Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So fern wie ein Traum

So fern wie ein Traum

Titel: So fern wie ein Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
paar Nummern zu groß. Er war zu gefährlich und zu unberechenbar für eine Frau mit Verantwortung. Sie ging durch die Glyzinenlaube und blickte hinüber zu den dunklen, in sanften Nebel eingehüllten Stallungen.
    Und obgleich er seit Jahren mit Josh befreundet war, kannte sie ihn nicht. Verstand ihn nicht. Konnte unmöglich das Risiko eingehen, das mit ihm verbunden war.
    Sie würde das sein, wozu sie erzogen worden war: eine starke, pflichtbewusste Frau. Und sie würde ihr Leben anfüllen mit dem, was ihr gegeben worden war: ihren Kindern, ihrem Heim, ihrer Familie, ihren Freunden, ihrer Arbeit.
    Etwas anderes brauchte sie nicht. Noch nicht einmal in ihren Träumen, dachte sie.
    Sie sah, wie in der Wohnung über dem Stall plötzlich ein Licht anging. Einer Voyeurin gleich, zog sie sich tiefer in die Dunkelheit zurück. Träumte er vielleicht auch? Träumte er vielleicht von ihr? Riefen seine Träume vielleicht ebenfalls Rastlosigkeit, Verlangen und Verwirrung in ihm wach?
    Noch während sie dies überlegte, sah sie, wie er mit fliegenden Haaren die Treppe heruntergeschossen kam und mit hallenden Schritten in den Stall rannte.
    Unsicher sah sie ihm hinterher. Irgendetwas stimmte nicht. Ein Mann wie Michael Fury rannte nicht einfach grundlos panisch in der Gegend herum. Er war ein Mieter von Templeton House. Und sie war eine Templeton.
    Das Pflichtbewusstsein siegte über ihren Selbsterhaltungstrieb, und sie begann schnell über den mondbeschienenen Rasen zu rennen.
    Im Stall brannte inzwischen Licht. Laura schirmte ihre Augen gegen die plötzliche Helligkeit ab, blickte sich um, und sah ihn nicht. Wieder zögerte sie und überlegte, ob sie vielleicht besser wieder ging. Dann jedoch drang seine besorgte Stimme an ihr Ohr, die für sie unverständliche, beruhigende Worte flüsterte. Also ging sie den breiten Gang hinab, bis sie ihn schließlich in der offenen Box der fohlenden Stute sah.
    Er kniete neben dem Pferd und sein Haar fiel ihm wie ein schwarzer Vorhang ins Gesicht. Sein dunkles T-Shirt war zerknittert und betonte die harten, muskulösen Arme und eine schmale, weiß schimmernde Narbe über seinem linken Ellbogen. Sie sah, dass seine breiten, sonnengebräunten Hände sanft über die sich hebenden und senkenden Flanken der Stute strichen.
    Der Gedanke, dass keine Frau kurz vor der Geburt ihres Kindes sich liebevolleren Beistand wünschen konnte, schoss ihr durch den Kopf, als sie sich neben ihn hockte.
    »Sie wird fohlen. So, meine Süße.« Instinktiv nahm sie den Kopf des Tieres in ihre Hände. »Es wird alles gut.«
    »Immer mitten in der Nacht.« Michael blies sich die Haare aus den Augen. »Ich habe sie oben gehört. Schätze, ich habe regelrecht darauf gelauscht.«
    »Hast du schon mit dem Tierarzt telefoniert?«
    »Ich glaube nicht, dass wir ihn brauchen werden. Als er das letzte Mal nach ihr gesehen hat, meinte er, es müsste alles problemlos gehen.« Mit einer ungeduldigen Bewegung zerrte er ein Halstuch aus seiner Hosentasche. »Was machst du überhaupt um diese Zeit noch hier?«
    »Ich war im Garten. Schon gut, Baby«, murmelte sie und zog den Kopf der Stute in ihren Schoß. »Ich habe gesehen, wie bei dir das Licht anging und wie du die Treppe heruntergelaufen kamst. Ich hatte Angst, es wäre was passiert.«
    »Sie wird es schon schaffen«, sagte er. Aber dies war Darlings erste Geburt, und er war so nervös wie ein werdender Vater, der vor der Tür des Kreißsaals auf und ab stapft. »Geh ruhig ins Bett. Diese Dinge sind für gewöhnlich nicht weiter kompliziert, aber eine ziemliche Sauerei.«
    Sie zog beide Brauen hoch und ihre Augen blitzten ihn belustigt an. »Ach, tatsächlich?«, fragte sie gespielt erstaunt. »Das hätte ich nicht gedacht. Schließlich habe ich selbst bisher erst zwei Geburten hinter mich gebracht, und der Storch war sehr höflich und hat die beiden Kinder sauber und adrett gewickelt zu mir ins Haus gebracht.«
    Als eine neue Wehe einsetzte, wandte sie sich wieder der Stute zu. »Schon gut, schon gut. Er hat einfach keine Ahnung, stimmt's?«, murmelte sie, als das Tier vor Schmerzen mit den Augen zu rollen begann. »Er ist eben ein Mann. Soll er es doch mal selbst ausprobieren, nur ein einziges Mal, und dann sehen wir, was er anschließend dazu sagt.«
    »Zumindest hat man mir bereits davon erzählt.« Hin und her gerissen zwischen Sorge und Belustigung, rieb sich Michael das unrasierte Kinn. »Sollte ich vielleicht lieber rausgehen und auf und ab laufen? Wasser heiß machen,

Weitere Kostenlose Bücher