So coache ich
Einen Schulabschluss nachholen – Einen vollgefüllten Keller aufräumen – Jugendträume verwirklichen – Eine Firma aufbauen – Eine alte Schuld abbauen – Die Beziehung zu einem Menschen verbessern – Eine Lebenswende vollziehen – Der Beschluss, nur noch ehrlich zu sein – Eine Fernbeziehung führen ...
Manchmal erscheint ein Ziel viel zu weit weg, wie ein viel zu hoher Gipfel, den wir niemals erreichen können. Mit der Kamelpfad-Strategie lässt sich ein großes Ziel in viele Einzelschritte zerlegen. Dies hat den großen Vorteil, dass die einzelnen Schritte kleiner und gut erreichbar erscheinen. Und sie sind auch leichter zu erreichen, sprich, es stellen sich sehr schnell Erfolgserlebnisse ein.
Warum Kamelpfad? Stellen Sie sich vor, Sie gehörten zu einem Beduinenstamm in der Sahara und Sie planten eine Wüstendurchquerung. Das Ziel stünde fest, es wäre ziemlich weit weg. Zeitweise erschiene Ihnen Ihr Plan undurchführbar. Viel zu weit, viel zu schwer. Wie sollen Sie das schaffen? Ohne gute Vorbereitung muss es schiefgehen: Wenn Sie einfach vom Ausgangspunkt (A) quer durch die Wüste zum Ziel (Z) laufen, fallen erst Sie entkräftet um und irgendwann auch Ihre Kamele.
Was Sie als Beduine bräuchten, ist klar: Kenntnisse über den Weg, starke Kamele, guten Proviant, ausreichend Wasser, gute Reisepartner – und vor allem die Kenntnisse über Oasen, die an Ihrem Weg liegen! Oasen,
an denen Sie Rast machen können, wo Sie im Schatten der Palmen ausruhen, auch mal einen Sandsturm überstehen;
an denen Sie Feuerstellen finden, an denen Sie sich etwas kochen können und wo Sie Wasser für Ihre Kamele bekommen;
an denen Sie andere Menschen treffen, die ebenfalls unterwegs sind und die Sie vor Unbilden auf Ihrer Route warnen können, vor Räubern etwa, vor wilden Tieren oder vor Treibsand;
an denen Sie Ihr erfolgreiches Fortkommen genießen und feiern können.
Ein wunderbarer Effekt dieser Oasen-Idee: Sie bringt Struktur in Ihren Weg. Haben Sie eine Oase sicher erreicht, können Sie diese Zwischenetappe als gelungen abhaken. Und es stärkt Ihr Gefühl: Jawohl, ich kann es schaffen, ich komme meinem Ziel immer näher.
Im Coaching oder Selbstcoaching können Sie dieses Bild nutzen, um für sich oder jemand anderen ein weit entferntes Ziel erreichbarer zu machen. Übersetzen Sie einfach das
Vorhaben, das angestrebt wird, in eine Tour durch die Wüste. Das heißt: Definieren Sie als Erstes Ausgangspunkt und Ziel – in welcher Situation geht es los, wo soll der erfolgreiche Abschluss liegen. Und fügen Sie dann so viele »Oasen«, sprich Zwischenziele ein, wie Sie nur können.
Sie brauchen dafür ein Blatt Papier und einen Stift. Tragen Sie links oben auf dem Blatt Ihre Ausgangslage ein (A) und rechts unten das Ziel (Z). Und fügen Sie dann die einzelnen »Oasen« ein.
Ein Beispiel: Steffi W. ist mit Ende 20 schon sehr erfolgreich im Beruf. Aber der Druck ist extrem hoch, sie arbeitet sehr viel, muss geschäftlich viel verreisen. Sie hat keine Zeit mehr für Freunde oder Hobbys. Es geht ihr körperlich schlecht, sie hat massive Hautprobleme und sie kann nicht mehr schlafen. Steffi zweifelt am Sinn ihrer Arbeit. Sie kommt ins Coaching, weil sie eine Lösung aus dem Dilemma sucht.
Wir definieren als Erstes Ausgangspunkt und Ziel: Steffi fühlt sich überfordert, deshalb schreiben wir unter A: »Überforderung«. Dann erzählt Steffi, was sie sich als Lösung vorstellt: Da sie nur mittlere Reife hat, würde sie gern noch das Abitur nachmachen und dann BWL studieren. Während sie spricht, klingt sie sehr klar und zielgerichtet. Doch plötzlich übermannen sie wieder die Selbstzweifel: »Das schaffe ich doch nie, wie soll denn das gehen?«
Ich schreibe unter Z erst einmal das Wort »Studium«. Und dann bitte ich sie, mit mir zusammen Zwischenschritte zu überlegen: Was müsste sie denn tun, damit es »geht«, dass sie dieses hohe Ziel erreicht? Ich male vorsorglich fünf Oasen aufs Papier, wir können jederzeit zusätzliche einfügen. Wir beginnen zu überlegen, welche Zwischenetappen Steffi zu ihrem Ziel führen können. An die erste Oase schreibe ich auf ihr Geheiß »Abitur nachmachen«. Sie schnauft tief durch und sieht nicht sehr zuversichtlich aus.
Ich weise sie darauf hin, dass es hilfreich sein könnte, davor noch ein, zwei andere Oasen einzufügen. Die allererste ist vom Ausgangspunkt gar nicht weit entfernt und heißt: »Erkundigen, wie ich das Abitur nachmachen könnte«. Steffi nickt.
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