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So fern wie ein Traum

So fern wie ein Traum

Titel: So fern wie ein Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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dachte schon, er hätte eine Bank ausgeraubt oder jemanden umgebracht. Auch wenn ich so etwas sicher nicht billige, kann ich einen Mann ja wohl kaum dafür verurteilen, dass er einmal wegen einer Kneipenschlägerei eine Nacht in einer Zelle verbracht hat. Wir wissen doch noch nicht einmal, wer angefangen hat, oder warum, oder…«
    »Wie können Sie ein solches Treiben auch noch entschuldigen?« Erbost sprang Annie auf. »Wie können Sie das tun? Der Mann bringt beinahe jede Nacht mit Ihrer Tochter zu. Und eines Tages erhebt er seine Fäuste sicher gegen sie. Sie wird irgendetwas sagen oder tun, was ihm nicht passt, und dann wird er sie schlagen, wie er seine eigene Mutter geschlagen hat.«
    »Was sagen Sie da?« Plötzlich empfand Susan eine leise Furcht.
    »Ein Mann, der seiner eigenen Mutter das Auge blau und die Lippe blutig schlägt, würde sicher nicht lange zögern, mit einer anderen Frau das Gleiche zu tun. Sie ist so klein und zart, Mrs. T. Ich ertrage den Gedanken an das, was er ihr antun könnte, einfach nicht.«
    »Sie glauben, dass Michael Fury seine eigene Mutter geschlagen hat?«, fragte Susan sie langsam.
    »Sie hat es mir selbst erzählt. Hat ihn hier gesucht, und ihr armes Gesicht war grün und blau. Ich habe sie mit auf mein Zimmer genommen und sie notdürftig versorgt, und dann hat sie mir erzählt, Michael sei in der Nacht betrunken heimgekommen, hätte sie verprügelt, ihren Mann verjagt und sich dann aus dem Staub gemacht. Ich wollte sofort zur Polizei gehen, aber das ließ sie nicht zu.«
    Annie wirbelte herum, denn ihre Gefühle übermannten sie. »Ah, er hätte in eine Zelle gehört. Er hätte in einen Käfig gehört. Hätten Sie doch nur ihr Gesicht gesehen. Falls dieser Kerl je auch nur einen Finger gegen Miss Laura erhebt, werde ich…«
    »Annie, Michaels Mutter war damals auch bei mir.« Susan erhob sich ebenfalls von ihrem Platz. »Ich habe mit ihr gesprochen.«
    »Dann wissen Sie also Bescheid. Und unmittelbar danach ist er zur Marine durchgebrannt, statt sich den Folgen dessen zu stellen, was er verbrochen hat. Mrs. T., wir müssen dafür sorgen, dass er geht. Wir können nicht zulassen, dass ein Mann, der zu so was in der Lage ist, auch nur einen Tag länger in der Nähe von Miss Laura und ihren beiden Babys bleibt.«
    »Ich werde Ihnen sagen, was sie mir erzählt hat, Annie, nachdem sie mich erst dafür angeschrien hat, weil ich Michael nach den Vorfällen in jener Nacht hier bei uns beherbergt habe.«
    »Hier?« Ann presste eine Hand an ihre Brust. »Der Kerl war hier? Sie haben ihn hier in diesem Haus beherbergt, nachdem er…«
    »Er hat im Stall geschlafen, bis sein Schiff auslief. Er hat seiner Mutter nie auch nur ein Haar gekrümmt.«
    »Sie haben sie gesehen. Sie hat mir erzählt. . .«
    »Sie hat ihm die Schuld in die Schuhe geschoben, weil sie es damals noch nicht über sich brachte zu sehen, dass sie allein die Schuld an allem trug. Aber ich habe sie dazu gebracht, zu sagen, wie es wirklich war. Es war ihr Mann, der sie geschlagen hatte, wie bereits so oft zuvor. Sie war schon vorher öfter mal mit einem blauen Auge bei der Arbeit erschienen, und Michael hatte nie etwas damit zu tun gehabt.«
    »Aber sie hat gesagt. . .«
    »Es ist mir egal, was sie gesagt hat!«, schrie Susan Annie an. Die Erinnerung an die damaligen Geschehnisse weckten auch heute noch ihren glühend heißen Zorn. Eine Mutter, die ihrem Kind die Schuld an ihrem eigenen Versagen gab. »Der Junge kam nach Hause und sah, wie sein Stiefvater seine Mutter verprügelte. Er hat sie nur beschützt. Und als Dank dafür, dass er dieser Bestie gab, was sie verdient hatte, setzte ihn seine eigene Mutter vor die Tür und erklärte ihm, er hätte nicht das Recht, sich in ihre Ehe einzumischen, und falls ihr Mann sie nun verließe, trüge er die Schuld daran.«
    Sie hielt einen Augenblick inne, damit sie nicht vollends die Fassung verlor. »Und als Michael verschwunden war, als sie wusste, dass sie ihn verloren hatte, saß sie hier in diesem Raum, brach zusammen und erzählte mir, wie es wirklich gewesen war.«
    »Aber mir hat sie erzählt… ich habe geglaubt. . .« Ann sank zurück auf ihren Stuhl. »Oh, großer Gott.«
    »Sie hat mich angefleht, ihr zu helfen, ihn zu finden und dazu zu überreden, wieder nach Hause zu kommen. Sie war allein, verstehen Sie, und Michaels Mutter war eine Frau, die das Alleinsein nicht ertrug. Ich möchte gerne glauben, dass sie irgendwo tief in ihrem Inneren bedauert hat, was sie

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