So bitterkalt
geschrieben worden.
In der Unterwelt ist es kühl, aber Jan schwitzt trotzdem.
Er zieht eine zerrissene Plastikplane beiseite und entdeckt einen alten Schreibtisch mit Schubladen. Als er an den Griffen zieht, stellt er fest, dass die Schubladen verschlossen sind.
Er gibt auf und sieht nachdenklich zur Decke.
Ãber ihm ist Rami. Hanna hat gesagt, die Frauen im Krankenhaus hätten zwei eigene Abteilungen. Aber wie soll er dorthin kommen?
Und wo ist Ivan Rössel? Hier in der Dunkelheit ist seine Nähe deutlich zu spüren, Jan muss an sein Lächeln auf dem Computerbildschirm denken. Aber Rössel und die anderen gewalttätigen Patienten sitzen doch wahrscheinlich hinter verschlossenen Türen, oder?
Plötzlich vernimmt Jan ein Geräusch. Es ist ein leises Dröhnen, weit entfernt, dem wie ein Echo ein lang gezogenes Rufen folgt.
Er kann nicht exakt ausmachen, aus welcher Richtung das Geräusch kommt. Vielleicht ist es auch nur Einbildung, doch es lässt ihn wie erstarrt lauschen.
Das Geräusch wiederholt sich nicht, doch er hat genug von der Dunkelheit und der Einsamkeit hier unten und möchte umkehren. Es ist schon spät, und das Licht vom Schutzengel wird immer schwächer.
Jan leuchtet der Reihe nach die schwarzen Ãffnungen im Saal an â doch durch welche der Türen ist er eigentlich hereingekommen? Er kann sich nicht erinnern.
Er geht weiter und wählt eine von ihnen zu seiner Rechten. Dahinter befindet sich ein langer Korridor, und ganz am Ende sieht er Licht. Jan betritt den Gang, läuft ihn Âentlang, biegt um eine Ecke und gelangt in einen gröÃeren Flur mit gedämpfter Nachtbeleuchtung. An seinem Ende ist eine breite Glastür, an der ein grünes Schild mit der Aufschrift AUSGANG hängt, und hinter der Tür beginnt eine helle Steintreppe, die nach oben entschwindet.
Jan begreift, dass er die Treppe gefunden hat, die in die Krankenhausabteilungen hinaufführt, und will gerade weitergehen, als er abrupt stehen bleibt.
Ãber der Glastür sitzt eine Metallkiste mit einer starrenden schwarzen Linse.
Eine Kamera.
Wenn er zur Glastür geht, dann wird die Kamera ihn erfassen. Also macht er kehrt, geht zurück in den Krankensaal und wählt die Tür zur Linken.
Dieser Gang ist nur drei Meter lang und endet an einer verschlossenen Stahltür.
Jan hat sich verlaufen.
Jetzt ergreift ihn die Panik, doch er bezwingt sie, dreht um und geht langsam zurück. Ist doch kein Problem, er wird den richtigen Weg schon finden, indem er einfach alle Türen ausprobiert. Mit dem ersterbenden Lichtschein des Schutzengels fährt er über die Wand und wählt ganz willkürlich eine Türöffnung aus. Dahinter liegt ein langer Korridor, der ihm gleichzeitig vertraut und fremd vorkommt, doch er betritt ihn, geht an zwei verschlossenen Türen vorbei, bis der Korridor an einer dritten, ganz gewöhnlichen Holztür endet.
Jan lässt den Schutzengel sinken, macht die Tür auf und wird urplötzlich von grellem Licht geblendet. An der Decke hängen Neonröhren, warme Luft, vermischt mit Chlorgeruch, strömt ihm entgegen, und er sieht hohe weiÃe Metallkästen mit Reglern und blinkenden Lampen. Es rauscht und dröhnt von groÃen Ventilatoren und ElekÂtromotoren, und etwas weiter hinten verlaufen Schienen unter der Decke, und Körbe voller Bettlaken und Kleider stehen herum.
Eine Wäscherei â Sankt Patricias Klinikwäscherei.
Aber Jan ist nicht allein hier. Nur fünf oder sechs Meter entfernt steht ein langer, magerer Mann in einem grauen Overall mit gebeugtem Rücken und faltet Laken zusammen. Der Mann trägt am Gürtel einen MP3-Player, die Kopfhörer hat er in den Ohren, und er hat Jan noch nicht entdeckt. Doch wenn er sich umdrehen sollte ...
Darauf wartet Jan lieber nicht, schnell und leise macht er die Tür zur Wäscherei wieder zu. Dann geht er durch den Korridor zurück und in den Krankensaal zu den anderen Türöffnungen. Obwohl er eben fast entdeckt worden wäre, ist er jetzt ruhiger. Es gibt hier im Keller tatsächlich Menschen, ganz gewöhnliche Menschen mit einer Arbeit.
In diesem Moment hört er in der Nähe erneut Geräusche. Aus einer der Türöffnungen erklingt Gesang, leise und getragen.
Mehrere Stimmen im Chor. Es erinnert an eine alte Psalmmelodie, doch zwischen den gekachelten Wänden hallt es zu sehr, als dass Jan einzelne Worte
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