So finster die Nacht
Holzstock von der Brust, lauschte. Langsame, tastende Schritte im Gang, wie von einem Kind, das erst vor kurzem gelernt hat zu gehen. Ein sehr großes Kind, das erst vor kurzem gelernt hat zu gehen.
Tommy hörte die Schritte und dachte: Wer?
Nicht Staffan, nicht Lasse, nicht Robban. Jemand, der irgendwie krank war, jemand, der etwas sehr Schweres trug … Der Weihnachtsmann! Seine Hand schoss zum Mund, um ein Kichern zu unterdrücken, als er den Weihnachtsmann in der Disneyversion vor sich sah –
Hohoho! Say »Mama«!
– der mit seinem riesigen Sack auf dem Rücken durch den Kellergang herangestolpert kam.
Die Lippen zitterten unter seinem Handteller, und er biss die Zähne zusammen, damit sie nicht klapperten. In der Hocke bleibend schlich er jeweils um eine Fußlänge von der Tür fort. Er spürte den Winkel der Ecke in seinem Rücken, während sich gleichzeitig der Speer aus Licht, der durch den Türspalt hereinfiel, verdunkelte.
Der Weihnachtsmann stand zwischen Lampe und Schutzraum. Tommy presste seine zweite Hand auf die erste, um nicht zu schreien, und wartete darauf, dass sich die Tür öffnete.
Kein Fluchtweg.
Durch die Ritzen in der Tür zeichnete sich in durchbrochenen Linien Håkans Körper ab. Eli streckte den Stock so weit aus, wie es ging, und stieß die Tür an. Sie schwang etwa zehn Zentimeter auf, dann war ihr der Körper davor im Weg.
Eine Hand packte den Türrand und warf sie mit solcher Wucht auf, dass sie gegen die Wand knallte, ein Scharnier abriss. Die Tür kippte, schwang am verbliebenen Scharnier zurück, schlug gegen die Schulter des Körpers, der nun in der Türöffnung stand.
Was willst du von mir?
Auf dem Hemd, das den Körper bis zu den Knien bedeckte, war an einigen Stellen noch die blaue Farbe zu erkennen. Der Rest war eine schmutzige Fläche aus Erde, Lehm, Flecken von etwas, das Elis Nase als Tierblut und Menschenblut identifizierte. Das Hemd war an manchen Stellen zerrissen; durch die Löcher sah man weiße Haut, in die Striemen geätzt waren, die nie mehr heilen würden.
Das Gesicht hatte sich nicht verändert. Eine unbeholfen geknetete Masse aus nacktem Fleisch mit einem einzigen geröteten Auge, dorthin geworfen wie zum Spaß, eine reife Kirsche, um einen vergammelten Keks zu krönen. Aber der Mund stand jetzt offen.
Ein schwarzes Loch in der unteren Gesichtshälfte. Die Zahnreihen wurden von keinen Lippen verdeckt und lagen deshalb bloß; ein unregelmäßiger weißer Kranz, der die Dunkelheit in der Mundhöhle noch dunkler erscheinen ließ. Das Loch wurde in einer kauenden Bewegung geweitet, verkleinert und heraus kam:
»Eeeiiiij.«
Es war nicht auszumachen, ob der Laut »hi« oder »Eli« bedeuten sollte, weil er ohne Hilfe von Lippen oder Zunge geformt wurde. Eli richtete den Stock auf Håkans Herz, sagte: »Hi.«
Was willst du?
Der Untod. Eli wusste nichts darüber, wusste nicht, ob das Wesen, das vor ihm stand, den gleichen Beschränkungen unterlag wie er selbst. Ob es überhaupt etwas nutzen würde, sein Herz zu zerstören. Dass Håkan regungslos im Türrahmen verharrte, deutete allerdings trotz allem eines an: Er benötigte eine Einladung.
Håkans Pupille ruckte auf und ab über Elis Körper, der Eli in dem dünnen gelben Kleid schutzlos vorkam. Er hätte sich mehr Stoff gewünscht, mehr Hindernisse zwischen seinem eigenen Körper und Håkans. Vorsichtig näherte Eli die Stockspitze Håkans Brust.
Kann er etwas fühlen? Kann er sich jetzt überhaupt … fürchten?
Eli selbst empfand ein fast vergessenes Gefühl: die Angst vor Schmerz. Es heilte ja alles, aber von Håkan ging eine Bedrohung von solcher Macht aus, dass …
»Was willst du?«
Ein hohler, krächzender Laut, als das Wesen Luft herauspresste und ein Tropfen einer gelblich zähen Flüssigkeit aus dem doppelten Loch rann, das einmal die Nase gewesen war. Ein Stöhnen? Dann ein gebrochen geflüstertes »Aäääjjj …«, und ein Arm ruckte schnell, krampfhaft, Babybewegungen griff linkisch am Saum nach dem Kittel, zog ihn hoch.
Håkans Penis stand schräg vom Körper ab, pochte auf Aufmerksamkeit, und Eli betrachtete seine steife Schwellung, durchzogen von einem Netz aus Adern und – Wie kann er … er muss ihn die ganze Zeit schon gehabt haben.
»Ääääjjlll …«
Aggressive Zuckungen in Håkans Hand, als er seine Vorhaut vor- und zurückzog, vor und zurück, und die Eichel auftauchte und wieder verschwand, auftauchte und wieder verschwand wie ein Stehaufmännchen, während
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