan.
    Ihr Text »Pour vous aimer«, den ich auf dem Album Aimez-vous les uns les autres ou bien disparaissez singe, oder »Le pont Marie« und die anderen Lieder von meinem letzten Album 2012 zeugen von ihrem Talent.
    Marie Nimier kennt mich genau. Wenn sie ein Lied für mich schreibt, versetzt sie sich in meine Haut. Das Ergebnis ist erschreckend genau. Ich singe tatsächlich von mir, es ist meine Geschichte. Aber es sind nicht meine Worte, es sind die von Marie – und das macht mich frei.
    Meine eigenen Ideen streue ich nach und nach ein, ohne dabei meinen Anspruch, Poesie zum Leben zu erwecken, aus dem Auge zu verlieren.
    Auf den Schriftsteller und Drehbuchautor Jean-Claude Carrière ging ich zu, oder besser, dank Gérard Jouannest fiel er mir zu. Gérard hatte sich in seinen Gedichtband Chemin faisant verliebt und

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