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So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezaehmbaren

So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezaehmbaren

Titel: So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezaehmbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliette Gréco
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merkwürdige Rolle für jemanden, den alle Welt mit der verrückten Jugend vom linken Seineufer und ihren rauschenden Festen im Klub Saint-Germain in Verbindung bringt.
    Bei den Dreharbeiten lerne ich den Vater meiner Tochter kennen, den Schauspieler Philippe Lemaire. Dieser Mann ist immerzu gut gelaunt und lacht. Ich erliege seinem Charme, den blauen Augen und den blonden Haaren. Er ist ein Schauspieler, für den die Mädchen schwärmen. Er spielt den bösen Jungen. Wer vermag da schon, seinem verführerischen Blick zu widerstehen?
    Nichts verbindet uns, aber ich finde ihn hinreißend, ganz einfach. Auf dem Standesamt des achten Arrondissements geben wir uns das Jawort. Ein schönes Kind mit blauen Augen ist das Produkt unserer Liebe. Laurence-Marie, ein Mädchen.
    Das Hochzeitsfest, das mein Freund Marc Doelnitz organisiert, wird ein voller Erfolg. Zunächst gibt es ein Mittagessen für die Familie und Freunde in unserem Viertel. Die Tischdekoration, die Atmosphäre, alles ist von anno dazumal. Den Gästen aus der Welt des Kinos und des Chansons, vom linken und vom rechten Seineufer, wird exzellente französische Küche aufgetischt. Für den Abend organisiert Marc einen Ball im Garten meines Hauses in der Rue de Berri. Wir amüsieren uns prächtig.
    Ich war froh, dieses Fest zu Ehren unserer Liebe gegeben zu haben. Irgendwie ahnte ich schon damals, dass es mit ihr bergab gehen wird.
    Wenn ich mit Philippe allein war, langweilte ich mich. Da er keinen Humor hatte, verlief unser Leben monoton, um es diskret auszudrücken. Am liebsten schlief er, wenn er voller Ungeduld auf ein neues Rollenangebot wartete. Er war ein passiver, negativer Mensch und ging mir auf die Nerven.
    Ich lag noch im Krankenhaus, in dem ich gerade unser Kind zur Welt gebracht hatte, als ich in einem Wutanfall – ich konnte nicht mehr! – das schwere weiße Telefon packte, um es ihm an den Kopf zu werfen. Zum Glück verfehlte ich mein Ziel. Mir war klar, dass es so nicht weitergehen konnte.
    Kurz nach meiner Entlassung aus dem Krankenhaus teilte ich ihm geradeheraus meinen Entschluss mit: »Ich werde mich um die Scheidung kümmern.«
    »Welche Scheidung?«
    »Unsere.«
    Hier endete unsere Beziehung. Er kam noch ein paarmal, um seine Tochter zu besuchen. Aber damit war es auch bald vorbei. Ohne Vater aufzuwachsen ist grausam für ein Kind.
    Renoir
    Nachdem ich mehrere Wochen en suite im Olympia aufgetreten bin – meine Tochter Laurence-Marie ist noch ein kleines Baby –, ziehe ich allein in meine neue Wohnung in die Rue de Verneuil.
    Ich bekomme interessante Angebote für Kino- und Theaterrollen und nehme alle an.
    Ich habe Lust zu arbeiten, muss es aber auch. Ich muss ein Kind ernähren.
    Simone Berriau, der das Thé â tre Antoine in Paris gehört, schlägt mir die Hauptrolle in dem Stück Anastasia vor, in dem es um die angebliche Tochter des Zaren Nikolaus II. geht.
    Zur selben Zeit vereinbart Jean Renoir mit mir einen Termin für Probeaufnahmen. Ich soll in seinem Film Weiße Margeriten mitspielen. Auf der Besetzungsliste stehen Namen wie Ingrid Bergman, Mel Ferrer und Jean Marais. Ich platze vor Ungeduld und Neugierde, wenn ich an diesen Termin denke.
    In den Studios von Saint-Maurice finden die Aufnahmen statt. Renoir empfängt mich fast wie ein Vater und führt mich in eine Garderobe. Dort steht ein Überseekoffer, der vor Unterröcken, Kopf- und Schultertüchern überquillt. »Suche etwas aus, das dir gefällt. Du sollst eine Zigeunerin spielen.«
    Renoir geht und lässt mich ratlos mit diesem Berg Klamotten allein. Und bevor ich lange überlege, stürze ich mich in die Anprobe. »Amüsieren wir uns!«, lautet meine Devise.
    Kurz darauf erscheine ich in einem langen Samtrock, der auf der Haut kratzt, einer verwaschenen Bluse mit Blümchenmuster und einem seidenen Schultertuch im Studio. Renoir gefällt mein Kostüm, er nickt mir zu, die Probeaufnahme verläuft gut. Ich werde Miarka spielen, die leichtlebige Sängerin. Das ist abgemacht.
    Die Dreharbeiten beginnen ein paar Wochen später, Anfang 1956. Seit Herbst spiele ich jeden Abend die Anastasia im Thé â tre Antoine. Der Saal ist immer brechend voll.
    Nach der Vorstellung springe ich in ein Taxi, um in der Villa d’Este zu singen. Am nächsten Morgen stehe ich um acht Uhr im Filmstudio.
    Nachts schlafe ich höchstens drei, vier Stunden. Dieser Rhythmus lässt kaum Zeit zum Verschnaufen. In dem Film singe ich zwei neue Lieder: »Méfiez-vous de Paris« und »Miarka«. Die Musik

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