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So bitterkalt

So bitterkalt

Titel: So bitterkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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wartete, aber es kam keine Antwort.
    Jan hätte noch weiterrufen können, doch nach ein paar Sekunden zog er die Tür auf.
    Â»Hallo?«, sagte er wieder.
    Auch diesmal bekam er keine Antwort.
    Jan war noch nicht besorgt, sondern nur nachdenklich. Er beugte sich zum Bunker und streckte den Kopf ins Dunkel.
    Â»Hallo?«
    Dort drinnen herrschte mehr Unordnung als am Morgen. Die Decken lagen auf einem großen Haufen an der Wand, daneben geöffnete Butterbrotpakete, Getränkekartons und Süßigkeitentüten. Der Spielzeugroboter lag auch auf dem Boden, aber er war kaputt. Der Kopf war geborsten, und der rechte Arm fehlte.
    Nur William war nicht zu sehen.
    Jan kroch hinein.
    Â»William?«
    Eigentlich sollte er den Namen natürlich nicht rufen, aber nun machte er sich wirklich Sorgen. Der Junge schien nicht im Bunker zu sein, dabei gab es nichts, wohin er hätte verschwinden können.
    Da fiel sein Blick auf den roten Plastikeimer. Der Pinkel­eimer. Er stand umgedreht ganz hinten an der Betonwand: Warum wohl?
    Jan sah an der Wand hoch. Dort oben war einer der rechteckigen Lüftungsschlitze – doch der war plötzlich größer geworden. Jemand hatte Erde, Äste und altes Laub weggekratzt und es geschafft, die Öffnung sauber zu machen, sodass sie jetzt an die dreißig Zentimeter breit war. Nicht groß genug für einen Erwachsenen, aber für einen Fünfjährigen durchaus.
    William hatte einen Weg aus dem Gefängnis gefunden. Scheinbar hatte er auch versucht, den Plastikroboter mitzunehmen, der war ihm dann aber runtergefallen.
    Jan versuchte, ruhig zu bleiben. Er wusste, was er jetzt zu tun hatte, und fing sofort damit an. Er stapelte die Decken übereinander und sammelte dann alles zusammen, was er selbst in den Bunker gebracht hatte: Essen und Getränke, Spielsachen und den Plastikeimer. Dann band er alles mit den Decken zu einem großen Bündel zusammen und zog es hinter sich her durch die Öffnung. Jetzt war der Bunker von allen Spuren bereinigt, die etwas mit ihm zu tun hatten. Nur die alte Matratze war noch da, aber deren Herkunft konnte keiner nachverfolgen.
    Er brachte das Deckenbündel auf die Ebene, ging genau hundertzwanzig Schritte vom Bunker weg und versteckte alles unter einer dichten Tanne. Später, wenn er William gefunden hätte, würde er die Sachen holen.
    Jan schaute sich um. Es wurde schon langsam dunkel, doch im Wald bewegte sich nichts.
    Wo sollte er suchen?

41
    Am Sonntag geht Jan früher zur Arbeit, um das Krankenhaus zu erreichen, ehe die Sonne untergegangen ist, die an diesem Nachmittag gelb und rund von einem dunkelblauen Himmel scheint. Der Herbst kann manchmal eine so klare und frische Zeit sein.
    Der Sonnenschein ist perfekt, denn nach Ramis Antwort will er die Krankenhausfassade im Tageslicht sehen.
    Mein Nest ist ausgezeichnet, hatte in dem Brief für ihn gestanden. Komm in den Wald und sieh nach.
    Der Wald beginnt an der Rückseite von Sankt Patricia, weshalb Jan einen Umweg nehmen muss. Das ist riskant, er muss sich außerhalb der Reichweite von Kameras und Alarmanlagen halten. Doch die Böschung zum Bach, der an der Einzäunung entlangfließt, ist voller Dornengestrüpp und dichten Bäumen, die ihn verbergen.
    Er bleibt zwischen zwei Bäumen stehen und späht über den Zaun zu den Fensterreihen hinüber. Vom Waldrand aus kann er etwas Neues an der Steinfassade erkennen, da oben flattert irgendetwas im Wind.
    Eine weiße Fahne. Sie hängt von einem der Fenster herunter und sieht aus, als wäre sie aus einem zerrissenen Betttuch oder einem Taschentuch gemacht.
    Jetzt versteht er, was das Eichhörnchen damit meinte, dass sein Nest ausgezeichnet sei.
    Jan zählt und kringelt im Geist das beflaggte Fenster ein, als wäre die Fassade eine Karte: vierte Reihe von unten, siebtes Fenster von rechts. Diese Position muss er sich merken.
    Hinter der Scheibe ist niemand zu sehen, sie ist ganz dunkel, aber jetzt hat Rami ihm gezeigt, wo sie wohnt.
    Nun muss er nur noch dorthin kommen – und der einzige Weg führt durch den Keller.
    Leo und Mira spielen vor dem Abendessen, sie seien Ärzte. Ihre Kuscheltiere sind krank, und sie wollen sie heilen. Jan hilft ihnen, ihre kleinen Betten im Kissenzimmer aufzustellen, dann muss auch er sich hinlegen und Patient sein.
    Nach dem Essen gehen sie noch kurz auf den Hof in die Kälte. Leo und Mira setzen sich jeder auf eine

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