So bitterkalt
getötet.«
»Wer denn?«
Jan hielt den Atem an und vermied es, Rami anzusehen. Es war so schon anstrengend genug zu erzählen, was passiert war, obwohl die Tür geschlossen war und obwohl der Zaun ihn schützte. Er hatte das Gefühl, als würde Torgny Fridman hinter der nächsten Wand stehen und ihn belauschen.
»Eine Gang«, sagte er schlieÃlich. »Ein paar Jungs von meiner Schule. Sie gehen in die Neunte und nennen sich Die Viererbande. Sie sind die Kings in der Schule, zumindest auf den Fluren. Die Lehrer begreifen gar nichts. Die machen auch nichts. Vor Der Viererbande ziehen alle nur den Schwanz ein.«
»Aber du nicht?«
»Ich war dumm, ich habe nicht nachgedacht.« Jan seufzte. »Torgny Fridman hat mal, als ich vor der Aula in einer Schlange stand, zu mir gesagt, ich solle Platz machen. Er wollte, dass ich ihn vorlasse, aber ich habe ihn nicht vorbeigelassen. Ich bin stehen geblieben, und irgendwann kam ein Lehrer und hat ihn aufgefordert, sich nach ganz hinten zu stellen. Das hat er mir nie verziehen.«
Jan seufzte wieder.
»Danach war es der reinste Terror, Krieg zwischen mir und Torgny. Er hat mich jedes Mal fertiggemacht, wenn er mich gesehen hat. Entweder hat er gerufen, was für ein wertloses Stück ScheiÃe ich doch bin, oder er hat mich einfach umgeschubst.«
Jan schwieg.
Nach einer Weile erzählte er weiter: »Also hab ich mich von den vieren ferngehalten. Ich habe die Tage gezählt und gedacht, dass ich es schon schaffen würde.«
Freitagnachmittag, ein eiskalter Tag im März. Die letzte Unterrichtsstunde für Jan war Sport, aber sie ist nun vorbei. Die Schulwoche ist fast zu Ende, und sie war ziemlich ruhig gewesen. Kein Streit.
Er ist der Letzte in der Umkleidekabine. Vielleicht ist er ganz allein im Sportpavillon, der ein paar Hundert Meter von den übrigen Schulgebäuden entfernt liegt. Alle anderen sind schon weg. Alle Jungen aus seiner Klasse haben auf ihre Freunde gewartet, nur auf Jan wartet niemand.
Er packt das, so ist es doch immer.
Er nimmt sein Handtuch, wickelt es sich um den Bauch und geht in den Duschraum, wo das Tropfen der Brausen in den vier kleinen Duschkabinen widerhallt. Er hängt das Handtuch auf und betritt die Dusche, die direkt neben der Holztür der Sauna liegt.
Er dreht den Warmwasserhahn auf, stellt sich darunter und seift sich ein.
»Ich hab da in der Dusche gestanden und war nach dem Sport müde in den Beinen und völlig leer im Kopf«, erzählte Jan weiter. »Ich hab an gar nichts gedacht. Manchmal träumt man doch unter der warmen Dusche so vor sich hin. Vielleicht hab ich ans Wochenende gedacht. Papa und Mama wollten irgendwo hinfahren, und ich durfte allein zu Hause bleiben. Als ich fertig geduscht hatte, hab ich mich umgedreht, um mein Handtuch zu holen, und da hab ich den Zigarettenrauch in der Luft gerochen. Und vor der Dusche stand jemand. Es war Torgny Fridman.«
Torgny ist voll bekleidet, Jeans, Jeansjacke und Stiefel.
Er steht vor der Duschkabine, blockiert den Ausgang und grinst Jan an.
Torgny ist nicht der Chef der Gang, sondern er möchte Peter Malm imponieren. Peter ist der Anführer der Gruppe, und der hat sich noch nie an Jan vergriffen. Aber Torgny ist gefährlich.
Er scheint superglücklich, einen nackten Achtklässler vor sich zu haben.
Jan erwidert seinen Blick. Er tut nichts anderes. Vielleicht könnte er sich an Torgny vorbeidrängen, aber er ist Jan Hauger.
Jan bleibt stehen und fängt an zu lächeln.
In bedrohlichen Situationen lächelt er immer, auch gegen seinen Willen. Je gröÃer seine Angst ist, desto breiter lächelt er.
Auch Torgny lächelt, siegesgewiss. Er grinst ihn an. Dann wendet er den Kopf und ruft jemandem etwas zu. Er grinst und ruft ein paar Namen. Dann ist es ein paar Sekunden lang still.
Da geht die Tür zur Sauna auf, und seine drei Freunde kommen heraus. Die Gruppe, Die Viererbande. In den Händen halten sie glühende Zigaretten.
Kann man sich an ihnen vorbeidrängen in die Freiheit?
Nein, es ist zu spät.
»Wieso saÃen sie denn in der Sauna?«, fragte Rami.
»Um sich vor den Lehrern zu verstecken«, erklärte Jan. »Sie haben heimlich geraucht. Die Sauna war abgeschaltet, also saÃen sie da und rauchten und warteten, dass das Wochenende beginnen würde. Es waren Torgny, Niklas, Christer und ihr Anführer, Peter Malm. Und nun kamen sie alle aus
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