So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezaehmbaren
Rencontres von Alexandre Astruc mit. Freundlicherweise gab sie mir ein paar Ratschläge.
Ich mochte mein Gesicht nicht. Im Verlauf unserer Unterhaltungen lenkte ich das Gespräch auf meine Nase, die mein Feind geworden war.
»Wenn dir deine Nase wirklich zu lang ist, dann musst du die Spitze ein kleines bisschen rot anmalen«, riet sie mir.
Das habe ich dann auch getan, allerdings recht ungeschickt und ein bisschen zu viel. Glücklicherweise war es ein Schwarz-Weiß-Film.
Simone und ich haben uns von Zeit zu Zeit wiedergesehen. Ich liebte sie, man musste sie bewundern.
Sie hat mir nie verziehen, dass ich Yves Montand nicht mochte. Den Künstler habe ich respektiert, den Menschen nicht.
Beim Film habe ich als Statistin angefangen, dann bekam ich winzige Rollen, meist recht witzige.
In dem Film Die Brüder Bouquinquant von Louis Daquin durfte ich zwei-, dreimal als Nonne verkleidet vor der Kamera erscheinen. 1949 bot mir Julien Duvivier eine kleine Rolle in seinem Film Eine Heilige unter Sünderinnen an. Ich spiele eine Internatsschülerin in einer Besserungsanstalt.
Allmählich lernte ich die Regeln des Metiers kennen.
Vor allem braucht man eine engelhafte Geduld. Stunden können zwischen dem Drehen zweier Szenen vergehen; da heißt es, sich in Demut zu üben und dem Regisseur, ob genial oder nicht, zu jeder Sekunde zur Verfügung zu stehen, der, außer sich, herumbrüllen wird, weil die Zeit verfliegt und die Millionen sich dabei in Luft auflösen.
1950 lerne ich ein anderes Kino kennen. Während ich im Cabaret La Rose Rouge meine ersten Auftritte habe, adaptiert Jean Cocteau sein Theaterstück Orphée fürs Kino und bietet mir die Rolle der Königin der Bacchantinnen an. Jean Marais – wie schön ist er in dem Film – verkörpert Orpheus; Maria Casarès spielt – sinnlich, aber ebenso eiskalt – den Tod, und der wunderbare François Périer Heurtebise ihren Chauffeur. Cocteau dirigiert uns mit der Anmut und dem Talent, die ihn auszeichnen. Und zudem ist er Maler, Schriftsteller und Poet. Ich empfinde tiefes Glück.
Im selben Jahr spiele ich in Jean-Paul Le Chanois’ Film Ohne Angabe der Adresse eine Sängerin. Michel Piccoli steht auch auf der Besetzungsliste, wir begegnen uns aber nicht.
Im folgenden Jahr verleitet mich Joseph Kosma, der die Musik zu meinen ersten Liedern geschrieben hat, dazu, in dem amerikanischen Film Der eiserne Handschuh mitzuspielen. Obwohl Glenn Ford und Geraldine Brooks die Hauptrollen spielen, wird es nur ein mittelmäßiger Film.
Die Dreharbeiten finden in den Studios de la Victorine in Nizza statt. Kosma möchte, dass ich singe. Die Szene wird zwar herausgeschnitten, aber das Lied »Romance« von Henri Bassis überlebt. Ich gewinne mit ihm sogar den großen Schallplattenpreis. Was wieder mal zeigt, dass ich …
Das Gute am Film ist: Man verdient eine Menge Geld.
Ich bin vierundzwanzig Jahre alt und trage in der Jackentasche die Gage mit mir herum. Ich spaziere durch die Straßen von Nizza und bleibe vor dem Schaufenster eines Juweliergeschäfts stehen. Die Mittagssonne brennt vom Himmel herab; ihre Strahlen lassen ein bizarres Schmuckstück in allen Farben erstrahlen. Ich bin fasziniert, jeder Widerstand ist zwecklos, ich betrete den Laden. Ich habe mich in ein Kristallglas verguckt. Es hat die Form einer Medaille, ist in Gold gefasst und mit zwei kleinen Rubinen besetzt. Ich kaufe es gebraucht, das Stück ist schon oft getragen worden, es wird zum Symbol meiner finanziellen Unabhängigkeit.
Eines Morgens bekomme ich in meiner kleinen Pariser Wohnung Post aus London. Eine amerikanische Produktionsfirma möchte mich sehen. Unterzeichnet ist der Brief mit David O. Selznick. Im Umschlag die Flugtickets und eine Reservierung für das Savoy Hotel. Was braucht es mehr, um meine natürliche Neugierde zu wecken?
Nach meiner Ankunft in London fährt man mich sofort zu den Büros des Produzenten. David O. Selznick ist charmant, hat leicht ergrautes Haar und einen stechenden Blick. Er sitzt hinter seinem Schreibtisch, vor sich einen Berg Papiere. »Wir möchten zahlreiche Filmprojekte mit Ihnen realisieren«, sagt er. »Ich erkläre Ihnen kurz, wie das ablaufen wird. Sie erhalten einen Siebenjahresvertrag, und wir kümmern uns um alles: um ihre Rollen, um die Werbung, um ihre Kleidung, um ihre Frisur. Man sollte Ihnen vielleicht die Haare etwas kürzer schneiden …«
Ich bin fassungslos, stehe auf und unterbreche Selznick schroff in seinem Redeschwall: »Ich danke Ihnen,
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