So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezaehmbaren
schreibt Joseph Kosma, die Texte sind von Jean Renoir.
Nach dem Filmstart nehme ich die beiden Chansons auf Platte auf.
Jacques Canetti engagiert André Popp für die Arrangements. Das ist der Beginn einer aufrichtigen Freundschaft und einer schönen beruflichen Zusammenarbeit.
Am Ende der Dreharbeiten spüre ich die Last dieses teuflischen Rhythmus, doch die Freude am Spielen und Singen und die Anspannung, die sie verlangen, halten mich wach.
Ich koste mein Leben voll aus.
Nach der Arbeit treffe ich meine Freunde in der Bar des Café de la Régence, am Place du Théâtre-Français. Die Schauspieler der Comédie-Française und des Théâtre de la Michodière kehren hier nach der Vorstellung ein.
Mein Freund Marc Doelnitz hat aus der Bar einen Treffpunkt gemacht, wo der Klatsch nur so blüht. Der Tänzer Jacques Chazot, die Journalistin Anne-Marie Cazalis sowie die Schauspieler Robert Hirsch, Jacques Charon, Annie Girardot und viele ihrer jungen Kollegen essen hier nach getaner Arbeit zu Abend. Auch der Schauspieler Roland Alexandre ist dabei.
Im Régence reden und lachen wir miteinander. Er sieht gut aus, ist geistreich und klug. Er hat eine sehr angenehme Stimme, eine starke Ausstrahlung und besitzt einen unwiderstehlichen Charme. Wir beginnen eine Liebesaffäre. Doch Roland hat Ärger mit der Comédie-Française, die er wegen eines anderen Theaters verlassen möchte. Seine Beziehung zur Theaterleitung ist sehr angespannt.
Gleichzeitig leidet er unter dem Tod seines Vaters. Eines Nachts ruft er mich mehrmals an. Wir reden. Was er sagt, ergibt keinen Sinn. Er wirft mir vor, dass ich ihn nicht sehen will. Er verdächtigt mich, ihn betrogen zu haben. Allmählich überkommt mich die Müdigkeit. Ich bin erschöpft. Ich muss auflegen. Es ist vier Uhr, um sechs muss ich aufstehen. Ich verspreche, ihn um acht telefonisch zu wecken.
Seine Stimme verstummt für immer. Ich werde sie nie mehr hören.
Mein Schmerz sitzt tief. Die Presse stürzt sich auf unsere Affäre. Ich schweige dazu, gebe keinen Kommentar. Ich fühle mich für diese Verzweiflungstat nicht verantwortlich, auch wenn viele mir eine Schuld daran geben.
Singen, spielen …
Anfeindungen
Das Publikum zu erobern ist nicht einfach.
Zu Beginn meiner Karriere waren die Leute mir gegenüber reserviert. Für sie war ich nur ein hübsches Ding, frech und respektlos. Die Atmosphäre war ein bisschen frostig. Es hat mich eine Menge Energie und Willenskraft gekostet, die Lieder singen zu können, an die ich glaubte. Ich musste kämpfen; das mache ich immer noch.
1950 stehe ich zum ersten Mal auf der Bühne des Alcazar in Marseille. Auf der anderen Seite des Vorhangs sitzt ein sehr eigenes Publikum, ich höre sein Geraune.
Der Vorhang hebt sich, und nach fünf Liedern höre ich den Klang von Münzen, die auf die Bühne geworfen werden. Das Publikum ist unzufrieden.
Damals war das Frauenbild, das ich verkörperte, für die meisten Menschen inakzeptabel. Meine Person, meine Art zu singen, und meine Umgangsformen provozierten. Meine offenen Haare, meine dunkle Stimme und mein eng anliegendes schwarzes Kleid waren ein Skandal, ein Tabubruch.
Ein paarmal musste ich von der Bühne flüchten, die Gründe waren immer verschieden. In Gstaad trat ich bei einer sehr eleganten Soiree auf. Das Publikum war derart unkonzentriert und nur an seinem mondänen Getuschel interessiert, dass ich beschloss, auf der Stelle die Bühne zu verlassen. In meinem Bühnenkostüm und mit Pumps an den Füßen stapfte ich durch den Schnee zurück ins Hotel. Ich hatte das unangenehme Gefühl, bei dieser sicherlich sehr distinguierten, aber auch sehr selbstbezogenen Versammlung nur zu stören.
Wenn ich singe, gebe ich alles. Umso heftiger kann ich reagieren.
Das Kino
Ich wollte nie Karriere im Kino machen. Aber Cineasten und Filmschauspieler habe ich immer geliebt.
Wieder einmal hatte ich Glück. Das Glück, in Filmen mitzuspielen und dabei außergewöhnliche Schauspieler kennenzulernen wie Simone Signoret, Orson Welles, Trevor Howard, Errol Flynn, Ava Gardner, Mel Ferrer, Ingrid Bergman und Audrey Hepburn. Und dann die großartigen Regisseure John Huston, Richard Fleischer, Henry King, Jean-Pierre Melville. Und, und, und … Ich lasse das jetzt, ich will ja keinen Katalog erstellen.
Simone Signoret war ein Juwel, Zeit mit ihr zu verbringen war ein teuflisches Vergnügen.
Ich hatte sie zu Beginn meiner Karriere kennengelernt. Auch sie spielte in dem Kurzfilm Ulysse ou les Mauvaises
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