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So fern wie ein Traum

So fern wie ein Traum

Titel: So fern wie ein Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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sich nicht von den Klippen gestürzt, sie hatte ihr Leben nicht weggeworfen. Das Schicksal hatte ihr einen herben Schlag versetzt, aber auch das würde sie überleben, dachte sie. Und würde weitermachen wie zuvor.
    Arme Seraphina. Ein wenig schwindlig drehte Laura den Kopf. Sie hatte nicht gekämpft, hatte ihr Leben und all ihre Träume aufgegeben.
    Eine Träne des Mitleids rann ihr über das Gesicht und als sie den Kopf drehte, um sie fortzuwischen, entdeckte sie in der Felswand neben sich ein kleines, dunkles Loch.
    Eine Höhle? dachte sie verwirrt. Es gab keine Höhle über diesem Felsvorsprung. Die Felsen hatten sich bewegt, erinnerte sie sich und stieß einen leisen Seufzer aus. Alles hatte sich bewegt. Vorsichtig schob sie sich näher an das Loch heran. Ein geheimer Ort, stellte sie fest. Ein Versteck. Ein Ort für Liebende. Lächelnd stützte sie sich auf den Armen ab, richtete sich auf und schnupperte – sie war sich sicher, dass ihr der schwache Duft eines Jungmädchen-Parfüms in die Nase stieg.
    »Seraphina«, murmelte sie, schob ihre Hand in die Öffnung und legte sie auf eine glatt polierte kleine Holztruhe. »Ich habe dich gefunden. Arme Seraphina, so lange verloren…«
    Sie sprach immer weiter, und falls ihre Worte zusammenhanglos waren, niemand hörte sie. Sie schob sich auf die Knie, wartete, bis der Schwindel abebbte, und versuchte, die Kiste ins Sonnenlicht zu ziehen.
    »Laura, verdammt.«
    Sanft lächelnd, mit verträumtem Blick, hob sie den Kopf und sah ihn am Rand der Klippen stehen. »Seraphina. Wir haben sie gefunden. Michael, komm und sieh es dir an.«
    »Bleib, wo du bist! Rühr dich nicht von der Stelle!«, brüllte er sie an.
    Offenbar hatte sie den Schlag auf ihren Kopf doch nicht so problemlos weggesteckt. Eilig band er das Seil am Knauf von Max' Sattel fest. Sie war desorientiert, verwirrt. Die Vorstellung, dass sie versuchen könnte aufzustehen, schnürte ihm die Kehle zu. Sie könnte stürzen, ehe er wieder bei ihr war.
    »Halt still«, befahl er Max und ließ vorsichtig das Seil in Richtung Felsvorsprung herab. Mit größerer Eile als Vorsicht schwang er sich dann selbst über den Rand, wobei das Seil ihm schmerzhaft in die wunden Hände schnitt und er sich ebenso unsanft die Knie an den harten Felsen schlug.
    Durch seine Knöchel zuckte brennender Schmerz, als er neben ihr landete, aber er hatte sie wieder und wusste sie in Sicherheit.
    »Du hast mir versprochen, dich nicht zu bewegen«, schalt er sie.
    »Seraphina. In der Höhle. Ich kriege das Ding einfach nicht alleine heraus. Es ist zu schwer. Ich brauche Margo und Kate.«
    »In einer Minute. Lass uns erst das Ding um deine Hüfte legen.« Rasch sicherte er sie mit dem Seil. »Du brauchst nichts zu tun außer dich an mir festzuhalten. Max und ich werden dich hochholen.«
    »Also gut.« Sie stellte keine Fragen. Plötzlich war alles überraschend einfach, dachte sie. »Könntest du die Kiste für mich hervorholen? Nur hierher ins Licht. Sie war so lange im Dunkeln verborgen.«
    »Sicher. Aber erst bringe ich dich wieder rauf. Guck mich an, guck mir ins Gesicht.«
    »Das werde ich machen – aber die Truhe«, widersprach sie ihm.
    »Was für eine Truhe?«
    »In der Höhle.«
    »Mach dir darüber keine Gedanken. Ich werde…« Trotzdem sah er in die Richtung, die sie wies und nahm – »Himmel!«, das dumpfe Schimmern von Messing, den Umriss einer Kiste wahr.
    »Seraphinas Mitgift. Würdest du sie bitte für mich ins Licht ziehen?«
    Die Kiste war klein, nicht länger als sechzig Zentimeter, ein mit Messingscharnieren versehenes Zedernholzkästchen. Und nicht schwerer als höchstens zehn Kilo, dachte er, als er sie hervorzerrte. Eine einfache Kiste ohne jedes Schnitzwerk, und trotzdem hätte er schwören können, dass er etwas spürte, als er sie in den Händen hielt. Hitze, wo keine hätte sein sollen, ein schwaches Vibrieren, das seine Fingerspitzen prickeln ließ. Es dauerte nur einen Augenblick, höchstens zwei Herzschläge, und dann war es wieder nichts anderes als eine kleine Truhe aus Messing und glatt poliertem Holz.
    »All ihre Träume«, sagte Laura sanft. »Sie hatte all ihre Träume hier versteckt, weil ihr größter Traum nicht in Erfüllung ging.«
    »Der Fels ist durch das Beben verschoben worden.« Stirnrunzelnd blickte Michael in die kleine Höhle, die plötzlich offen vor ihm lag. »Ich würde sagen, dass die Höhle irgendwann durch ein anderes Beben verschüttet worden ist.«
    »Sie wollte, dass wir die

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