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So bitterkalt

So bitterkalt

Titel: So bitterkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Vielleicht, vielleicht auch nicht. Wenn nicht, dann muss er nur hochfahren, aussteigen und dann sehen, was passiert. Er könnte so tun, als ob er sich verirrt hätte. Oder als ob er ein Patient wäre ...
    Doch Jan macht die Tür nicht auf. Er horcht in den Schutzengel hinein, dreht sogar die Lautstärke noch höher, aber der Apparat rauscht nur leise. Er möchte ein »Hallo?« in den Lautsprecher flüstern.
    Sie hören das Kind , hat der Verkäufer gesagt, aber das Kind kann Sie nicht hören.
    Jan geht an der Fahrstuhltür vorbei und weiter in den Gang hinein, biegt um die Ecke und steht vor der breiteren zweiten Tür, der Stahltür zum Schutzraum.
    Er streckt die Hand aus, dreht den schweren Griff, und der bewegt sich. Er packt ihn mit beiden Händen und dreht erneut, und da klickt etwas. Die schwere Tür ist nicht verschlossen, er kann sie aufziehen.
    Der Schutzraum ist pechschwarz. Vorsichtig streckt Jan einen Arm aus und tastet an der kalten Betonwand entlang. Er macht einen Schritt in den Raum, tastet weiter mit der Hand und findet schließlich den Lichtschalter. Die Leuchtstoffröhre an der Decke springt an. Er steht in einem niedrigen, rechteckigen Raum, der sich wie ein breiter Korridor zwölf oder fünfzehn Meter tief erstreckt. Hier sollen die Patienten also sitzen, wenn der Krieg kommt.
    Jan geht weiter, doch da hallt plötzlich eine Stimme zwischen den Betonwänden wider: »Mamma-a?«
    Jan zuckt zusammen. Der gellende Ruf kommt aus dem Lautsprecher an seinem Gürtel, es klingt wie eine helle Mädchenstimme. Vielleicht Matilda.
    Er hält die Luft an und lauscht. Aber jetzt ist nur noch ein leises, kratzendes Geräusch zu hören, doch wenn die Kinder aufwachen, kann er nicht hier unten bleiben.
    Obwohl seine Nerven eigentlich nicht mehr mitspielen, schaut sich Jan dennoch weiter im Schutzraum um. Auf dem Boden ist blauer Teppich verlegt, und die Wände sind weiß gestrichen, doch abgesehen von einer Matratze mit ein paar Kissen ist der Raum leer.
    Am Ende des Raumes ist allerdings an der linken Seite noch eine breite Stahltür. Ob sie abgeschlossen ist? Und wer wartet dahinter? Alice Rami? Der Mörder Ivan Rössel?
    Â»Mamma-a?«
    Matilda ruft wieder, und Jan macht schnell kehrt.
    Eilig zieht er die Tür zum Schutzraum zu und geht mit raschen Schritten durch den Kellergang zurück. Plötzlich hat er das Gefühl, er hätte nicht hierherkommen sollen.
    Zwei Minuten später schließt er leise die Tür zum Keller von Sankt Patricia zu und geht geradewegs zum Schlafzimmer der Kinder.
    Er öffnet die Tür zum Kissenraum und horcht hinein. Jetzt ist wieder alles still.
    Jan schleicht sich in die Mitte des Zimmers und wartet ein paar Minuten, doch keines der Kinder rührt sich. Sie schlafen tief. Er hört auf ihre Atemzüge und versucht, sich zu beruhigen und ebenso entspannt zu atmen wie sie, doch das fällt ihm schwer.
    Er sollte auch schlafen gehen, damit sein Rhythmus nicht völlig durcheinandergerät. Es ist zehn nach zwölf. Aber eigentlich will er sich nicht hinlegen und schlafen. Er überlegt.
    Es ist nur ein Gedankenspiel, genau wie damals. So hatte es auch mit William angefangen. Jan denkt darüber nach, wie er ungesehen und ohne dass die Kinder Schaden nehmen, in Sankt Psycho hineinkommen kann.

17
    Es ist spät, und die Zeit vergeht zäh wie Honig in Bills Bar, aber der Spätdienst hat Jan zu einer Nachteule gemacht. In dieser Woche hat er an freien Tagen bis zehn Uhr geschla­fen und war bis lange nach Mitternacht aufgeblieben. Das ist ein ganz neues Lebensgefühl für ihn, aber er ist dadurch ständig müde, obwohl er keinen Alkohol trinkt.
    The Bohemos haben eben aufgehört zu spielen, und Jans alkoholfreies Bier ist fast leer. Am Tisch neben ihm sitzen zwei Typen und diskutieren in energischem Ton über Selbstverteidigung.
    Jan mischt sich nicht in das Gespräch ein, sondern trinkt sein Bier aus. Heute Abend hat sich niemand blicken lassen, den er kennt, Lilian nicht und Hanna auch nicht. Er hat keine Freunde und wird nun allein nach Hause gehen. Und allein schlafen.
    Plötzlich fällt ein Schatten über den Tisch.
    Â»Hallo.«
    Jan sieht auf. Da steht ein Mann, ungefähr in seinem Alter, mit schwarzen Augenbrauen und blondem Pferdeschwanz. Er ist ihm völlig fremd.
    Oder doch – Jan erkennt ihn, er ist von den Bohemos. Der Leadsänger. Nur

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