So fern wie ein Traum
Zigarren kaufen?«
»Du könntest uns einen Kaffee kochen. Könnte sein, dass sich das Ganze noch ein wenig in die Länge zieht.«
»Ich komme schon damit zurecht, Laura. Ich habe so etwas schon mal gemacht. Du brauchst nicht zu bleiben.«
»Ich bleibe«, kam ihre entschiedene Erwiderung. »Und ich hätte wirklich gerne einen Kaffee.«
»Okay.«
Als er sich erhob, bemerkte sie, dass er sich zwar die Zeit genommen hatte, den Reißverschluss seiner Jeans nach oben zu ziehen, dass er sie jedoch nicht zugeknöpft hatte. Mit einem fünfhundert Kilo schweren fohlenden Pferd zwischen ihnen beiden blieb freilich keine Zeit für erotische Träumereien, und so wandte sie sich, wenn auch ein wenig geblendet, wieder der Stute zu.
»Ich hätte meinen gerne schwarz.«
»Ich bin so schnell wie möglich wieder da.« In der Stalltür drehte er sich noch einmal um. »Danke. Ich kann die Hilfe und die Gesellschaft wirklich brauchen. Sie ist etwas… Besonderes.«
»Ich weiß.« Lächelnd hob sie den Kopf. »Das sehe ich. Keine Sorge, Papa, spätestens morgen früh kannst du die Zigarren verteilen. Oh, Michael, wie heißt sie überhaupt?«
»Darling.« Verlegenheit war ein Gefühl, das ihm zuwider war, aber er zuckte achtlos mit den Schultern, ehe er den Stall verließ. »Weil sie ein echtes Schätzchen ist.«
»Das ist sie allerdings.« Laura lächelte immer noch, als sie das Klappern seiner Stiefelabsätze auf den Steinen vernahm. »Seltsamerweise«, murmelte sie, »genau wie du.«
So hatte er sich die erste gemeinsame Nacht mit ihr wahrlich nicht vorgestellt. Wenn er, was nicht gerade selten vorkam, daran gedacht hatte, hatte er sich die äußeren Umstände ihres Zusammenseins stets ganz anders ausgemalt. Doch nun saßen sie hier verschwitzt, erschöpft, in ihrer Sorge um das Tier vereint.
Sie hatte mehr Mumm als er gedacht hatte. Seit beinahe vier Stunden hockten sie neben dem schwitzenden Pferd, bei dem die Wehen langsam aber sicher stärker wurden.
Laura hatte nicht schlapp gemacht. Michael spürte wie die Geburt – und die Wirkung des Koffeins – an seinen Nerven zerrte. Laura hingegen verströmte vollkommene Ruhe und Gelassenheit.
»Warum machst du nicht einen kurzen Spaziergang?«, schlug sie vor. Sie saß bequem auf einem Heuballen, hatte die Arme um die Knie gelegt und blickte die Stute an.
»Nicht nötig.« Er runzelte die Stirn, als er der Stute den Schweiß von den Flanken rieb. Da er seine Haare zurückgebunden hatte, konnte Laura seine Augen sehen.
»Du bist ein Wrack, Fury.«
Okay, okay, er wusste es. Aber er legte keinen Wert darauf, von jemand anderem auch noch den Spiegel vorgehalten zu bekommen. Sein Blick verdüsterte sich, als er sich zu Laura umdrehte. »Ich habe so etwas schon ein Dutzend Male hinter mich gebracht.«
»Aber nicht mit ihr. Sie hält sich besser als du.«
Verdammt. Er streckte sich. »Ich werde nie verstehen, warum etwas so Elementares so lange dauern muss. Wie hält man so etwas nur aus?«
»In dieser Situation haben Frauen keine große Wahl«, kam Lauras trockene Antwort. »Du konzentrierst dich einzig auf das, was in deinem Körper geschieht. In dir drinnen. Alles andere, Kriege, Hungersnöte, Erdbeben, gibt es für dich einfach nicht mehr. Himmel, im Vergleich zu dem, was du erlebst, erscheinen sie vollkommen bedeutungslos.«
»Das kann ich mir vorstellen.« Er versuchte, sich zu entspannen, sich zu sagen, dass die Natur im Allgemeinen wusste, was sie tat. »Als ich das erste Mal einer Stute beim Fohlen geholfen habe, habe ich an meine Mutter gedacht. Ich dachte, ich hätte vielleicht öfter mal nett zu ihr sein sollen. Ich persönlich würde mir lieber die Zunge herausreißen lassen als so etwas durchzustehen.«
»Eigentlich ist es eher so, als würde man dir die Unterlippe über den Kopf ziehen, bis sie deinen Nacken bedeckt.« Als er erbleichte, lachte sie.
»Danke für die bildliche Darstellung.«
Reden täte ihm sicher gut. Und bis die Fruchtblase der Stute platzen würde, hätten sie noch jede Menge Zeit. »Deine Mutter ist nach Florida gezogen, nicht wahr?«
»Ja, zusammen mit Frank. Das ist der Typ, den sie vor ungefähr zehn Jahren geheiratet hat.«
»Magst du ihn?«
»Es ist schwer, ihn nicht zu mögen. Er passt sich an alles und jeden an und schafft es, die Strömung in eine Richtung zu lenken, ohne dass er dabei auch nur die kleinsten Wellen macht. Die beiden tun einander gut. Bevor sie ihm begegnet ist, hatte sie in Bezug auf Kerle einen furchtbaren
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