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So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezaehmbaren

So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezaehmbaren

Titel: So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezaehmbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliette Gréco
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geworden«, sagte ich zu ihnen. »Ah ja? Na und?«, war ihre Antwort. Für eine neue Generation singen zu dürfen, ist ein Geschenk, das unbezahlbar ist.
    Bei meinem Auftritt im Théâtre des Champs-Élysées 2009 kam ich mir vor wie jemand, der eine Examensprüfung ablegen muss. Im Théâtre du Châtelet ging es mir zwei Jahre zuvor genauso.
    2007 bin ich achtzig Jahre alt geworden und trat nach fast einem Jahr Pause wieder auf einer Bühne auf. Eine Krankheit hatte mich zum ersten Mal zu einer so langen Konzertpause gezwungen. Ich kroch aus einem finsteren Tunnel.
    Es war eine Art Wiedergeburt. Mir selbst musste ich beweisen, dass ich der Finsternis entkommen war. So lange nicht zu singen, das war schwer, eigentlich unzumutbar für mich gewesen. Ich wusste sehr wohl, dass die Ärzte meinem Ansinnen skeptisch gegenüberstanden. Ihnen wäre es lieber gewesen, ich hätte dieses Konzert verschoben. Aber ihnen war auch klar, dass ich nicht auf sie hören würde.
    So fanden sie sich als Zuschauer bei mir ein. Einer von ihnen erklärte mich hinterher zu einer Außerirdischen, die man zu den Krebskranken schicken müsse, um ihnen zu zeigen, dass es durchaus möglich ist, im April operiert zu werden, dann eine Chemotherapie über sich ergehen zu lassen, um im folgenden Februar wieder auf der Bühne zu stehen – und das mit achtzig Jahren.
    Mein Körper sollte mir wieder gehorchen. Nichts lag mir mehr am Herzen. Und er tat es. Und so ist es geblieben, bis zum heutigen Tag …

Auf der Bühne

Eine Fährfrau
    Ich wähle die Worte, das, was ich sagen will, selbst aus.
    Die Musik trägt die Worte dann weiter. Die Art, wie sie das macht, entscheide ich. Gibt es etwas Schöneres als Worte, die von der Musik auf die Reise geschickt werden?
    Den Text, den ich singe, respektiere ich wie ein eigenständiges Wesen. Um ihn zu lieben, muss ich ihn verstehen. Ich muss herausfinden, was der Textdichter damit sagen will. Ich muss herausfinden, was er vielleicht hinter jedem Vers, jeder Zeile versteckt hat.
    Wenn ich zum ersten Mal ein Chanson höre, denn stelle ich mir vor, es selbst zu singen, ich spüre dem Sinn jedes einzelnen Wortes nach und entwickle so meine Interpretation. Ich versuche eine »Fährfrau« für Worte zu sein, wie Christophe Miossec es genannt hat.
    Wenn ich merke, dass ich dem Text dienen kann, dann adoptiere ich ihn wie ein Kind. Stellt sich dieses Gefühl nicht sofort ein, dann lasse ich es. Ich will nichts erzwingen. Ich weiß dann: Dieser Text ist offensichtlich nicht für mich geschrieben worden.
    In der Tat ist meine Beziehung zu einem Text, den ich interpretieren will, äußerst seltsam. Um den Intentionen des Textdichters so nah wie möglich zu kommen, mache ich mich über seine Verse her, ich esse und verdaue sie.
    So werden sie meine.
    Dienerin mit Leidenschaft
    Ich hatte Glück. Man schätzt und liebt die Lieder, die ich aussuche, und man schätzt und liebt die Art, wie ich sie interpretiere.
    Mein Publikum ist immer bei mir. Es verändert sich, und ich mich mit ihm. Ich bin stolz auf unsere Beziehung. Ich habe immer nur Texte ausgesucht, von denen ich überzeugt war, dass wir beide sie als schön empfinden.
    Nie habe ich übrigens gedacht, dass mein Metier einfach ist, dass es genügt, von sich selbst zu sprechen. Ich habe nie von mir gesungen. Ich bin nicht dafür da, meine persönliche Geschichte zu erzählen. Meine Aufgabe ist es, Geschichten zu erzählen. Es geht nicht um mich. Es geht einzig um die Arbeit meiner Textdichter und Komponisten. In gewisser Hinsicht bin ich nur eine Dienerin, die versucht, mit Leidenschaft, aber ebenso redlich und kompetent, ihre Arbeit zu tun. Das hält mich am Leben, nährt meine Gedanken und meinen Lebenswillen. Am Anfang steht der Wunsch, wunderbare Dinge mit anderen Menschen zu teilen. Ich kann das Publikum zum Weinen und zum Lachen bringen. Ich leite ganz einfach Emotionen weiter. Es gibt eine gewisse Vertrautheit zwischen uns, aber sie hat ihre Grenze. Denn ich bin schrecklich schamhaft.
    Jemand, der zu meinen Konzerten kommt oder sich Alben von mir anhört, nimmt mich in seine persönliche Welt auf.
    Ich begleite ihn, wenn er traurig ist oder fröhlich, wenn er verliebt ist oder allein. Er legt eine CD auf, und ich bin bei ihm, mit ihm. Diese Vertrautheit lässt ihn fühlen, ich bin ein Teil von ihm. Nie habe ich es nach einem Konzert abgelehnt, das Publikum in meiner Garderobe zu empfangen, mit ihm zu reden oder Autogramme zu geben. Ich durfte dabei in

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