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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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durchschnitten. Der äußere Ski schlug gegen einen orangen Markierungsstab am Straßenrand. Oskar wackelte, gewann das Gleichgewicht zurück.
    Die Straße Richtung Lågarö und zur Sommerhaussiedlung war nicht geräumt worden. Das Moped hinterließ drei tiefe Spuren in der unberührten Schneedecke, und fünf Meter dahinter kam Oskar auf den Skiern und hinterließ zwei weitere Spuren. Er fuhr im Zickzack über die Radspuren des Mopeds, er fuhr auf einem Ski wie ein Akrobat, er kauerte sich zu einem kleinen Ball aus Geschwindigkeit zusammen.
    Ja, als Papa auf dem langen Hang, der zum alten Dampfschiffanleger hinabführte, langsamer fuhr, war Oskar sogar schneller als das Moped und musste vorsichtig bremsen, damit die Schnur nicht zu schlaff wurde, was sonst zu einem Ruck führen würde, wenn der Hang nicht mehr so steil war und das Moped wieder schneller wurde.
    Das Moped erreichte den Anleger, und Papa schaltete in den Leerlauf, stieg auf die Bremse. Oskar war noch immer ziemlich schnell und dachte für einen Moment lass den Stab los und fahr einfach weiter … über den Rand des Stegs hinaus, in das schwarze Wasser hinab. Aber er winkelte die Miniski nach außen, bremste ein paar Meter von der Kante entfernt.
    Er stand da und atmete eine Weile, blickte auf das Wasser hinaus. Dünne Eisschollen hatten sich angesammelt, schaukelten auf den kleinen Wellen am Ufersaum. Vielleicht gab es dieses Jahr eine Chance auf richtiges Eis. Dann konnte man nach Vätö auf der anderen Seite des Sunds hinüberspazieren. Oder hielten sie hier eine Fahrrinne nach Norrtälje offen? Oskar erinnerte sich nicht mehr, es war schon Jahre her, dass es so viel Eis gegeben hatte.
    Wenn Oskar im Sommer hier draußen war, angelte er von diesem Steg aus immer Heringe. Einzelne Haken an der Spinnangelleine, ganz vorne ein Pilk. Stieß er auf einen richtigen Schwarm, konnten zwei, drei Kilo zusammenkommen, wenn er die nötige Geduld aufbrachte, aber meistens fing er nicht mehr als zehn, fünfzehn Stück. Das reichte für ein Abendessen für ihn und Papa, und die Fische, die zum Braten zu klein waren, bekam die Katze.
    Papa stellte sich neben ihn.
    »Das hat doch prima geklappt.«
    »Mmm. Aber manchmal bricht man durch.«
    »Ja, der Schnee ist ein bisschen lose. Man müsste ihn irgendwie zusammenpressen. Man könnte ja … also wenn man eine Sperrholzplatte nehmen, anhängen und mit einem Gewicht beschweren würde. Ja, wenn du auf der Platte sitzen und sie beschweren würdest, dann …«
    »Sollen wir das machen?«
    »Nee, wenn überhaupt, dann erst morgen. Es wird langsam dunkel. Wir sollten sehen, dass wir nach Haus kommen und uns um den Vogel kümmern, wenn wir etwas zu essen haben wollen.«
    »Okay.«
    Papa schaute auf das Wasser hinaus, schwieg einen Moment.
    »Du, ich hab da über etwas nachgedacht.«
    »Ja?«
    Jetzt kam es. Mama hatte Oskar gesagte, sie habe Papa ausdrücklich gebeten, mit ihm über die Sache mit Jonny zu sprechen. Im Grunde wollte Oskar sogar darüber sprechen. Papa war irgendwie beruhigend weit weg von dem Ganzen, würde nicht eingreifen. Papa räusperte sich, nahm Anlauf. Atmete aus. Schaute aufs Wasser hinaus. Dann sagte er.: »Ja also, ich habe mir überlegt … hast du eigentlich Schlittschuhe?«
    »Nein. Jedenfalls keine, die passen.«
    »Nicht, so so. Ich dachte nur, wenn es diesen Winter richtig friert, und danach sieht es ja aus … könnte es schön sein, welche zu haben. Ich habe welche.«
    »Die passen mir wohl eher nicht.«
    Papa schnaubte, eine Art Lachen.
    »Nein, aber … Ostens Junge hat anscheinend welche, aus denen er herausgewachsen ist. Größe 39. Welche Schuhgröße hast du?«
    »38.«
    »Ja, aber mit dicken Wollsocken, da … Weißt du was, ich werde ihn bitten, sie übernehmen zu können.«
    »Super.«
    »Tja, naja. Sollen wir uns auf den Heimweg machen?«
    Oskar nickte. Vielleicht später. Und das mit den Schlittschuhen war ja auch toll. Falls sie die Schuhe schon morgen bekommen konnten, würde er sie mit in die Stadt nehmen.
    Er stapfte auf seinen Miniskiern zu dem Holzstock, ging rückwärts, bis die Leine gespannt war, zeigte Papa an, dass er bereit war, woraufhin dieser das Moped startete. Den Hang hinauf mussten sie im ersten Gang fahren. Das Moped kreischte derart, dass aus einem Kiefernwipfel erschrocken Krähen aufflogen.
    Oskar glitt langsam aufwärts, wie in einem Skilift, stand aufrecht mit zusammengepressten Beinen. Er war ganz darauf konzentriert, die Skier in den alten Spuren zu

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