So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezaehmbaren
Monsieur, aber ich bin ein grässlicher Mensch. Ich bin ein Pferd, das immer wieder durchgeht.«
Es ist Zeit, mir meinen Koffer zu schnappen und mit dem ersten Flugzeug nach Paris zu entschwinden.
Mag ein Mensch noch so reich sein, kaufen kann er mich nicht. Jede Form von Inbesitznahme und Fremdbestimmung ist mir zuwider.
An der Seite von Eddie Constantine drehe ich 1956 Gangster, Rauschgift und Blondinen sowie zusammen mit Jean-Claude Pascal Die Herrscherin vom Libanon .
Die Drehbücher sind nicht gerade anspruchsvoll, aber wir haben beim Drehen unseren Spaß. Eddie Constantine ist freundlich, witzig und zuvorkommend.
Die Stimmung am Drehort ist immer bestens; man könnte denken, es handle sich um eine ausgelassene Ferienkolonie. Zum Drehende organisiert Constantine ein schönes Fest. Das Abschiednehmen fällt schwer, wie so oft im Leben.
New York
Danach geht es sofort auf Reisen. Ich habe ein Engagement im Waldorf Astoria in New York. Maurice Carrère, der von Anfang an an mich geglaubt hat und mich in seinem Cabaret auf dem rechten Seineufer auftreten ließ, veranstaltet einen Wohltätigkeitsabend im größten Salon des berühmten Hotels: April in Paris .
Maurice ist nicht nur gutherzig und unkompliziert, er ist auch sehr begabt. Er kennt die Pariser Welt des Chansons und der Music Hall in- und auswendig. Er bittet mich, an seiner Show teilzunehmen. Sorgen müsse ich mir keine machen, das verspricht er: »Ich bin da und werde dir zur Seite stehen.«
Von seinem bezaubernden Lächeln lasse ich mich überreden.
Die Veranstaltung ist ausverkauft. Man erwartet mich. Die kleine Muse von Saint-Germain-des-Prés spielt jetzt in einer anderen Liga.
Den steinreichsten Amerikanern bietet man ein Spektakel, das von der Pracht und Herrlichkeit der Stadt Paris erzählt, alle Klischees inklusive. Vom Sonnenkönig bis zum French Cancan, die Geschichte der französischen Hauptstadt zieht in prächtigen Kulissen und fantastischen Kostümen an den Multimillionären vorbei.
Die Comédie-Française stellt ihre Ateliers zur Verfügung. Die großen französischen Couturiers und Juweliere arbeiten für die Gala. Jacques Fath, Jean Dessès, Pierre Balmain, Christian Dior und der junge Hubert de Givenchy reisen eigens nach New York.
Aber bevor die Gala beginnen kann, muss man erst einmal in den USA ankommen. Acht Tage dauert es, den Atlantik zu überqueren, mein Hang zur Seekrankheit erweist sich als größtes Hindernis.
Als ich endlich wieder festen Boden unter den Füßen habe, vertraut mir Maurice Carrère, da ich kaum eigenes Gepäck habe, beim Zoll einen seiner Kostümkoffer an. Der Zöllner mustert mich ob meines seltsamen Aussehens und bittet mich, den Koffer zu öffnen. Ich habe keine Ahnung, was darin ist. Umso verblüffter bin ich, als ich haufenweise Nippelschmuck und Schambedeckungen in dem Koffer entdecke, die mit Strass, Pailletten oder Federn besetzt sind. Meine Wangen laufen rot an.
»Was ist das denn?«, fragt der Zöllner. Er grinst.
»Theaterkostüme!«, sage ich.
Was für eine blöde Antwort.
So schnell wie möglich möchte ich mich aus dieser lächerlichen Situation befreien. Ich erkläre dem Beamten in meinem gebrochenen Englisch, wozu diese wundersamen Utensilien gut sind, und zeige ihm recht flüchtig, an welchen Körperstellen man sie platziert.
Der Zöllner hat seinen Spaß, seine Kollegen ebenfalls. In aller Eile schließe ich besagten Koffer und eile gesenkten Haupts dem Ausgang entgegen. Nur Mut! Dieses Amerikaabenteuer hat gerade erst begonnen!
Ich betrete die große Hotelhalle, und die gleichen Gefühle wie bei meiner ersten Reise auf den amerikanischen Kontinent 1952 überkommen mich.
Dieser Aufenthalt wird sich tief in mein Gedächtnis eingraben, wie alle außergewöhnlichen Momente meiner Karriere. Ich lerne durch Beobachten, im Stillen jubiliere ich über meinen Karriereschritt. Maurice Carrère leitet die Proben gut gelaunt und mit Gespür. Seine Aufgabe ist nicht gerade leicht.
Alle Schauspieler und Sänger aus Paris, die derzeit en vogue sind, machen mit: Jean-Pierre Aumont, Arletty, Tino Rossi oder Les Frères Jacques. In den Kulissen können einem Charles Boyer, Jacques Charon, Mony Dalmès, der wunderbare Rex Harrison oder Laurence Olivier über den Weg laufen.
In meinem schwarzen Bühnenkleid mit langen Ärmeln, das ich als Sonderangebot bei Balmain gekauft habe und das bis heute meine zweite Haut auf der Bühne geblieben ist, wage ich mich in die Arena – mein Lampenfieber
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